Welche Folgen hat ein fehlerhafter Gewinnabführungsvertrag (Ergebnisabführungsvertrag - EAV)? Was gilt bei Fehlern im Verweis auf die Verlustübernahme nach § 302 AktG? Der BFH ist hierbei auf die Heilungswirkung nach den Übergangsregeln in § 17 Abs. 2 i.V.m. § 34 Abs. 10b KStG eingegangen. Die Heilung hängt demnach bei Beendigung der steuerlichen Organschaft vom Verhalten des Steuerpflichtigen ab.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in der Entscheidung vom 03.05.2023 (I R 7/20) seine Grundsätze zur Heilung eines „fehlerhaften“ Gewinnabführungsvertrags weiter konkretisiert.
Sachverhalt im Besprechungsfall
Die Kommanditgesellschaft K hielt sämtliche Anteile der A GmbH. Die GmbH hielt Beteiligungen an inländischen Personengesellschaften, und zwar der B GmbH & Co. KG sowie der C GmbH & Co. KG (Enkelgesellschaften).
Die GmbH schloss als Organgesellschaft mit der K als Organträgerin einen Ergebnisabführungsvertrag (EAV) für eine feste Laufzeit von fünf Jahren ab, der erstmals zum 31.05.2008 gekündigt werden konnte.
Der EAV enthielt keinen den Regelungen des § 302 AktG entsprechenden Inhalt und wurde von den Vertragsparteien nicht an Gesetzesänderungen angepasst. K kündigte den EAV zum Ende des Wirtschaftsjahres 2012 schriftlich.
Die Aufhebung des EAV wurde im Handelsregister eingetragen. Mit dem Finanzamt entstand Streit darüber, ob der EAV dennoch wirksam ist.
Entscheidung im Besprechungsfall
Zunächst stellt der BFH fest, dass die Voraussetzungen für eine steuerrechtliche Anerkennung der Organschaft nicht erfüllt waren, weil im EAV keine Verlustübernahme entsprechend den Vorschriften des § 302 AktG vereinbart worden war. Eine Heilung des fehlerhaften EAV ist durch die gesetzlichen Übergangsregelungen nicht eingetreten.
Der Gesetzgeber hat im Jahr 2013 mit der Neuregelung in § 17 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 KStG das zwingende Erfordernis („Weitere Voraussetzung ist ...“) eines „dynamischen“ Verweises auf § 302 AktG verankert. Zugleich hat er in § 34 jener Fassung des KStG Übergangsregelungen getroffen, die in allen offenen Verfahren anzuwenden sind und dauerhaft fortgelten.
Danach steht es der Anwendung der §§ 14 bis 16 KStG für Veranlagungszeiträume, die vor dem 01.01.2015 enden, nicht entgegen, wenn der Gewinnabführungsvertrag (GAV), der vor dem 21.02.2013 abgeschlossen wurde, keinen Verweis auf § 302 AktG enthält, er den Anforderungen des § 17 Satz 2 Nr. 2 KStG n.F. entspricht und eine Verlustübernahme entsprechend § 302 AktG tatsächlich erfolgt und entsprechend § 17 Satz 2 Nr. 2 KStG n.F. (als „dynamischer“ Verweis auf § 302 AktG) bis zum Ablauf des 31.12.2014 wirksam vereinbart ist.
Nach dieser Vorschrift ist für die Anwendung die Vereinbarung einer Verlustübernahme entsprechend § 17 KStG n.F. nicht erforderlich, wenn die steuerrechtliche Organschaft vor dem 01.01.2015 beendet wurde.
Dies gilt aber nach Ansicht des BFH nicht, wenn (wie im Besprechungsfall) ein Steuerpflichtiger, der die Organschaft bereits vor der gesetzlichen Neuregelung beendet hatte, mittels Einlegung von Rechtsbehelfen ausdrücklich dem möglichen Eintritt einer Heilungswirkung widerspricht (keine nachträgliche Anerkennung der Organschaft).
Hierzu genügt es im Besprechungsfall, dass sich die K als vermeintliche Organträgerin gegen die Heilung ausgesprochen hat. Folglich gab der BFH der Klage statt.
Praxishinweis: Der BFH hat mit dieser Entscheidung seine Grundsätze wie folgt konkretisiert: Der Eintritt der Heilungswirkung nach den Übergangsregelungen in § 17 Abs. 2 i.V.m. § 34 Abs. 10b Satz 2 und Satz 3 KStG n.F. zum gesetzlichen Erfordernis des dynamischen Verweises auf § 302 AktG hängt vom Verhalten des Steuerpflichtigen ab.
Deshalb tritt bei Beendigung der steuerlichen Organschaft vor dem 01.01.2015 die Heilungswirkung gem. § 34 Abs. 10b Satz 3 KStG n.F. nicht ein, wenn der Steuerpflichtige durch eine nach außen erkennbare Handlung den Willen äußert, eine Heilung des „fehlerhaften“ Gewinnabführungsvertrags nicht herbeiführen, sondern die Rechtsfolgen des „fehlerhaften“ Vertrags tragen zu wollen.
BFH, Urt. v. 03.05.2023 - I R 7/20
Axel Scholz, RA und StB, FA für Steuerrecht