Aufhebung der Grunderwerbsteuer bei verspäteter Anzeige

Wann kann die Grunderwerbsteuer bei rückgängig gemachten Immobilienerwerben vermieden oder aufgehoben werden? Der BFH hat entschieden, dass eine Steueraufhebung auch dann möglich ist, wenn die Anzeige des Notars zwar nach der für den Notar geltenden Frist nach § 18 GrEStG verspätet ist, die Anzeige aber beim Finanzamt innerhalb der für den Steuerschuldner geltenden Frist nach § 19 GrEStG eingeht.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit seiner Entscheidung vom 21.06.2023 (II R 2/21) seine Grundsätze zur Aufhebung der Grunderwerbsteuer weiter konkretisiert, wenn der Notar die ihm auferlegte Anzeige verspätet macht.

Sachverhalt im Besprechungsfall

Die Klägerin A erwarb zunächst Geschäftsanteile an einer grundstückshaltenden GmbH, so dass A alleinige Gesellschafterin war. Die Abtretung zeigte der beurkundende Notar allerdings nicht innerhalb der hierfür vorgeschriebenen Frist, jedoch innerhalb der für A gegenüber dem Finanzamt (FA) geltenden Frist an. 

Das FA erließ daraufhin einen Grunderwerbsteuerbescheid. Später wurden die abgetretenen Geschäftsanteile wieder auf den vorherigen Gesellschafter zurückübertragen, woraufhin das FA erneut Grunderwerbsteuer festsetzte. 

Daraufhin entstand Streit darüber, ob die Grunderwerbsteuerbescheide aufzuheben sind. Das Finanzgericht lehnte dies ab, der BFH sah dies anders.

Entscheidung im Besprechungsfall

Unstreitig lösen beide Abtretungen der Gesellschaftsanteile Grunderwerbsteuer aus. Allerdings wird für den Fall, dass der Veräußerer das Eigentum an dem veräußerten Grundstück zurückerwirbt, auf Antrag sowohl für den Rückerwerb als auch für den vorausgegangenen Erwerbsvorgang die Steuer nicht festgesetzt, oder es wird eine bereits erfolgte Steuerfestsetzung aufgehoben, wenn der Rückerwerb innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuer für den vorausgegangenen Erwerbsvorgang stattfindet. 

Der Anspruch auf Aufhebung der Steuerfestsetzung ist ausgeschlossen, wenn ein Erwerbsvorgang nicht fristgerecht und in allen Teilen vollständig angezeigt wurde. 

Die Anzeigepflichten für den Notar und für den Steuerschuldner bestehen grundsätzlich selbständig nebeneinander. Die Wirkungen der Anzeigen können nach Ansicht des BFH jedoch unter bestimmten Voraussetzungen dem anderen Anzeigepflichtigen zugerechnet werden.

Die Anzeigepflichten für den Notar und den Steuerpflichtigen sind innerhalb von zwei Wochen zu erfüllen, knüpfen jedoch für die verschiedenen Anzeigepflichtigen an verschiedene Ereignisse an und können deshalb zu unterschiedlichen Zeitpunkten beginnen. 

Ein Notar hat über einen von ihm beurkundeten Rechtsvorgang innerhalb von zwei Wochen nach der Beurkundung Anzeige zu erstatten, auch wenn die Wirksamkeit des Rechtsvorgangs von einer Genehmigung abhängig ist. 

Ein Gesellschafter hat ein anzeigepflichtiges Rechtsgeschäft innerhalb von zwei Wochen, nachdem er von dem anzeigepflichtigen Vorgang Kenntnis erhalten hat, anzuzeigen. Voraussetzung dafür ist, dass das Rechtsgeschäft wirksam ist. Anderenfalls ist der Erwerbsvorgang noch nicht verwirklicht.

Hängt die Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts von einer Genehmigung ab, so ist der Erwerbsvorgang erst im Zeitpunkt des Eintritts der Genehmigung erfüllt. In diesem Fall beginnt die Frist für die Anzeige erst mit Kenntnis über das Vorliegen der Genehmigung. 

Für die Aufhebung nach § 16 Abs. 5 GrEStG reicht es aus, wenn einer von mehreren Anzeigeverpflichteten seiner Anzeigepflicht ordnungsgemäß und fristgerecht nachkommt. Danach wirkt die Anzeige des Notars für Zwecke des § 16 Abs. 5 GrEStG auch für den Steuerschuldner. 

Folglich reicht es aus, wenn, wie im Besprechungsfall erfolgt, der Notar eine Anzeige erstattet, die zwar nach der für den Notar laufenden Frist verspätet ist, sie dem zuständigen FA aber innerhalb der nach § 19 Abs. 3 GrEStG für den Steuerschuldner geltenden Frist zugeht. Daher gab der BFH der Klage der A statt.

Praxishinweis: Der BFH hat mit dieser Entscheidung seine bisherigen Grundsätze bestätigt. § 16 Abs. 5 GrEStG steht einer Aufhebung der Grunderwerbsteuer nach § 16 Abs. 2 GrEStG nicht entgegen, wenn der Notar den Erwerbsvorgang zwar nicht innerhalb der für ihn geltenden Frist des § 18 GrEStG anzeigt, seine Anzeige bei dem zuständigen FA aber noch innerhalb der für den Steuerschuldner geltenden Frist des § 19 GrEStG eingeht.

 

BFH, Urt. v. 21.06.2023 - II R 2/21

Axel Scholz, RA und StB, FA für Steuerrecht

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