Neues BMF-Schreiben: Gewinnerzielungsabsicht bei kleinen Photovoltaikanlagen und vergleichbaren Blockheizkraftwerken

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BMF Schreiben vom 29.10.2021, IV C 6 - S 2240/19/10006 :006 

Im Juni hat das BMF ein Schreiben zur ertragsteuerlichen Behandlung kleiner Photovoltaikanlagen und Blockheizkraftwerke veröffentlicht (hierzu siehe auch Thema der Woche, STX 2021, 354). Die ursprüngliche Verwaltungsanweisung vom 02.06.2021 wurde nun durch ein ausführliches BMF-Schreiben ersetzt.

Überblick

Das BMF hatte bereits im Sommer für den Steuerpflichtigen im Rahmen einer Vereinfachungsregelung ein Wahlrecht geschaffen und nunmehr konkretisiert, bis zu welcher Größenklasse Photovoltaikanlagen und vergleichbare Blockheizkraftwerke (BHKW) auf Antrag keiner ertragsteuerlichen Würdigung mehr unterliegen müssen.

Regelmäßig wird die Nutzungsdauer einer Photovoltaikanlage auf 20 Jahre (betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer der Anlage) angesetzt. Dies hat zur Folge, dass die zu erwartetenden Gewinne bzw. Verluste im Rahmen der Totalgewinnprognose für den gesamten Zeitraum von 20 Jahren gegenübergestellt werden müssen.

Der Vorteil der Vereinfachungsregelung ist, dass die eigene Nutzung auf Antrag dem Bereich der Liebhaberei zugeordnet wird und keine - erfahrungsgemäß streitpotentialbehaftete - Totalgewinn- bzw. Überschussprognose für die eigene Nutzung einer auf dem Wohnhaus befindlichen Photovoltaikanlage aufgestellt werden muss.

Grundsätzlich liegen bei einem Betrieb einer Photovoltaikanlage oder einem vergleichbaren BHKW Einkünfte aus Gewerbebetrieb i.S.d. § 15 EStG mit allen Vor- und Nachteilen vor. Die erzielten Gewinne und Verluste werden aber dann auf Antrag nicht mehr berücksichtigt, wenn die vom BMF im neuen Schreiben aufgestellten Grundsätze erfüllt sind. Als Folge der Einstufung als Liebhabereibetrieb muss der Steuerpflichtige nicht mehr jährlich gegenüber dem Finanzamt eine Anlage EÜR oder eine Bilanz mit seiner Steuererklärung einreichen, da keine Gewinnerzielungsabsicht (mehr) vorliegt.

Weiterhin stellt die Photovoltaikanlage oder das BHKW kein Betriebsvermögen dar, so dass bei einem Verkauf der Anlage oder bei einer Aufgabe der Tätigkeit keine stillen Reserven aufgedeckt werden und zeitlich kein Aufgabegewinn entsteht.

Zeitpunkt der Antragstellung

Bei Anlagen, die erstmalig nach dem 31.12.2021 in Betrieb genommen werden, ist der Antrag bis zum Ablauf des Veranlagungszeitraums zu stellen, der auf das Jahr der Inbetriebnahme folgt. Bei Altanlagen, die vor dem 31.12.2021 in Betrieb genommen wurden, ist der Antrag bis zum 31.12.2022 zu stellen.

Der Antrag kann dabei auf dem postalischen Weg, per E-Mail oder über das Portal der Finanzverwaltung MeinELSTER unter Angabe der Leistungsfähigkeit der Anlage, des Installationsorts und des Datums der erstmaligen Inbetriebnahme gestellt werden.

Welche Anlagen fallen unter die Vereinfachungsregelung?

Begünstigt sind nach Aussagen des BMF kleinere Photovoltaikanlagen mit einer Nutzung bis 10 kW/kWp (maßgeblich ist die installierte Leistung i.S.d. § 3 Nr. 31 EEG 2021) und vergleichbare BHKW mit einer installierten elektrischen Gesamtleistung von bis zu 2,5 kW, deren erstmalige Inbetriebnahme nach dem 31.12.2003 erfolgt ist.

Des Weiteren muss der von der Photovoltaikanlage oder von dem BHKW erzeugte Strom neben der Einspeisung in das öffentliche Stromnetz ausschließlich in den zu eigenen Wohnzwecken genutzten Räumen verbraucht werden.

