Der Bundesrat hat sich in seiner Sitzung am 09.10.2020 ausführlich mit den Regierungsplänen für das Jahressteuergesetz 2020 auseinandergesetzt. In seiner Stellungnahme zeigt er zahlreichen Änderungsbedarf am Regierungsentwurf auf - vor allem im Einkommensteuergesetz und der Abgabenordnung. Über die Inhalte des Regierungsentwurfs hatten wir ausführlich informiert. Zu den Änderungs- und Ergänzungsvorschlägen des Bundesrats hat die Bundesregierung bereits in ihrer Gegenäußerung vom 21.10.2020 Stellung genommen (BT-Drucks. 19/23551). Nachfolgend erfahren Sie, in welchen Bereichen Änderungen zu erwarten sind und in welchen eher nicht.
Gesellschaftliches Engagement honorieren
Der Bundesrat wiederholt seine schon mehrfach geäußerte Forderung an Bundesregierung und Bundestag, ehrenamtliches Engagement steuerlich besser zu honorieren. Dazu soll u.a. die Übungsleiterpauschale auf 3.000 € steigen, die Ehrenamtspauschale auf 840 €. Beide waren zuletzt im Veranlagungszeitraum für 2013 angepasst worden. Eine Umsetzung dieser Maßnahmen ist aufgrund der Zustimmung der Bundesregierung wohl kurzfristig zu erwarten.
Arbeiten im Homeoffice steuerlich berücksichtigen?
Der Bundesrat bittet die Bundesregierung zu prüfen, ob die Abziehbarkeit der Aufwendungen für einen Arbeitsplatz im häuslichen Umfeld grundlegend neu geregelt werden müsse - als Folge der Corona-Krise. Nach derzeitigem Recht wird das Arbeiten im Homeoffice steuerlich kaum berücksichtigt. Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sind bis jetzt nur unter strengen Voraussetzungen und vielfach begrenzt auf höchstens 1.250 € jährlich abzugsfähig. Die Bundesregierung hat eine Prüfung zugesagt. Teilweise wird eine Pauschale von maximal 600 € jährlich bzw. 5 € pro Tag diskutiert, wie von Hessen und Bayern gefordert wird.
In Prüfung: Progressionsvorbehalt aussetzen?
Lohnersatzleistungen sind steuerfrei, sie unterliegen aber dem sog. Progressionsvorbehalt (§ 32b EStG). Das bedeutet, dass die steuerfreien Lohnersatzleistungen gleichwohl den Steuersatz beeinflussen, der im Rahmen der verpflichtenden Veranlagung zur Einkommensteuer anzusetzen ist. Das führt dazu, dass insbesondere eine Vielzahl von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die wegen der Corona-Krise Kurzarbeitergeld erhalten haben, im nächsten Jahr bei Abgabe der Steuererklärung mit Steuernachforderungen der Finanzämter konfrontiert werden.
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren die Wirkungen des Progressionsvorbehalts insbesondere für die Fälle des Bezugs von Kurzarbeitergeld zu evaluieren und ergänzend zu prüfen, inwieweit hierbei steuerschädliche Effekte vermieden werden können. Die Bundesregierung hat eine Prüfung zugesagt.
Share Deals bekämpfen
Deutliche Kritik übt der Bundesrat daran, dass der Bundestag den Regierungsentwurf zur Eindämmung von sog. Share Deals noch nicht weiter beraten hat. Es sei nicht hinnehmbar, dass der Erwerb eines Eigenheims mit Grunderwerbsteuer belastet wird, die Übertragung von großen Gewerbeimmobilien oder umfangreichen Wohnungsbeständen aber in bestimmten Fällen steuerfrei bleiben können. Dies führe zu Steuerungerechtigkeit - und zu erheblichen Mindereinnahmen der Länderhaushalte. Die Bundesregierung hat die Ausführungen des Bundesrats schlicht zur Kenntnis genommen.
Cum/Ex-Geschäfte
Die Bundesregierung müsse zudem sicherstellen, dass in allen Fällen von Steuerbetrug z.B. im Zusammenhang mit sog. Cum/Ex-Geschäften sämtliche Taterträge abgeschöpft und Steuerausfälle vermieden werden. Die Bundesregierung stimmt dem Anliegen dem Grunde nach zu. Sie strebt allerdings die Umsetzung in einem anderen Gesetzgebungsverfahren an.
Bürokratieabbau
Zahlreiche Änderungsvorschläge befassen sich mit dem Ziel, Firmen, Bürgerinnen und Bürger sowie Steuerverwaltungen von zu hohem Bürokratieaufwand zu entlasten. Es bleibt abzuwarten, welche Änderungen der Bundestag im Gesetzesbeschluss aufgreifen wird.
Weitere Wünsche des Bundesrats
Der Bundesrat hat noch weitere Punkte in seiner umfangreichen Stellungnahme angesprochen. Hier eine Auswahl:
- GWG-Grenze: Der Bundesrat fordert eine Erhöhung der Grenze für die Sofortabschreibung von geringwertigen Wirtschaftsgütern, die u.a. auch bei der Abschreibung von Arbeitsmitteln für Arbeitnehmer greift. Der Vorschlag sieht eine Anhebung von 800 € netto auf 1.000 € netto vor. Die Bundesregierung lehnt die Vergünstigung aber leider ab.
- Streichung der gesetzlichen Normierung von nachträglichen Anschaffungskosten bei Veräußerung privat gehaltener Anteile an Kapitalgesellschaften (§ 17 EStG) und Streichung der ab 2020 neuen Verlustverrechnungsbeschränkung in § 20 Abs. 6 Satz 5 und 6 EStG. Die Bundesregierung will den Vorschlag prüfen.
- Der Finanzausschuss des Bundesrats hatte ergänzend noch eine Umsetzung der lange geplanten AStG-Reform gefordert, die aufgrund von EU-Richtlinien lange überfällig ist (ATAD). Der Bundesrat hat eine entsprechende Empfehlung jedoch nicht in seine Stellungnahme übernommen. Dennoch scheint nicht ausgeschlossen, dass es hier noch zu weiteren Ergänzungen des Gesetzespakets kommt.
Die zweiten Durchgänge in Bundestag und Bundesrat sind wohl noch im November 2020 zu erwarten. Das Gesetzgebungsverfahren soll vor dem Jahreswechsel abgeschlossen werden.
** BT-Drucks. 19/23551, Stellungnahme des BR und Gegenäußerung der Bundesregierung zum Entwurf des JStG 2020