Wann ist ein Investitionsabzugsbetrag (IAB) rückgängig zu machen? Wenn das Finanzamt einen Investitionsabzugsbetrag abgelehnt hat, müssen nach dem BFH im gerichtlichen Verfahren nicht nur die Voraussetzungen für die Bildung des IAB geprüft werden, sondern auch, ob der dreijährige Investitionszeitraum zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung ggf. ohne eine entsprechende Investition abgelaufen ist.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in zwei aktuellen Entscheidungen dazu Stellung genommen, welche steuerlichen Folgen es hat, wenn ein gebildeter Investitionsabzugsbetrag (IAB) rückgängig gemacht wird.
Sachverhalt in den Besprechungsfällen zum IAB
Der Kläger erzielt als Wirtschaftsinformatiker gewerbliche Einkünfte. Im Rahmen seiner Gewinnermittlung machte er einen IAB geltend und bezeichnete die begünstigten Wirtschaftsgüter im Einzelnen. Die Höhe der voraussichtlichen Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten dieser Wirtschaftsgüter bezifferte er mit 175.000 €.
Nach einer Außenprüfung setzte das FA nach entsprechendem Verböserungshinweis die Einkommensteuer und Gewerbesteuer u.a. deshalb höher fest, weil der bei der Veranlagung gewährte IAB mangels eines Nachweises der beabsichtigten Investitionen zu versagen sei. Die Klage hatte Erfolg, der BFH folgte dem FG jedoch nicht.
Voraussetzungen für die Bildung eines IAB
Zwar folgt der BFH dem FG grundsätzlich darin, dass für die näher bezeichneten Wirtschaftsgüter grundsätzlich ein IAB hätte gebildet werden können. Allerdings hat das FG nach Ansicht des BFH versäumt, und hätte darüber hinaus prüfen müssen, ob bzw. in welcher Höhe einem gewinnmindernden Abzug die Rückgängigmachung des IAB entgegensteht. Denn zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem FG war der dreijährige Investitionszeitraum, möglicherweise ohne Anschaffung der benannten Wirtschaftsgüter, bereits abgelaufen.
Die gewinnerhöhende Hinzurechnung des gebildeten IAB ist im Wirtschaftsjahr der Anschaffung oder Herstellung dieses Wirtschaftsguts vorzunehmen. Die Vorschrift betrifft den „Regelfall“, in dem der Steuerpflichtige den Abzugsbetrag ordnungsgemäß in Anspruch genommen hat und später das begünstigte Wirtschaftsgut anschafft oder herstellt.
Allerdings ist der Abzug nach § 7g Abs. 3 EStG auch rückgängig zu machen, soweit der IAB nicht bis zum Ende des dritten auf das Wirtschaftsjahr des zutreffenden Abzugs folgenden Wirtschaftsjahres nach § 7g Abs. 2 EStG hinzugerechnet wurde. Demnach ist § 7g Abs. 3 EStG zwingend anzuwenden, soweit eine begünstigungsfähige Investition unterblieben ist.
Daher hätte das FG zum Zeitpunkt seiner Entscheidung im Hinblick auf § 7g Abs. 3 EStG feststellen müssen, ob die für die Bildung des IAB benannten Wirtschaftsgüter tatsächlich bis zum spätesten, erforderlichen Zeitpunkt angeschafft wurden.
Soweit eine Anschaffung innerhalb des Investitionszeitraumes erfolgt sein sollte, hätte der Kläger jeweils den für das begünstigte Wirtschaftsgut in Anspruch genommenen IAB im Jahr der Anschaffung gewinnerhöhend hinzurechnen müssen.
Soweit die begünstigten Wirtschaftsgüter allerdings nicht innerhalb des Investitionszeitraums angeschafft worden sind, ist der für das Streitjahr grundsätzlich anzuerkennende IAB wegen § 7g Abs. 3 EStG wieder rückgängig zu machen.
Durch die vorliegend gegebene Besonderheit einer zeitgleichen Prüfung gegenläufiger Vorschriften (zum einen § 7g Abs. 1 EStG und zum anderen § 7g Abs. 3 EStG) zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des FG kommt eine vollständige bzw. eine anteilige Neutralisierung des IAB in Betracht.
Die wegen der möglichen Gewinnauswirkung für das Streitjahr erforderliche Prüfung des § 7g Abs. 3 Satz 1 EStG hat das FG unterlassen, obwohl der Kläger angegeben hatte, es seien nicht alle begünstigten Wirtschaftsgüter angeschafft worden.
Der BFH kann selbst nicht abschließend beurteilen, inwieweit die Voraussetzungen für eine Änderung nach § 7g Abs. 3 Satz 1 EStG gegeben sind, da das FG hierzu nicht die erforderlichen Feststellungen getroffen hat und sich diese Tatsachen nicht aus der Aktenlage ergeben haben. Die Sache ist deshalb zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.
Aktueller Praxishinweis zum IAB
Der BFH hat mit diesen beiden Entscheidungen seine Grundsätze für die Rückgängigmachung eines IAB weiter konkretisiert. Neu ist, dass im Rahmen der Prüfung der Gewährung eines IAB auch zu klären ist, ob in diesem Zeitpunkt einem gewinnmindernden Abzug die in § 7g Abs. 3 Satz 1 EStG angeordnete Rückgängigmachung des IAB entgegensteht. Dies ist zu klären, wenn der dreijährige Investitionszeitraum, möglicherweise ohne Anschaffung des begünstigten Wirtschaftsguts, bereits abgelaufen war.
Der BFH hat dies zwar ausdrücklich für die Entscheidung des FG entschieden, aber für die vorgelagerte Prüfung im Rahmen des Einspruchsverfahrens dürfte dies wohl ebenfalls gelten. Denn ist in diesem Zeitpunkt der Investitionszeitraum bereits ohne vorgenommene Investition abgelaufen, dürfte dies im Finanzgerichtsverfahren wohl kaum zu heilen sein. Die Entscheidung des BFH ist zwar konsequent, wird in der Praxis aber wohl zu einer Verschärfung führen.
BFH, Urt. v. 20.03.2019 - X R 13/17
BFH, Urt. v. 20.03.2019 - X R 14/17
Rechtsanwalt und Steuerberater Axel Scholz