Welche Voraussetzungen hat eine mittelbare verdeckte Gewinnausschüttung (vGA)? Nach dem BFH kann eine vGA auch ohne Zufluss beim Gesellschafter vorliegen, wenn die Kapitalgesellschaft den Vorteil mittelbar zuwendet, so dass eine dem Gesellschafter nahestehende Person den Nutzen zieht. Daran fehlt es, wenn die Kapitalgesellschaft für den Vermögensvorteil eine angemessene Gegenleistung erhält.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit der Entscheidung vom 05.09.2023 (VIII R 2/20) seine Grundsätze zur mittelbar verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) weiter konkretisiert.
Sachverhalt im Besprechungsfall
K gründete zusammen mit weiteren Gesellschaftern die E-GmbH (E). Er schloss mit der E einen Nutzungsvertrag, in dem er der E die Errichtung und den Betrieb von vier Windkraftanlagen auf seinen Grundstücksflächen gestattete.
Später schlossen die S-AG und die E einen Einspeisevertrag. Einige Jahre später wurde die M-KG gegründet, an der K als Kommanditist beteiligt war.
K bot der M-KG an, den mit der E geschlossenen Nutzungsvertrag vorzeitig aufzuheben und auf eine Übertragung der Rechte aus der Vereinbarung zwischen der E und der S-AG, darunter auch die Einspeiserechte, gegen Entschädigungszahlung zu verzichten.
Die N-KG (an der K ebenfalls als Kommanditist beteiligt war) nahm mit Zustimmung der M-KG das Angebot an und zahlte an den K eine Entschädigung für dessen Verzicht auf die Übernahme der Einspeiserechte sowie einen Betrag für die Aufhebung des Nutzungsvertrags mit der E.
Mit dem Finanzamt entstand Streit darüber, ob die Entschädigungszahlung der N-KG an K für den Übergang der Einspeiserechte eine vGA der E an den K darstellt.
Das Finanzgericht (FG) verneinte im Folgenden zwar eine vGA, beurteilte die Entschädigung aber als sonstige Einkünfte und wies die Klage daher zurück. Auch der BFH folgte dem Urteil des FG.
Grundsätze und die Entscheidung im Besprechungsfall
Der BFH lehnt eine unmittelbare vGA der E an K ab, weil die Zahlung des Entschädigungsbetrags nicht von der E, sondern vielmehr von der N-KG an den K geleistet wurde.
Eine vGA kann allerdings auch ohne tatsächlichen Zufluss beim Gesellschafter verwirklicht werden, wenn ein durch das Gesellschaftsrechtsverhältnis veranlasster Vorteil dem Gesellschafter mittelbar in der Weise zugewendet wird, dass eine ihm nahestehende Person aus der Vermögensverlagerung Nutzen zieht.
Das „Nahestehen“ in diesem Sinne kann familienrechtlicher, gesellschaftsrechtlicher, schuldrechtlicher oder auch rein tatsächlicher Art sein.
Eine Zuwendung an eine nahestehende Person ist unabhängig davon als vGA zu beurteilen, ob der Gesellschafter selbst ein vermögenswertes Interesse an dieser Zuwendung hat.
Hinsichtlich des Übergangs der Einspeiserechte fehlt es jedoch an der für die Annahme einer vGA erforderlichen Vermögensverlagerung zwischen der E einerseits und der N-KG als dem K nahestehende Person andererseits.
Der Übergang der Einspeiserechte war zwar eine unmittelbare Folge der Veräußerung der Windkraftanlagen durch die E an die N-KG, allerdings konnte das Einspeiserecht nicht selbst Gegenstand des zwischen der E und der N-KG vereinbarten Veräußerungsgeschäfts sein, da es an die Person des Anlagenbetreibers geknüpft ist.
Mit dem Übergang der Windkraftanlagen wurde die N-KG also kraft Gesetzes Inhaberin des Einspeiserechts, im Gegenzug verlor die E das Einspeiserecht kraft Gesetzes.
Wegen fehlender Anhaltspunkte für die Leistung eines nicht marktüblichen Entgelts an die E kann auch keine vGA nach der Geschäftschancenlehre angenommen werden. Mangels vGA und da die Entschädigung für den Verzicht auf die Ausübung eines Rechts und damit entgeltlich erfolgte, stellt die Entschädigungszahlung sonstige Einkünfte i.S.d. § 22 Abs. 1 Nr. 3 EStG dar.
Praxishinweis: Der BFH hat seine Grundsätze für eine mittelbare vGA wie folgt konkretisiert: Eine vGA kann auch ohne Zufluss beim Gesellschafter anzunehmen sein, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter den Vorteil mittelbar in der Weise zuwendet, dass eine dem Gesellschafter nahestehende Person aus der Vermögensverlagerung Nutzen zieht.
Daran fehlt es, wenn die Kapitalgesellschaft für den der nahestehenden Person gewährten Vermögensvorteil eine angemessene Gegenleistung erhält.
BFH, Beschl. v. 05.09.2023 - VIII R 2/20
Axel Scholz, RA und StB, FA für Steuerrecht