Mit dem Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen (StaRUG) werden die Vorgaben der Richtlinie zum präventiven Restrukturierungsrahmen (Artikel 4 bis 19 der Richtlinie) umgesetzt.
Die Richtlinie erfordert die Einführung von verfahrensrechtlichen Hilfsangeboten für sanierungswillige Unternehmensträger, die ein von der Mehrheit der Gläubiger unterstütztes Sanierungskonzept gegen den Widerstand von opponierenden Gläubigern um- und durchsetzen wollen: Ein von den Gläubigern mehrheitlich angenommener Restrukturierungsplan muss gerichtlich bestätigt werden können und mit seiner gerichtlichen Bestätigung Wirkungen auch gegenüber den Gläubigern entfalten, die dem Plan nicht zugestimmt haben (Artikel 8 ff. der Richtlinie).
Daneben muss der Schuldner gerichtliche Anordnungen zur Unterbindung von Vollstreckungsmaßnahmen erwirken können, welche die Verhandlungen über den Plan gefährden können (Artikel 6 f. der Richtlinie). In bestimmten Fällen ist vom Gericht ein Restrukturierungsbeauftragter zu bestellen, welcher die Parteien bei der Aushandlung des Plans unterstützt (Artikel 5 Absatz 3 der Richtlinie).
Der nationale Umsetzungsgesetzgeber kann vorsehen, dass ein Beauftragter auch zur Überwachung der Geschäftsführung des Schuldners oder gar zur teilweisen Übernahme der Kontrolle über den täglichen Betrieb bestellt wird; eine voraussetzungslose, automatische Bestellung darf indessen nicht vorgesehen werden (Artikel 5 Absatz 1 der Richtlinie).
Schließlich muss sichergestellt werden, dass der Vollzug bestätigter Restrukturierungspläne und die in solchen Plänen vorgesehenen Finanzierungen von Haftungs- und Anfechtungsrisiken abgeschirmt werden (Artikel 17 Absatz 1 und 3, 18 Absatz 2 der Richtlinie). Auch Zwischenfinanzierungen und Transaktionen, die für die Verhandlungen über den Plan notwendig sind, müssen von solchen Risiken abgeschirmt werden (Artikel 17 Absatz 2, 18 Absatz 1 der Richtlinie).
Die mit dem präventiven Restrukturierungsrahmen einzuführenden Instrumentarien eröffnen einem sanierungswilligen Unternehmen Möglichkeiten, die denen eines eigenverwaltungsbasierten Insolvenzplanverfahrens teilweise entsprechen. Allerdings sind sie außerhalb des Insolvenzverfahrens und damit vor der Einleitung eines solchen verfügbar zu machen.
Jedenfalls müssen die im präventiven Rahmen nach Artikel 6 f. der Richtlinie erwirkbaren Anordnungen zur Sperre von Maßnahmen der individuellen Rechtsdurchsetzung eine Sperre für Insolvenzverfahren nach sich ziehen, welche in eine Liquidation des schuldnerischen Unternehmens münden können (Artikel 7 Absatz 1 und 2 der Richtlinie). Da die Liquidation in keiner Verfahrensvariante des geltenden Insolvenzrechts als Verfahrensziel ausgeschlossen wird, käme eine Verortung des Rahmens in einem Insolvenzverfahren nur dann in Betracht, wenn das bestehende Insolvenzverfahren um eine ausschließlich auf die Sanierung ausgerichtete Verfahrensvariante ergänzt würde.
Eine solche Ergänzung schlösse es allerdings aus, dass das Insolvenzverfahren weiterhin als Entdeckungsverfahren zur Identifizierung der besten Verwertungsalternative dienen und damit Gewähr für marktkonforme Ergebnisse bieten kann (vgl. BT-Drucksache 12/2443, S.79, 82 f., 92). Gegen eine Umsetzung des präventiven Rahmens im Insolvenzverfahrensrecht spricht zudem, dass es sich beim präventiven Rahmen – anders als beim Insolvenzverfahren – nicht um ein Gesamtverfahren handelt, in das sämtliche Gläubiger einzubeziehen sind. Stets sind Ansprüche aus Pensionszusagen von den Folgen des präventiven Rahmens abzuschirmen (Artikel 1 Absatz 6).
Nach Wahl des nationalen Umsetzungsgesetzgebers können weitere Forderungsarten ausgenommen werden (Artikel 1 Absatz 5 der Richtlinie). Der sich damit empfehlenden vorinsolvenzlichen Verortung des zu schaffenden Rahmens entspricht die gebotene vorinsolvenzliche Anknüpfung an eine lediglich wahrscheinliche Insolvenz, die der nationale Umsetzungsgesetzgeber von der eingetretenen Insolvenz abzugrenzen hat (Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie).
Der Entwurf entnimmt der Richtlinie den Auftrag, die Lücke zu schließen, die das geltende Recht zwischen dem Bereich der freien, auf dem Konsens aller Beteiligten beruhenden Sanierung einerseits und der streng verfahrensgebundenen Sanierung im Insolvenzverfahren gelassen hat. Für diesen Lückenschluss orientiert sich der Entwurf einerseits an den Wertungen, die dem geltenden bzw. fortentwickelten Insolvenzrecht entnommen werden können.
Dies gilt namentlich für die materiellen Voraussetzungen, die für die Verfahrenshilfen wie insbesondere die Planbestätigung und die Vollstreckungssperren erfüllt sein müssen. Andererseits räumt der Entwurf den Beteiligten im Vergleich zum Insolvenzverfahren weitergehende Spielräume für die privatautonome Organisation des Planerstellungs-, -aushandlungs- und -abstimmungsprozesses ein.
Daher konzipiert der Entwurf den präventiven Rahmen nicht als ein integriertes Verfahren, sondern als einen modularen Verfahrensrahmen, dessen Elemente ein sanierungswilliger Schuldner einzeln in Anspruch nehmen können soll, sofern eine solche Inanspruchnahme nach Einschätzung des Schuldners und der sein Vorhaben unterstützenden Gläubiger als zweckmäßig angesehen wird.
Ein formales Eröffnungsverfahren, in dessen Rahmen Eröffnungsvoraussetzungen zu prüfen wären, wird nicht vorgesehen. An die Stelle eines solchen Eröffnungsantrags soll die Anzeige des Restrukturierungsvorhabens bei dem zuständigen Gericht treten, welche das Gericht in die Lage versetzen soll, von dem Restrukturierungsvorhaben Kenntnis zu nehmen und auf etwaige Anträge zur Inanspruchnahme der einzelnen Instrumentarien des Rahmens vorbereitet zu sein.