Wann sind Miet- oder Pachtaufwendungen dem Gewerbeertrag hinzuzurechnen?
Der BFH hat entschieden, dass die unterschiedliche steuerliche Behandlung von Mietzahlungen bei der Herstellung materieller und immaterieller Wirtschaftsgüter nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetztes verstößt.
Ausschlaggebend ist, ob die Wirtschaftsgüter zum fiktiven Anlagevermögen des Mieters gehören würden. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 12.11.2020 (III R 38/17) entschieden, dass es nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz gem. Art. 3 Abs. 1 GG verstößt, dass Miet- und Pachtaufwendungen für immaterielle Wirtschaftsgüter gem. § 8 Nr. 1 Buchst. d und e GewStG hinzugerechnet werden, obwohl diese Aufwendungen bei materiellen Wirtschaftsgütern Herstellungskosten darstellen.
Sachlage im Streitfall
Die Klägerin stellt Filme, Videofilme und Fernsehprogramme her. Zur Erstellung der Filme werden am jeweiligen Drehort die benötigten Räumlichkeiten und Gegenstände angemietet. Im Rahmen einer Außenprüfung wurden die Mietaufwendungen für die Räumlichkeiten und die Gegenstände beanstandet und der Gewerbeertrag gem. § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG entsprechend erhöht.
Die Mietaufwendungen fielen u.a. für die Kameraausstattung, Bürogeräte, Requisiten, die Beleuchtungs- und Tonanlage sowie für diverse Räumlichkeiten und Hallen an. Nach erfolglosem Einspruchsverfahren beim Finanzamt hatte auch die vor dem Finanzgericht (FG) eingelegte Klage keinen Erfolg.
Das FG entschied, dass die Hinzurechnung zu Recht gem. § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG bzw. § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG erfolgt ist, da die Klägerin, anders als etwa eine Messegesellschaft, nicht lediglich als Dienstleisterin auftritt, sondern aufgrund von unternehmerischen Entscheidungen das jeweilige Objekt angemietet hat.
Der BFH hingegen sah die Revision als begründet an und hob das Urteil des FG auf.
Hinzurechnung von Aufwendungen
Gemäß § 8 Nr. 1 Buchst. d und e GewStG werden Miet- und Pachtaufwendungen für bewegliche Wirtschaftsgüter zu einem Fünftel und für unbewegliche Wirtschaftsgüter zur Hälfte hinzugerechnet. Bei der Ermittlung des Gewerbeertrags gem. § 7 Abs. 1 Satz 1 GewStG wird wiederum ein Viertel dieser Aufwendungen nach Abzug eines Freibetrags i.H.v. 100.000 € hinzugerechnet.
Miet- und Pachtzinsen können gem. § 255 Abs. 2 HGB als Einzelkosten oder als angemessener Teil der Gemeinkosten zu den Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts gehören. Für selbsthergestellte immaterielle Wirtschaftsgüter gilt jedoch das Aktivierungsverbot gem. § 5 Abs. 2 EStG.
Immaterielle Wirtschaftsgüter können nur angesetzt werden, wenn diese angeschafft worden sind. Die Hinzurechnung führt dazu, dass bei der Herstellung von immateriellen Wirtschaftsgütern Teile der Herstellungskosten steuerlich nicht vollständig berücksichtigt werden können, wohingegen diese bei materiellen Wirtschaftsgütern über die Abschreibung vollständig steuerlich geltend gemacht werden können.
Der BFH sieht in der Hinzurechnung für Miet- und Pachtaufwendungen jedoch keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung gem. Art. 3 Abs. 1 GG und wies die Revision entsprechend zurück.
Praxishinweis: Steuerpflichtige sollten beachten, dass nicht sämtliche Mietaufwendungen gem. § 8 Nr. 1 Buchst. d oder Buchst. e GewStG hinzuzurechnen sind. Für die Hinzurechnung ist darauf abzustellen, ob die Mieter oder Pächter die Wirtschaftsgüter zu ihrem Anlagevermögen zählen müssten, wenn sie diese tatsächlich angeschafft und nicht nur gemietet hätten. Dadurch soll Finanzierungsneutralität zwischen der Anschaffung und der Anmietung von Wirtschaftsgütern erreicht werden. Jedoch ist dies beispielsweise nicht der Fall, wenn die angemieteten Güter in das hergestellte Wirtschaftsgut eingehen. Der BFH stellte dies im Streitfall für die Anmietung der Räumlichkeiten in Aussicht, da diese nur einmalig für einen einzelnen Film genutzt wurden.
BFH, Urt. v. 12.11.2020 - III R 38/17
Christian Kappelmann, Steuerberater, M.A. und Diplom-Finanzwirt (FH)