Nießbrauchsverzicht: BFH zur Höhe der Schenkungsteuer

Bei einem unentgeltlichen Verzicht auf einen sog. Nießbrauchsvorbehalt wird Schenkungsteuer fällig. Der BFH hat jetzt die steuerlichen Auswirkungen im Fall einer Unternehmensübertragung unter Angehörigen verdeutlicht. Demnach liegt regelmäßig eine Schenkung i.S.d. §  7 Abs. 1 ErbStG vor - gleichzeitig ist der Wert der Nießbrauchsverbindlichkeit bei der steuerlichen Bemessung zu berücksichtigen.

Sachverhalt

Der Kläger schenkte 2002 seinem Sohn einen GmbH-Anteil und behielt sich den Nießbrauch daran vor. Das Finanzamt verminderte die Bemessungsgrundlage zwar um eine Steuervergünstigung nach § 13a ErbStG auf 2,1 Mio. €. Der Nießbrauchswert von rund 700.000 € wurde damals jedoch wegen des Abzugsverbots des § 25 Abs. 1 Satz 1 ErbStG a.F. und des § 10 Abs. 6 Satz 5 ErbStG nicht von der Bemessungsgrundlage abgezogen. Insoweit erfolgte lediglich eine teilweise Stundung der Schenkungsteuer.

Später, zum 01.01.2008, verzichtete der Vater unentgeltlich auf den ihm zustehenden Nießbrauch, der inzwischen  einen gemeinen Wert von rund 1,6 Mio. € hatte. Der Vater beantragte die Versteuerung des aktuellen Schenkungswerts, jedoch müsse der Nießbrauchswert aus 2002 zuvor abgezogen werden. Er war der Ansicht, dass er ansonsten doppelt mit der Schenkungsteuer belastet sei. Einspruch und Klage vor dem Finanzgericht blieben erfolglos. Mit Urteil vom 20.05.2014 entsprach der BFH jedoch dem Antrag des Steuerpflichtigen.

Keine Steuerzahlung für zurückbehaltenen Nießbrauch

Der Verzicht auf den Nießbrauch ist eine freigebige Schenkung nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG. Der Nichtabzug des zurückbehaltenen Nießbrauchs steht dieser Auffassung des Senats nicht entgegen. Dies bedeutet aber, dass keine Steuern für den zurückbehaltenen Nießbrauch erhoben werden dürfen, obwohl § 25 Abs. 1 Satz 1 ErbStG (Fassung vor 2009!) einem direkten Abzug von der Bemessungsgrundlage entgegenstand.

Der Senat ist deshalb der Ansicht, dass die Versteuerung bei der Anteilsübertragung und beim späteren Nießbrauchsverzicht dem in § 10 Abs. 1 Satz 1 ErbStG verankerten Bereicherungsprinzip widersprechen. Dieses Bereicherungsprinzip will lediglich die (Netto-)Bereicherung des Erwerbers erfassen und schließt somit die mehrfache steuerliche Erfassung des Vermögenszuwachses aus. Diese einmalige Versteuerung wird durch den Abzug des damaligen Nießbrauchswerts von dem heutigen Nießbrauchsverzichtswert erreicht. Hier sind also die 700.000 € von den 1,6 Mio. € abzuziehen.

Das bezweckt die Abzugsbeschränkung

Zudem stand wegen der besonderen Grenze des § 10 Abs. 6 Satz 5 ErbStG bereits im Jahre 2002 dem Abzug des vorbehaltenen Nießbrauchsrechts die teilweise Steuerfreiheit nach § 13a ErbStG entgegen. Man hätte also gar nicht auf den damals bei den Nutzungsrechten geltenden § 25 ErbStG zurückgreifen müssen.

Aber auch dieses  Abzugshindernis nach § 10 Abs. 6 Satz 5 ErbStG steht in Bezug auf § 13a ErbStG der Berücksichtigung des damaligen Nießbrauchswerts nicht entgegen, denn Sinn und Zweck dieser Abzugsbeschränkung ist es gerade nicht, den Wert ohne Nießbrauchsverzicht höher zu setzen als den Wert mit Nießbrauchsverzicht. Also spielt es letztlich für den notwendigen Abzug des Verzichts keine Rolle, ob de facto dem ursprünglichen Abzug der Nießbrauchsverpflichtung der § 10 Abs. 6 Satz 5 ErbStG oder der (seit 2009 aufgehoben) § 25 ErbStG) im Wege stand.

Der Auffassung des Finanzgerichts der Nießbrauchsvorbehalt müsse im Rahmen des 10-Jahreszeitraums der erstmaligen Besteuerung hinzugerechnet werden, weil dem Kläger ja schließlich bis zu seinem Verzicht das Nießbrauchsrecht zustand, konnte der Senat nicht folgen, denn allein  die Bereicherung des Bedachten ist ausschlaggebend.

Maßgebend bei einer Anteilsübertragung unter Nießbrauchsvorbehalt mit späterem vorzeitigem Nießbrauchsverzicht kommt es allein auf die Bereicherung des Anteilserwerbers und nicht auf den Zuwachs beim Schenker (Nießbraucher) an.

Praxishinweis: Die Entscheidung des BFH vom 20.05.2014 ist zwar noch zum ErbStG 2008 ergangen, aber die darin enthaltenen Grundsätze bezüglich der Bereicherung des Anteilserwerbers (oder eines etwa mit einem Grundstück Beschenkten) sind wegen der regelmäßig langen Laufzeit der Nießbrauchsrechte auch heute noch heranzuziehen. Es ist deshalb bei einem neu zu begründenden Nießbrauch darauf zu achten, den Nießbrauchsumfang so zu bestimmten, dass zumindest aus finanziellen Gründen ein späterer Nießbrauchsverzicht nicht in Frage kommt.

BFH, Urt. v. 20.05.2014 - II R 7/13

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