Organschaft: BFH klärt Voraussetzung für finanzielle Eingliederung

Wann liegt eine ertragsteuerliche Organschaft vor? Der BFH hat entschieden, dass für die finanzielle Eingliederung der Organträger über eine qualifizierte Stimmenmehrheit verfügen muss, wenn das der Satzung der Organgesellschaft entspricht. Im Streitfall war eine GmbH an einer anderen GmbH beteiligt. Trotz Gewinnabführungsvertrags lehnte das Finanzamt nach einer Außenprüfung eine Organschaft ab.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 09.08.2023 (I R 50/20) entschieden, dass der Organträger zur Erfüllung der Voraussetzungen einer finanziellen Eingliederung über eine qualifizierte Mehrheit verfügen muss, wenn für das Fassen von Beschlüssen der Gesellschafterversammlung eine entsprechende Mehrheit erforderlich ist. 

Die einfache Mehrheit reicht in diesem Fall für die Erfüllung der finanziellen Eingliederung nicht aus.

Sachlage im Streitfall

Die Klägerin war eine GmbH, die in den Streitjahren zu 79,8 % an einer weiteren GmbH beteiligt war. Die Gesellschaften hatten einen Gewinnabführungsvertrag zur Errichtung einer ertragsteuerlichen Organschaft abgeschlossen. 

Das Finanzamt (FA) hatte zunächst auch entsprechende Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung des der Organträgerin zuzurechnenden Einkommens erlassen. 

Im Anschluss an eine Außenprüfung hob das FA diese Bescheide auf und behandelte die abgeführten Gewinne als verdeckte Gewinnausschüttungen, da die Voraussetzungen einer körperschaftsteuerrechtlichen Organschaft mangels finanzieller Eingliederung nicht erfüllt seien.

Die Einsprüche gegen die Änderungsbescheide blieben erfolglos. Auch das Finanzgericht verneinte das Vorliegen der Voraussetzung der finanziellen Eingliederung und wies die Klage als unbegründet zurück. 

Eine finanzielle Eingliederung sei demnach nicht gegeben, wenn die Satzung der Organgesellschaft für Beschlüsse der Gesellschafterversammlung generell eine qualifizierte Mehrheit vorsehe, jedoch nur eine einfache Mehrheit gegeben ist. 

Der BFH sah die Revision der Klägerin als unbegründet an und wies diese daher zurück.

Voraussetzungen einer ertragssteuerlichen Organgesellschaft

Verpflichtet sich eine Kapitalgesellschaft durch einen Gewinnabführungsvertrag, ihren gesamten Gewinn an ein einziges anderes gewerbliches Unternehmen abzuführen, so ist das Einkommen der Organgesellschaft dem Träger des Unternehmens (Organträger) gem. § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG zuzurechnen. 

Weitere Voraussetzung ist, dass dem Organträger an der Organgesellschaft vom Beginn des Wirtschaftsjahrs an ununterbrochen die Mehrheit der Stimmrechte an der Organgesellschaft zuzurechnen ist (finanzielle Eingliederung). 

Zudem muss der Gewinnabführungsvertrag auf mindestens fünf Jahre abgeschlossen werden und eine wirtschaftliche Abhängigkeit zwischen Organgesellschaft und Organträger bestehen.

Anwendung der Grundsätze auf den Streitfall

Im Streitfall ist umstritten, ob die für die finanzielle Eingliederung erforderliche Mehrheit der Stimmrechte der Organträgerin zuzurechnen ist. 

Grundsätzlich reicht für die Erfüllung dieser Voraussetzung die einfache Mehrheit der Stimmrechte aus. 

Nach Auffassung des BFH reicht diese aber nicht mehr aus, sofern die Satzung der Organgesellschaft für Beschlüsse der Gesellschafterversammlung eine (höhere) qualifizierte Mehrheit voraussetzt. 

In diesem Fall muss der Organträger nicht nur über eine einfache Mehrheit, sondern über eine entsprechend qualifizierte Mehrheit der Stimmrechte verfügen, um die Voraussetzung der finanziellen Eingliederung zu erfüllen. 

Der Gesetzgeber hätte nach Ansicht des BFH bewusst auf die Mehrheit der Stimmrechte abgestellt und nicht die Mehrheit der Anteile ausreichen lassen. Daher muss der Gesellschafter auch bei einer qualifizierten Mehrheitsbeteiligung seinen Geschäftsleitungswillen durchsetzen können, um die Voraussetzung der finanziellen Eingliederung zu erfüllen.

Praxishinweis

Für die Erfüllung der Voraussetzungen der umsatzsteuerlichen Organschaft ist ebenfalls die finanzielle Eingliederung zwischen Organgesellschaft und Organträger erforderlich. 

Insoweit hat der BFH jedoch entschieden (vgl. Urt. v. 18.01.2023 - XI R 29/22 (XI R 16/18)), dass eine Willensdurchsetzung auch bei nur 50 % der Stimmrechte möglich ist, wenn der Gesellschafter die Kapitalmehrheit hält und er den einzigen Geschäftsführer stellt. Diese Voraussetzung ist jedoch nach Auffassung des BFH nicht auf die körperschaftsteuerliche Organschaft direkt übertragbar.

BFH, Urt. v. 09.08.2023 - I R 50/20

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