Verbilligte Vermietung: Folgen für die Grunderwerbsteuer

Welche Folgen hat die Übernahme einer Verpflichtung, Wohnräume verbilligt zu überlassen, für die Grunderwerbsteuer? Wann liegt eine Gegenleistung nach § 9 GrEStG vor? Das FG München hat es in einem Urteil abgelehnt, eine derartige übernommene Verpflichtung als „sonstige Leistung“ einzustufen. Im Streitfall war der Erwerberin ein allgemeiner Zuschuss und ein günstiges Baudarlehen bewilligt worden.

Das Finanzgericht München (FG) hat mit Urteil vom 23.06.2021 (4 K 2843/18) entschieden, dass von dem Käufer im Rahmen des Grundstückserwerbs übernommene Verpflichtungen, z.B. für die verbilligte Überlassung von Wohnraum an einen bestimmten Personenkreis, keinen Bestandteil der Gegenleistung für das Grundstück darstellen. Gegen das Urteil des FG ist die Revision zum Bundesfinanzhof (BFH) anhängig.

Sachlage im Streitfall

Die Klägerin hatte von der Grundstücksverkäuferin im Rahmen des Grundstückserwerbs auch die aus einem städtebaulichen Vertrag herrührende Verpflichtung übernommen, den neugeschaffenen Wohnraum an von der Stadt benannte Mieter verbilligt zu überlassen.

Zuvor hatte die Verkäuferin mit der Stadt einen städtebaulichen Vertrag für ein gewisses Areal abgeschlossen, in dem sie sich verpflichtete, einen Teil des neu geschaffenen Wohnraums an bestimmte Mieter zur Verfügung zu stellen. Diese Verpflichtung übernahm die Klägerin im Rahmen des Kaufvertrags von der Verkäuferin.

Das Finanzamt (FA) setzte zunächst auf den Grundstückskaufpreis die entsprechende Grunderwerbsteuer fest. Der Bescheid erging zunächst unter dem Vorbehalt der Nachprüfung i.S.d. § 164 AO.

Nach einer Rückfrage des FA zu der Bemessungsgrundlage des Kaufpreises und den zusätzlich übernommenen Verpflichtungen änderte das FA jedoch den Bescheid und setzte die übernommene Verpflichtung kapitalisiert als sonstige Gegenleistung an.

In dem Einspruchsverfahren wandte sich die Klägerin gegen den Ansatz der Kaufverpflichtung als sonstige Gegenleistung. Das FA lehnte den Einspruch ab.

In der gegen die Ablehnung eingelegten Klage führt die Klägerin an, dass die Übernahme keine sonstige Gegenleistung i.S.d. § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG darstelle, da die Klägerin für die Verpflichtung, die Wohnräume verbilligt zu überlassen, einen Zuschuss sowie ein günstiges Baudarlehen erhalten habe. Das FG sah die Klage als zulässig und begründet an.

Gegenleistung i.S.d. Grunderwerbsteuer

Bei einem nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG grunderwerbsteuerbaren Grundstückskaufvertrag bemisst sich die Grunderwerbsteuer gemäß § 8 Abs. 1 GrEStG regelmäßig nach dem Wert der Gegenleistung. Diese umfasst grundsätzlich den im Kaufvertrag angesetzten Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Gegenleistungen.

Dazu gehören alle Leistungen des Grundstückserwerbers, die er im Zusammenhang mit dem Erwerb direkt oder indirekt an den Verkäufer erbringt. Dazu gehört nach der Rechtsprechung des BFH beispielsweise auch die Übernahme von niedrig verzinsten Darlehen von dem Grundstückskäufer für die Übernahme einer Auflage gegenüber der Stadt o.Ä.

Die übernommene Verpflichtung, die Wohnungen für einen gewissen Zeitraum verbilligt an bestimmte Mieter zu erlassen, stellt im Streitfall jedoch keine sonstige Leistung i.S.d. § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG dar.

Die Klägerin hat zwar die Kaufverpflichtung des Erwerbers übernommen, allerdings erhielt sie die vergünstigten Darlehen nicht direkt von dem Grundstücksveräußerer, sondern von staatlicher Seite.

Zudem standen sich im Streitfall bei einer direkten Übernahme der Verpflichtung der zinsvergünstigten Darlehen die Vor- und Nachteile ausgleichend gegenüber, weshalb insoweit ebenfalls keine sonstige Gegenleistung anzunehmen ist.

Praxishinweis: In ähnlich gelagerten Fällen sollten Betroffene die Verfahren offenhalten, da das FG die Revision zum BFH zugelassen hat. Als grunderwerbsteuerliche Gegenleistung i.S.d. § 9 GrEStG sind sämtliche Leistungen des Käufers anzusetzen, die kausal im Zusammenhang stehen.

Der Verkäufer muss dazu nicht zwangsläufig auch der Empfänger der zusätzlichen Gegenleistung sein. Die Übernahme etwa einer Hypothek ohne die persönliche Schuld stellt grundsätzlich keine Gegenleistung dar. Dagegen ist die Übernahme einer Grundschuld als sonstige Gegenleistung zu bewerten, da in diesem Fall eine Schuld direkt vom Verkäufer übernommen wird.

FG München, Urt. v. 23.06.2021 - 4 K 2843/18, Revision zugelassen

Quelle: Christian Kappelmann, StB, M.A., Dipl.-Finw. (FH)

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