Nachträglicher Verzicht auf das Nießbrauchsrecht? Das ist schenkungsteuerlich zu beachten

Immer wieder gelangen die schenkenden Eltern einige Zeit später zu der Einsicht, dass sie die Einnahmen aus dem Nießbrauchsrecht nicht mehr benötigen oder das Nießbrauchsrecht aufgeben wollen, um den Kindern einen Verkauf des Objekts zu ermöglichen.

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Schenkungsteuerlich führt der vorzeitige unentgeltliche Verzicht auf den vorbehaltenen, nicht auf einen bestimmten Endtermin befristeten Nießbrauch zu einer (weiteren) Bereicherung i.S.d. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG in Gestalt der Minderung von Belastungen des Eigentümers.

Dadurch bestand die Gefahr einer doppelten Belastung, sofern das vorbehaltene Nießbrauchsrecht bei der Übertragung des Wirtschaftsguts selbst nicht als Abzugsposten berücksichtigt wurde, andererseits aber der Verzicht hierauf als schenkungsteuerbarer Vorgang betrachtet wird.

Die sich nach altem Recht durch die Nichtabzugsfähigkeit der Nießbrauchlast nach §25 Abs. 1 ErbStG a.F. und dem späteren Verzicht an sich ergebende Doppelbelastung beseitigte die Rechtsprechung nach früherem Recht durch einen Abzug des ursprünglich unberücksichtigt gebliebenen Kapitalwerts der Belastung vom Kapitalwert zum Zeitpunkt des Verzichts.

In aller Regel ergab sich durch einen späteren Verzicht keine weitere Steuerlast, da der Kapitalwert der Nutzungslast zum Zeitpunkt des Verzichts meist niedriger war als derjenige zum Zeitpunkt der Übertragung.

Zur Festsetzung einer Steuer kam es nur, wenn der aufgrund des gestiegenen Lebensalters des Schenkers geringere Faktor für die Kapitalisierung durcheine andere Entwicklung, wie z.B. dadurch, dass das Objekt deutlich höhere Erträge erbrachte, überkompensiert wurde.

Beispiel:

Vater V schenkte seinem Sohn im Jahr 2006 unter Nießbrauchsvorbehalt ein Grundstück mit einem Grundbesitzwert von 500.000 € (Verkehrswert 700.000 €).

Der Nießbrauch blieb bei der Feststellung des Grundbesitzwerts unberücksichtigt. Der Jahreswert des Nießbrauchs beträgt 40.000 €. Zum Zeitpunkt der Ausführung der Zuwendung ist V 65 Jahre alt. Im Jahr 2018 verzichtet er unentgeltlich auf den Nießbrauch. Zum Zeitpunkt der Ausführung dieser Zuwendung ist V 77 Jahre alt.

Der Grundbesitzwert beträgt 710.000 € und entspricht dem Verkehrswert. Der Jahreswert des Nießbrauchs beträgt unverändert 40.000 €.

(Aus H E 25 „Verzicht auf Nutzungsrechte in den Fällen des § 25 ErbStG a.F. beiSteuerentstehungszeitpunkten für die Vermögenszuwendung unter Nießbrauchsvorbehalt vor dem 1.1.2009“ ErbStH 2019 entnommen. 

Die schenkungsteuerliche Berücksichtigung der Vorgänge stellt sich wie folgt dar:

Eine steuerliche Doppelerfassung des Nutzungsrechts kann im neuen Erbschaftsteuerrecht – im Gegensatz zu Übertragungen, bei denen § 25 ErbStG noch anzuwenden war – nicht mehr eintreten, so dass in diesen Fällen der Wert des Nießbrauchs- oder anderen Nutzungsrechts im Zeitpunkt des Verzichts ungeschmälert als ei-genständige Schenkung anzusetzen ist (R E 25 Abs. 4 Satz 2 ErbStR 2019).

Da der Verzicht auf das Nießbrauchsrecht eine Schenkung unter Lebenden i.S.v. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG darstellt, sind auch Folgeregelungen des ErbStG, insbesondere die Freibeträge des § 16 ErbStG, anwendbar.

Sofern die Mandanten über einen Verzicht auf das Nießbrauchsrecht oder ein Wohnungsrecht nachdenken, sollte der Berater an dieser Stelle die schenkungsteuerliche Situation jedenfalls genau prüfen.

Kerstin Löbe

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