Organschaft: Vorsteuerberichtigung in der Insolvenz

Welche Regeln gelten für den Vorsteuerabzug, wenn aufgrund einer Insolvenz eine Organschaft nicht mehr besteht? Wann ist der Vorsteuerabzug zu berichtigen? Der BFH hat klargestellt, dass der Vorsteuerabzug auch dann bei der Organgesellschaft nach § 17 UStG berichtigt werden muss, wenn der Leistende ein Entgelt an den Organträger zurückzahlt, nachdem die Zahlung erfolgreich angefochten wurde.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit seiner Entscheidung vom 06.12.2023 (XI R 5/20) die Grundsätze zur Insolvenzanfechtung bei einer Organschaft weiter konkretisiert.

Sachverhalt im Besprechungsfall

Die T-GmbH war umsatzsteuerrechtliche Organträgerin und die S-GmbH deren Organgesellschaft. Da S in Liquiditätsschwierigkeiten war, finanzierte T verschiedene Aufwendungen der S. 

Nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der T - sowie der S - verlangte der Insolvenzverwalter der T sämtliche von T an die Lieferanten der S getätigten Zahlungen erfolgreich zurück. Wegen der Insolvenzanfechtung setzte das Finanzamt (FA) geänderte Umsatzsteuerbescheide mit Nachzahlungen gegen S fest. 

Das Finanzgericht (FG) gab der gegen die Änderungsbescheide gerichteten Klage der S statt. Der BFH hob das Urteil auf und verwies es zur weiteren Verhandlung an das FG zurück.

Entscheidung im Besprechungsfall

Der Vorsteuerabzug ist zu berichtigen, wenn der leistende Unternehmer ein bereits vereinnahmtes Entgelt, das ein Dritter entrichtet hat, deswegen zurückzahlt, weil dessen Insolvenzverwalter die Zahlung erfolgreich angefochten hat. 

Dies ist auch dann der Fall, wenn im Zeitpunkt der Rückzahlung über das Vermögen des Leistungsempfängers das Insolvenzverfahren eröffnet ist. Aufgrund des Insolvenzverfahrens der S sind die wieder aufgelebten zivilrechtlichen Zahlungsansprüche der Leistenden gegen S im Übrigen uneinbringlich.

Der BFH stellt in diesem Zusammenhang klar, dass die von einem Insolvenzverwalter eines Dritten vorgenommene Insolvenzanfechtung, die eine Vorsteuerberichtigung beim Leistungsempfänger zur Folge hat, nicht dazu führt, dass im Verfahren des Leistungsempfängers der aus der Vorsteuerberichtigung resultierende Steueranspruch durch eine Handlung des Insolvenzverwalters begründet worden wäre. 

Ob der streitige Steueranspruch des FA gegen den Insolvenzverwalter der T eine Masseverbindlichkeit ist, die in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründet wurde, weil S aufgrund der Insolvenzanfechtungen des Insolvenzverwalters der T möglicherweise ein Ausgleichsanspruch gegen T im Rahmen des internen Gesamtschuldnerausgleichs zwischen ihr und T zustehen könnte, hatte das FG allerdings nicht geprüft.

Keine Masseverbindlichkeit liegt vor, wenn die Masse der S durch die Anfechtung des Insolvenzverwalters der T kein Aktivvermögen geworden ist. Daher hätte das FG prüfen müssen, ob S durch die Anfechtung Ansprüche gegen T erworben hat, die zur Masse gehören. 

Dabei muss ein bereits durchgeführter Gesamtschuldnerausgleich möglicherweise erneut durchgeführt oder rückgängig gemacht werden, wenn sich die Umstände nachträglich ändern, um zwischen Organgesellschaft und Organträger eine zutreffende interne Lastenverteilung herzustellen. 

Ein eventueller Ausgleichsanspruch der S gegen T könnte - bei Anwendung dieser Grundsätze - eine Masseverbindlichkeit der T sein. Demnach wurde erst durch die Rückzahlungen der Anspruch des FA begründet. 

Dies gilt in gleicher Weise für einen sich aus den Rückzahlungen ggf. ergebenden Ausgleichsanspruch der S gegen T. Aus diesen Gründen verwies der BFH den Rechtsstreit zurück an das FG.

Praxishinweis: Der BFH hat hinsichtlich der umsatzsteuerlichen Organschaft Folgendes klargestellt: 

Der Vorsteuerabzug ist auch dann bei der Organgesellschaft zu berichtigen, wenn der Leistende ein (bereits vereinnahmtes) Entgelt an den Organträger zurückzahlt. Dieser Vorsteuerberichtigungsanspruch ist keine Masseverbindlichkeit der Organgesellschaft, welche durch eine Handlung des Insolvenzverwalters der Organgesellschaft begründet worden wäre. 

Eine in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründete Masseverbindlichkeit der Organgesellschaft kann vorliegen, falls der Insolvenzmasse der Organgesellschaft aufgrund der erfolgreichen Anfechtung des Organträgers ein Ausgleichsanspruch gegen den Organträger (oder dessen Insolvenzmasse) zusteht.

BFH, Urt. v. 06.12.2023 - XI R 5/20

Empfehlungen der Redaktion

 

Sichern Sie sich das Fachwissen von Wolfgang Bolk und beraten Sie Ihre Personengesellschaftsmandate sicher und kompetent.

Mit der Onlineplattform Zugriff jederzeit von überall!

19,95 € mtl. zzgl. USt
 

Jetzt zum günstigen Einführungsspreis (sog. Subskriptionspreis) bestellen!

Lösung aus einer Hand: Die Beratungsschwerpunkte Kapitalgesellschaft bieten Antworten auf alle wichtigen gesellschaftsrechtlichen, handelsrechtlichen, bilanzrechtlichen und steuerlichen Fragen bei der Beratung von Kapitalgesellschaften. Inklusive Online-Service.

126,75 € pro Stk. zzgl. Versand und USt