Nach §§ 63, 64 Abs. 1 InsO ist der Vergütungsfestsetzungsbeschluss öffentlich bekanntzumachen und dem Verwalter, dem Schuldner und, wenn ein Gläubigerausschuss bestellt ist, den Mitgliedern des Ausschusses besonders zuzustellen (§ 64 Abs. 2 InsO).
Bisweilen wurde kritisiert, dass Gerichte einer Pflicht zu einer „ordnungsgemäßen“ Veröffentlichung nicht nachkommen würden (Haarmeyer, ZinsO 2019, 1869; InsbürO 2019, 400; 2019, 441; 2019, 482; 2020, 19).
Obgleich es hierfür wohl keine repräsentative empirisch belegbare Erhebung geben wird, hat es eine Initiative zur Verbesserung dieser Strukturen noch in der alten Legislaturperiode zu einem Gesetzesentwurf geschafft. In der neuen Bundesregierung bahnt sich nun ein Restart an, so dass es in der nächsten Zeit tatsächlich zu einer Reform des § 64 InsO kommen könnte.
Zur Vorgeschichte der Reform: § 64 InsO wirklich ein Streitthema?
Gegen den Vergütungsfestsetzungsbeschluss steht dem Verwalter, dem Schuldner und jedem Insolvenzgläubiger die sofortige Beschwerde zu (§ 64 Abs. 3 Satz 1 InsO).
Die Beschwerdefrist beträgt gem. §§ 6 Abs. 2, 4 InsO i.V.m. § 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO zwei Wochen und beginnt gem. § 6 Abs. 2 zweite Alternative InsO mit der Zustellung des Beschlusses.
Neben der Einzelzustellung sieht das Gesetz die öffentliche Bekanntmachung vor (vgl. § 9 Abs. 3 InsO). Für ein Rechtsmittel ist die früher erfolgte Zustellung beider maßgeblich. Allerdings setzt nur eine wirksame öffentliche Bekanntmachung die Rechtsmittelfrist in Gang.
Die Veröffentlichung erfolgt über die Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger gem. § 9 Abs. 1 Satz 1 InsO auf der Internetseite www.insolvenzbekanntmachungen.de.
Nach § 64 Abs. 2 Satz 2 erster Halbsatz InsO sind die festgesetzten Beträge nicht zu veröffentlichen. Hintergrund für die Bekanntmachung ist, dass nach § 64 Abs. 3 InsO u.a. den Insolvenzgläubigern die sofortige Beschwerde zusteht.
Bei einer wirksamen Bekanntmachung beträgt die Beschwerdefrist sodann zwei Wochen. Im Falle einer nicht ausreichenden Bekanntmachung ist der Beschluss grundsätzlich zeitlich unbegrenzt mit Rechtsmitteln angreifbar.
Die rechtswirksame Veröffentlichung setzt folglich erst ein zulässiges Rechtsmittel in Gang, so dass auf die Richtigkeit dieser Veröffentlichung mit Argusaugen abzustellen ist.
Wie eingangs bereits erwähnt gab es in der Vergangenkeit Kritik aus der Literatur, die Gerichte würden der Pflicht zur Veröffentlichung nicht ordnungsgemäß nachkommen. Eine Initiative führte schließlich zu einem ersten Gesetzesentwurf, der diesen vermeintlichen Mißstand beheben sollte.
Auf Kritik an Gerichte folgte Gesetzesantrag der Länder
Auf einen Gesetzesantrag der Länder Hamburg und Thüringen vom 05.02.2020 hat der Bundesrat am 22.04.2020 dem Bundestag den am 13.03.2020 beschlossenen Entwurf eines InsOÄndG vorgelegt.
Danach sollte § 64 Abs. 2 InsO klarstellend dahingehend geändert werden, dass der Festsetzungsbeschluss neben der auch weiterhin notwendigen Einzelzustellung grds. vollständig öffentlich bekanntzumachen sein soll (§ 64 Abs. 2 Satz 1 InsO-E). Nur die festgesetzten Beträge sollten weiterhin nicht zu veröffentlichen sein (§ 64 Abs. 2 Satz 2 InsO-E).
Nur wenn ausnahmsweise schützenswerte Interessen Beteiligter einer vollständigen Veröffentlichung der Beschlussgründe entgegengestanden hätten, sollten die entsprechenden Teile der Beschlussgründe von der Veröffentlichung auszunehmen sein und dies kenntlich gemacht werden (§ 64 Abs. 2 Satz 3 InsO-E).