Dabei ist es aber nach Aussagen des BMF im Grundsatz unschädlich, wenn sich die Anlage auf einem im gesamten Eigentum befindlichen Zweifamilienhaus befindet, bei dem nur eine Wohnung selbstgenutzt und die andere Wohnung fremdvermietet ist. Das Gleiche gilt, wenn es sich statt eines Zweifamilienhauses um ein Mehrfamilienhaus handelt. Hinsichtlich der Nutzung gelten jedoch Einschränkungen.

Sind diese Grundsätze erfüllt, werden auf Antrag des Steuerpflichtigen alle Folgejahre dem Bereich der Liebhaberei zugeordnet. Jedoch hat das BMF-Schreiben nicht nur Auswirkungen auf die Zukunft. Sollten Steuerbescheide der Vorjahre vorliegen, die im Allgemeinen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehen, kann auch für diese Jahre ein Antrag gestellt werden. Das gleiche Vorgehen gilt für Veranlagungszeiträume, die aufgrund eines anhängigen Einspruchs noch offen sind.

Hinweis: Die Inanspruchnahme der Vereinfachungsregelung ist nicht als Fall des § 7g Abs. 4 EStG anzusehen, da insoweit keine schädliche Verwendung der Investition vorliegt.

Besonderheiten bzgl. des Begriffs: Nutzung zu eigenen Wohnzwecken

Ein Steuerpflichtiger kann die Vereinfachungsregelung nur dann in Anspruch nehmen, wenn technisch sichergestellt wird, dass der (teilweise) Verbrauch des Stroms, der durch die Photovoltaikanlage oder durch das BHKW erzeugt wird, nicht durch einen Mieter genutzt werden kann. Das Gleiche gilt für den Fall von eigenen oder fremdbetrieblichen Zwecken.

Ist z.B. auf einem Zweifamilienhaus eine Photovoltaikanlage installiert und wird diese Immobilie teilweise zu eigenen Wohnzwecken und teilweise zu eigenen betrieblichen Zwecken genutzt, ist es ratsam, eine reine Nutzungsmöglichkeit für den privaten Wohnbereich sicherzustellen und ggf. zu dokumentieren.

Dabei ließ das BMF aber zwei Ausnahmen zu: Zum einen ist der Verbrauch des erzeugten Stroms in einem eigenen häuslichen Arbeitszimmer als unschädlich anzusehen. Hinsichtlich der Nutzung würde es in der Praxis ohne diese Regelung wahrscheinlich zu Dokumentationsproblemen kommen.

Zum anderen teilt das BMF hier die Meinung des BFH (IX R 27/19), dass grundsätzlich keine Abgrenzbarkeit eines privaten Arbeitszimmers zwischen dem Bereich der privaten und der beruflichen Sphäre vorgenommen werden kann.

Die zweite Ausnahme bildet dabei die Nutzung des eigens erzeugten Stroms durch einen Mieter, wenn die Mieteinnahmen 520 € im Veranlagungszeitraum nicht übersteigen (vgl. R 21.2 Abs. 1 Satz 2 EStR).

Hinweis: Bei der Begünstigung handelt es sich nicht um den erzielten Überschuss, sondern um die reinen Einnahmen in Höhe von 520 € pro Veranlagungszeitraum.

Nutzungsumfang

Sollte der Steuerpflichtige jedoch nicht nur eine, sondern mehrere Photovoltaikanlagen bzw. BHKW betreiben, gilt das Nutzungsmaximum von bis zu 10 kW/kWp nicht für jede Anlage einzeln. In diesen Fällen sind alle Anlagen zusammenzurechnen, die sich auf demselben Grundstück befinden. Gleiches gilt für Anlagen, die auf verschiedenen Grundstücken installiert sind. Die vorhandenen Photovoltaikanlagen werden dabei zu einem einzigen Betrieb zusammengefasst, so dass auch das jeweilige Leistungsvermögen hinsichtlich der 10 kW/kWp-Grenze addiert werden muss.

Hinsichtlich des gesamten Leistungsvermögens berücksichtigte das BMF auch den Fall einer Leistungsdrosselung.

Eine Photovoltaikanlage mit einer installierten und abrufbaren Leistung von über 10 kW/kWp, deren maximale Werkleistungseinspeisung aufgrund der Regelung des § 6 Abs. 2 Nr. 2 EEG 2012 bzw. § 9 Abs. 2 Nr. 2 EEG 2021 nur auf 70 % der installierten Leistung begrenzt ist (und damit eine tatsächliche Leistung von mehr als 10 kW/kWp erbringen könnte), stellt keine begünstigte Photovoltaikanlage dar, die auf Antrag ohne weitere Prüfung der Finanzverwaltung dem Bereich der Liebhaberei zugeordnet werden kann.

