Der BFH hat die Regeln der ertragsteuerlichen Organschaft bei der Umwandlung von Unternehmen näher bestimmt. Bei der Verschmelzung einer Kapital- auf eine Personengesellschaft gilt demnach: Der neue Organträger tritt auch dann in die Stellung des übertragenden Rechtsträgers ein, wenn die Umwandlung steuerlich nicht bis zum Beginn des Wirtschaftsjahres der Organgesellschaft zurückbezogen wird.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit der Entscheidung vom 11.07.2023 (I R 21/20) seine Grundsätze zum Fortbestand einer ertragsteuerlichen Organschaft bei Verschmelzung des Organträgers weiterentwickelt.
Sachverhalt im Besprechungsfall
Zwischen der K-GmbH (Organgesellschaft) und der B-GmbH (Organträgerin) bestand eine körperschaft- und gewerbesteuerliche Organschaft. Knapp fünf Jahre später wurde die B-GmbH mit steuerlicher Rückwirkung auf einen unterjährigen Umwandlungsstichtag auf die D-KG verschmolzen.
Mit dem Finanzamt (FA) entstand Streit darüber, ob die Organschaft aufgrund der Verschmelzung beendet worden sei. Das Finanzgericht (FG) gab der Klage der D-KG statt. Der BFH folgte dem Urteil des FG teilweise und verwies die Sache im Übrigen zur weiteren Verhandlung an das FG zurück.
Entscheidung im Besprechungsfall
Einleitend stellt der BFH fest, dass auch die Organgesellschaft klagebefugt gegen den Feststellungsbescheid nach § 14 Abs. 5 KStG ist. Der BFH erstreckt die Klagebefugnis ebenfalls auf den Bescheid über den Gewerbesteuermessbetrag, der kein Folgebescheid zum Feststellungsbescheid ist.
Für das Tatbestandsmerkmal der finanziellen Eingliederung ist entscheidend darauf abzustellen, dass die übernehmende Körperschaft umfassend und vorbehaltlos in die steuerliche Rechtsstellung der übertragenden Körperschaft eintritt (sog. Fußstapfentheorie).
Deshalb ist es für den BFH ausreichend, wenn ab dem Beginn des Wirtschaftsjahrs der Organgesellschaft eine finanzielle Eingliederung, zunächst zum übertragenden Rechtsträger und anschließend zum übernehmenden Rechtsträger, besteht. Dies gilt auch, wenn der Beginn des Wirtschaftsjahrs der Organgesellschaft nicht mit dem umwandlungssteuerlichen Übertragungsstichtag zusammenfällt.
Denn die Rechtsinstitute der umwandlungssteuerlichen Rechtsnachfolge und der umwandlungssteuerlichen Rückbeziehung stehen - entgegen der Ansicht des FA - gleichberechtigt nebeneinander und können den gleichen Zeitraum betreffen, müssen dies aber nicht.
Die Anwendung der Fußstapfentheorie ist dabei auch nicht auf diejenigen Fälle beschränkt, in denen das Unternehmen der Organgesellschaft zuvor ein Teilbetrieb des übertragenden Rechtsträgers war.
Aus Sicht der Organgesellschaft ändert die Umwandlung auf der Ebene des Organträgers nichts an der „Eingliederung“ in ein anderes Unternehmen.
Der zivilrechtliche und steuerrechtliche Anspruch auf Gewinnabführung richtet sich allein danach, wer am Ende des Wirtschaftsjahrs der Organgesellschaft nach dem Gewinnabführungsvertrag anspruchsberechtigter Organträger ist, so dass keine Rechtsgrundlage für eine zeitanteilige unterjährige Einkommenszurechnung besteht.
Damit ist das Einkommen der Organgesellschaft in vollem Umfang ausschließlich der neuen Organträgerin zuzurechnen.
Einen Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten sieht der BFH darin nicht. Da das FG keine Feststellungen zur Zuordnung der Beteiligung an der Organgesellschaft zu einer inländischen Betriebsstätte des Organträgers getroffen hat, hob der BFH die Vorentscheidung auf und verwies den Rechtsstreit an das FG zurück.
Bezüglich der weiteren Feststellungen des FG weist der BFH darauf hin, dass auch das Merkmal der Zuordnung der Beteiligung an der Organgesellschaft zu einer inländischen Betriebsstätte des Organträgers ebenso wie die finanzielle Eingliederung Gegenstand einer umwandlungssteuerlichen Rechtsnachfolge sein kann.
Praxishinweis: Der BFH hat seine Grundsätze zur Organschaft bei Umwandlungsvorgängen folgendermaßen konkretisiert:
Bei Verschmelzung einer Kapital- auf eine Personengesellschaft tritt der übernehmende Rechtsträger (Organträger) hinsichtlich des Merkmals der finanziellen Eingliederung auch dann in die Rechtsstellung des übertragenden Rechtsträgers ein, wenn der umwandlungssteuerliche Übertragungsstichtag nicht auf den Beginn des Wirtschaftsjahrs der Organgesellschaft zurückbezogen wird.
Dies gilt auch für das Merkmal der Zuordnung der Beteiligung an der Organgesellschaft zu einer inländischen Betriebsstätte des Organträgers (sog. Fußstapfentheorie).
BFH, Urt. v. 11.07.2023 - I R 21/20
Axel Scholz, RA und StB, FA für Steuerrecht