Erneuter Antrag des Bundesrats im März 2022
In der 1017. Sitzung des Bundesrates vom 11.03.2022 wurde zur BR-Drucks. 70/22 auf Antrag der Länder Hamburg und Thüringen der Beschluss gefasst, den Gesetzesvorschlag vom 05.02.2020 (BR-Drucks. 67/20) gem. Art. 76 Abs. 1 GG erneut beim Deutschen Bundestag einzubringen.
Zwischenzeitlich liegt der Gesetzesentwurf des Bundesrates unter BR-Drucks. 20/1415 vom 13.04.2022 vor. Der ursprüngliche Gesetzesvorschlag war nach Ablauf der Legislaturperiode der Diskontinuität unterfallen.
Der Vorschlag ist dem Deutschen Bundestag zugeleitet, jedoch noch nicht beraten. Auch mit der aktuellen „Wiedergeburt“ soll eine Neufassung des § 64 InsO erreicht werden, nach der die vollständige Veröffentlichung des Beschlusses über die Festsetzung der Vergütung der InsolvenzverwalterInnen zu erfolgen habe, die insbesondere den Beschlusstenor (mit Ausnahme des festgesetzten Betrags) sowie die Beschlussgründe umfassen müsse.
Ausnahmen soll es – wie ursprünglich bereits vorgesehen – nur noch bei schützenswerten Interessen bestimmter Beteiligter geben, bei denen ausnahmsweise eine nur auszugsweise Veröffentlichung der Beschlussgründe geboten erscheine.
Kommt nun die Reform des § 64 InsO?
Ob das Gesetzesvorhaben „erfolgreich“ sein wird, bleibt abzuwarten. Liest man die Begründung, so soll Anlass insbesondere eine „Nichtumsetzung“ der BGH-Entscheidung vom 14.12.2017 (ZInsO 2018, 135) sein.
Auffallend ist jedoch, dass nach wie vor dem Gesetzesvorhaben keine empirische Untersuchung zugrunde zu liegen scheint, das Vorhaben sich vielmehr auf Einzelmeinungen stützt. Pauschale Annahmen und in § 64 InsO nicht hinterlegte Tatbestandsmerkmale können eine Begründung für eine Gesetzesänderung nicht liefern.
Die in der Gesetzesbegründung unterstellte pauschale angebliche „Weigerung“ der Gerichte erscheint „mutig“, ist sie doch weder belegt noch anzunehmen. Ausgewogen erscheint das Vorhaben bereits deshalb nicht, da – je nach Konstellation – nicht nur der Rechtspfleger für eine Veröffentlichung zuständig ist, sondern vielmehr auch der Richter – beispielsweise im Insolvenzplanverfahren.
Vergütungen von vorläufigen InsolvenzverwalterInnen im Falle der Abweisung mangels Masse, in Verfahren mit Evokation und in Insolvenzplanverfahren werden in der gerichtlichen Praxis durch RichterInnen festgesetzt.
Expertenmeinung: Darum ist eine Reform nicht nötig
Die Kritik „insoweit“ hält sich in der Literatur und auch in der Gesetzesbegründung in Grenzen bzw. taucht gar nicht auf. Folglich erscheint das gesamte Verfahren auf Reform tendenziell eher geprägt von einer Fehlleitung, einem Aktivwerden auf heißer Nadel gestrickt, als dass es sich um ein sorgsam empirisch entworfenes Gesetzesvorhaben handelt.
Was daraus werden wird, bleibt abzuwarten. Notwendig erscheint ein solches Vorgehen jedenfalls nicht.
Bereits nach aktueller Gesetzeslage haben interessierte Beteiligte ein Akteneinsichtsrecht im Insolvenzverfahren und können folglich nicht nur den Vergütungsbeschluss selbst, sondern auch die Vita seines Zustandekommens betrachten.
Die Praxis zeigt es: Das Interesse liegt bei „null“. Warum dann eine intensivere Veröffentlichungspraxis einführen? Letztlich blickt nur die „Konkurrenz“ im Verwaltergeschäft hierauf. Das Gesetzesvorhaben wird folglich kaum etwas nützen, aber in einem letzten Schritt für böses Blut sorgen.
Dipl.-Rechtspfleger (FH) Stefan Lissner