Darüber hinaus sind auch solche Anlagen in die 10 kW/kWp-Grenze mit einzubeziehen, die die übrigen Voraussetzungen der Vereinfachungsregelung nicht erfüllen. Dies ist z.B. der Fall, wenn der erzeugte Strom von einem Mieter des Antragstellers verbraucht wird. Das gilt sowohl für Anlagen, die sich auf demselben Grundstück befinden, als auch für Anlagen auf verschiedenen Grundstücken.

Eine Besonderheit stellen dabei Veranlagungszeiträume dar, in denen die Voraussetzungen nicht ganzjährig vorliegen, etwa bei einer Nutzungsänderung oder einer Vergrößerung der Anlage(n) mit einer Gesamtleistung von 10 kW/kWp. Liegt dieser Fall vor, kann die Vereinfachungsregelung nicht mehr angewendet werden. Zeitgleich ist der Steuerpflichtige verpflichtet, das zuständige Finanzamt über diesen Sachverhalt schriftlich zu unterrichten. Als Folge ist wieder eine Anlage EÜR abzugeben.

Mitunternehmerschaft

Sollte die Photovoltaikanlage von einem Steuerpflichtigen nicht allein, sondern im Rahmen einer Mitunternehmerschaft betrieben werden, liegen die gleichen Grundsätze (wie oben beschrieben) vor. Dabei muss aber erwähnt werden, dass der Antrag auf Zuordnung in den Bereich der Liebhaberei durch den Vertreter der Gesellschaft, durch den Empfangsbevollmächtigten oder durch alle Mitunternehmer gemeinsam zu stellen ist.

Hinsichtlich der Nutzung einer Photovoltaikanlage oder eines BHKW im Rahmen einer Mitunternehmerschaft reicht es aus, wenn der erzeugte Strom in das öffentliche Stromnetz eingespeist und daneben von mindestens einem Mitunternehmer privat zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird. In der Regel liegt hierbei eine Photovoltaikanlage auf einem Zwei- oder Mehrfamilienhaus vor, die von beiden/allen Parteien erworben worden ist. Bezüglich des erlaubten Leistungsvermögens gibt es keinen Unterschied, ob eine Anlage von nur einem Steuerpflichtigen oder einer Mitunternehmerschaft betrieben wird.

Inbetriebnahme vor dem 01.01.2004

Liegt eine Photovoltaikanlage oder ein BHKW vor, welche/s vor dem 01.01.2004 erstmalig in Betrieb genommen wurde (und die Förderung der Einspeisevergütung i.S.d. § 21 Abs. 1 Nr. 3 EEG 2021 erfahren hat), gibt es Unterschiede bzgl. der erstmaligen Zuordnungsmöglichkeit in den Bereich der Liebhaberei.

Diese Anlagen können frühestens nach 20 Jahren Betriebsdauer zur Liebhaberei übergehen. Der Antrag wirkt in diesen Fällen erstmalig für den Veranlagungszeitraum, der auf den Veranlagungszeitraum folgt, in dem letztmalig eine garantierte Einspeisevergütung bezogen wurde.

Hinweis: Mit Übergang zur Liebhaberei werden die stillen Reserven mit einem Wert von 0 € angesetzt.

Fazit

Mit dem ergänzten BMF-Schreiben wurde hinsichtlich der ertragsteuerlichen Betrachtungsweise kleiner Photovoltaikanlagen klargestellt, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit der Begriff der Liebhaberei für einen Steuerpflichtigen vorliegt bzw. gewählt werden kann.

Dadurch wird die Erstellung der persönlichen Einkommensteuererklärung erheblich vereinfacht. Zudem werden bei einer Veräußerung einer Anlage keine stillen Reserven aufgedeckt. Sollte aber weiterhin eine Gewinnerzielungsabsicht vorliegen, kann diese unabhängig von den Regelungen des BMF-Schreibens nach Maßgabe von H 15.3 EStH mit allen Vor- und Nachteilen nachgewiesen werden.

Hervorzuheben ist, dass das Wahlrecht nur für den Bereich der persönlichen Einkommensteuererklärung gilt. Hinsichtlich der Umsatzsteuer bleibt der Steuerpflichtige Unternehmer, auch bei einer Zuordnung zur Liebhaberei. Hier könnte jedoch die Kleinunternehmerregelung Anwendung finden.

Jan-Philipp Muche, Dipl.-Finanzwirt

 

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