Der BFH hat die Regeln für den sog. Querverbund von wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben öffentlicher Träger bestimmt. Demnach müssen auch für die Zusammenfassung von mehr als zwei Betrieben gewerblicher Art (BgA) die gesetzlichen Voraussetzungen jeweils zwischen allen BgA einzeln vorliegen. Damit widerspricht der BFH der Finanzverwaltung (BMF-Schreiben v. 12.11.2009, BStBl I 2009, 1303, Rz 5).
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit seiner Entscheidung vom 29.08.2024 (V R 43/21) die Grundsätze bei einer Zusammenfassung von mehreren Betrieben gewerblicher Art (BgA) konkretisiert.
Sachverhalt im Besprechungsfall
Die Klägerin K, eine Anstalt des öffentlichen Rechts, unterhielt u.a. die Betriebe Wasserversorgung und Freibad. K errichtete auf dem Gelände des Freibads ein mit Biogas betriebenes Blockheizkraftwerk (BHKW) I.
Die für die Biogaserzeugung erforderliche Wärme produzierte ein zweites, kleineres BHKW II. Der in beiden BHKW erzeugte Strom wurde an einen Stromversorger verkauft.
In den Streitjahren wurde während der Freibadsaison die im BHKW I produzierte Wärme überwiegend durch das Schwimmbad verbraucht, im restlichen Jahr wurden dann vor allem Drittkunden aufgrund eines Anschlusszwangs mit Wärme versorgt.
Das Freibad erhielt seine Wärme zunehmend durch andere Produktion als durch das BHKW I. K ging daher von einem zusammengefassten BgA „Versorgung“ aus, zu dem das Freibad, beide BHKW und die Wasserversorgung gehören sollten. In ihren Ertragsteuererklärungen für die Streitjahre verrechnete sie die Einkünfte aus diesen Tätigkeiten.
Mit dem Finanzamt entstand Streit darüber, ob das Freibad mit den BHKW und der Wasserversorgung zusammengefasst werden kann. Das Finanzgericht gab der Klage statt, der BFH wies die Klage hingegen ab.
Begründung im Besprechungsfall
Ein Betrieb kann gem. § 4 Abs. 6 Satz 1 KStG mit einem oder mehreren anderen Betrieben zusammengefasst werden, wenn sie gleichartig sind oder zwischen ihnen nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse objektiv eine enge wechselseitige technisch-wirtschaftliche Verflechtung von einigem Gewicht besteht.
Nach Ansicht des BFH ermöglicht die gesetzliche Regelung jedoch keine abgestufte Kettenbetrachtung, bei der mehrere BgA gedanklich nacheinander zusammengefasst werden (Kettenzusammenfassung), wenn dies bei einer zeitgleichen Betrachtung - also in einem Zusammenfassungsvorgang - nicht möglich wäre.
Daher müssen auch bei einer Zusammenfassung von mehr als zwei BgA die Voraussetzungen für eine Zusammenfassung jeweils zwischen allen Betrieben, die zusammengefasst werden sollen, vorliegen.
Dies leitet der BFH aus dem Wortlaut und der systematischen Stellung im Gesetz ab und widerspricht damit der Ansicht der Finanzverwaltung. Vor allem ergibt sich aus dem Sinn und Zweck der Vorschrift, dass die Voraussetzungen der Zusammenfassung jeweils zwischen allen Betrieben, die zusammengefasst werden sollen, vorliegen müssen.
Die Zusammenfassung ist eine Ausnahme vom Grundsatz der Teilverselbständigung des einzelnen Betriebs, wonach jeder BgA einer juristischen Person des öffentlichen Rechts für Zwecke der Körperschaftsteuer grundsätzlich für sich zu betrachten und folglich das Einkommen eines jeden BgA gesondert zu ermitteln ist.
Dadurch sollen Wettbewerbsverzerrungen vermieden werden, die infolge eines Ausgleichs des Ergebnisses aus einer wettbewerbsrelevanten Tätigkeit durch Verluste aus einer anderen wirtschaftlichen Tätigkeit auftreten könnten, so dass eine gemeinsame Einkommensermittlung für verschiedene BgA nur möglich ist, wenn die Zusammenfassungsvoraussetzungen zwischen allen BgA, deren Einkünfte gemeinsam ermittelt und veranlagt werden sollen, vorliegen.
Weil der BgA Freibad und der BgA Wasserversorgung mangels enger technisch-wirtschaftlicher Verflechtung nicht zusammengefasst werden können, scheidet eine Zusammenfassung insgesamt aus, so dass der BFH die Klage abwies.
Praxishinweis: Der BFH hat sich mit dieser Entscheidung eindeutig gegen die Ansicht der Finanzverwaltung gestellt und eine Kettenzusammenfassung von BgA nur zugelassen, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen jeweils zwischen allen BgA, die zusammengefasst werden sollen, einzeln vorliegen. Dies dürfte für zahlreiche bestehende zusammengefasste BgA erheblichen Prüfungsbedarf dahingehend nach sich ziehen, ob dieses Urteil auch Auswirkungen für sie hat.
BFH, Urt. v. 29.08.2024 - V R 43/21