Wann greift die Gewerbesteuerpflicht? Wann ist der Rahmen privater Vermögensverwaltung überschritten? Der BFH hat entschieden, dass es für die Nachhaltigkeit der Tätigkeit eines Forderungskäufers nicht auf die Verwertungs-, sondern auf die Beschaffungsseite ankommt. Ob beim Ankauf von Darlehensforderungen die Grenze zum Gewerbebetrieb überschritten ist, hängt vom Gesamtbild des Einzelfalls ab.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 30.11.2023 (IV R 10/21) seine Grundsätze dahingehend konkretisiert, wann der nachhaltige Ankauf von Forderungen zu einem Gewerbebetrieb führt.
Sachverhalt im Besprechungsfall
Die klagende GmbH & Co. KG (KG) kaufte von mehreren Banken notleidende Darlehensforderungen unter Nennwert an oder löste die Darlehensforderungen durch Zahlung einer unter Nennwert der Gesamtforderungen liegenden Summe gegen Freigabe diverser Sicherheiten ab.
Schuldner der jeweils erworbenen Forderungen waren entweder E persönlich oder eine Gesellschaft, an der E zumindest beteiligt war.
Zur Sicherung der gekauften Darlehensforderungen bzw. zur Sicherung der Regressforderung gegen den Forderungsschuldner wurden zwischen der KG und den Gläubigern sowohl bestehende, akzessorische Sicherheiten auf die KG übertragen als auch zusätzliche, nicht akzessorische Sicherheiten (überwiegend Grundpfandrechte).
Zusätzlich ließ sich die KG von den jeweiligen Forderungsschuldnern Vermögensansprüche aus verschiedenen Beteiligungen abtreten.
Die KG entfaltete keine Mahnungs- oder Vollstreckungstätigkeit gegenüber den jeweiligen Schuldnern der Forderungen. Keine der Forderungen wurde in den Folgejahren durch die KG verkauft. Das Finanzamt ging im Gegensatz zur KG davon aus, dass die KG einen Gewerbebetrieb unterhielt.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt. Auch der BFH teilte die Ansicht des FG.
Entscheidung im Besprechungsfall
Zwar ging der BFH von einer nachhaltigen Tätigkeit der KG aus, sah diese aber nicht als gewerblich an.
Denn bei einem Forderungskäufer ist im Gegensatz zu einem Handelsbetrieb für die Nachhaltigkeit seiner Tätigkeit nicht auf die Verwertungsseite, sondern auf die Beschaffungsseite abzustellen, da die entscheidende Tätigkeit der Ankauf von (gesicherten) Forderungen ist, nicht aber die Einziehung bzw. die Verwertung der für sie bestellten Sicherheiten. Da die KG mehrere Rechtsgeschäfte zum Erwerb der Forderungen tätigte, war dies nachhaltig.
Allerdings befindet sich die Tätigkeit der KG für den BFH noch im Rahmen der bloßen - steuerlich irrelevanten - Vermögensverwaltung, zumal die KG auf der Einziehungs- bzw. Verwertungsseite auch keine besonderen Aktivitäten entwickelte, die ihre Tätigkeit insgesamt als Gewerbebetrieb erscheinen lassen, wie etwa eine besondere Büroorganisation oder die Anstellung von Personal.
Die Grenze der privaten Vermögensverwaltung wäre zudem erst überschritten, wenn nach dem Gesamtbild die Tätigkeit „dem Bild entspricht, das nach der Verkehrsauffassung einen Gewerbebetrieb ausmacht“.
Weil der BFH jedoch keine Tätigkeit erkennen konnte, die einem Händler oder Dienstleister ähnelt, lehnte er einen Gewerbebetrieb ab. Zwar hatte die KG einen recht hohen Fremdfinanzierungsanteil bei den Forderungskäufen, aber deren Fremdfinanzierung erhöhte nicht das Risiko der Investition, sondern hatte allein Einfluss auf die Ertragsaussichten. Dies begründet aber keine gewerbliche Tätigkeit der KG.
Praxishinweis: Der BFH hat mit dieser Entscheidung seine Grundsätze für die Abgrenzung der nicht steuerbaren Vermögensverwaltung vom steuerpflichtigen Gewerbebetrieb wie folgt konkretisiert bzw. bestätigt:
Bei einem Forderungskäufer kommt es zur Beurteilung der Frage der Nachhaltigkeit seiner Tätigkeit nicht auf die Verwertungs-, sondern auf die Beschaffungsseite an. Der nachhaltige Ankauf von notleidenden Darlehensforderungen nebst Sicherungsrechten begründet nicht ohne weiteres die Annahme einer originär gewerblichen Tätigkeit des Forderungskäufers.
Ob die Tätigkeit eines Forderungskäufers die Grenze der privaten Vermögensverwaltung zum Gewerbebetrieb überschreitet, ist im Einzelfall nach dem Gesamtbild der Verhältnisse unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung zu beurteilen. § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG ist verfassungskonform dahin auszulegen, dass ein gewerbliches Unternehmen i.S.d. § 15 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 zweite Alternative EStG nicht als Gewerbebetrieb gilt.
BFH, Urt. v. 30.11.2023 - IV R 10/21