Fragestellung des Beispielfalls
Die Einkommensteuer-Bescheide eines zusammen veranlagten Ehepaares X wurden nach einer Betriebsprüfung des Gewerbebetriebs der Ehefrau gem. § 164 (2) AO geändert. Aufgrund der Ergebnisse der Betriebsprüfung haben sich zum vorherigen Bescheid nur die Einkünfte aus Gewerbebetrieb der Ehefrau (und die Ermäßigung für Einkünfte aus Gewerbebetrieb ) erhöht.
Es kommt zu einer Nachzahlung. Nun soll ein Antrag auf Aufteilung der Steuer gestellt werden. Entfällt die aus der Nachforderung herrührende rückständige Steuer, dadurch dass sich nur die Einkünfte der Ehefrau erhöht haben, komplett auf die Ehefrau? Oder wie ist der Aufteilungsmaßstab zu berechnen? Wie wird die bereits gezahlte Steuer aufgeteilt?
Antwort auf den Beispielfall
Ehegatten schulden die im Wege der Zusammenveranlagung gegen sie festgesetzte Einkommensteuer als Gesamtschuldner nach Maßgabe des § 44 I AO. Es ist im vorliegenden Fall davon auszugehen, dass die Voraussetzungen einer Zusammenveranlagung vorliegen und die Vorauszahlungsbescheide auf Grundlage der Zusammenveranlagung erlassen wurden.
Eine Gesamtschuldnerschaft liegt vor, wenn mehrere eine Leistung in der Weise schulden, dass jeder die gesamte Leistung zu bewirken hat, der Gläubiger der Schuld aber nur berechtigt ist, die Leistung einmal zu fordern.
Für die Vorauszahlungen, die im vorliegenden Fall geleistet wurden, gilt jedoch, dass jeder Ehegatte grundsätzlich Anspruch auf die Hälfte der Vorauszahlung hat, es sein denn, die Erstattung beruht auf durch Lohnsteuereinbehalt vorausgezahlter Einkommensteuer (BFH – Urteil vom 18.09.1990 – VII R 99/89).
Jedoch sind Vorauszahlungen eines Ehegatten aufgrund eines an beide Ehegatten gerichteten Vorauszahlungsbescheides auf die zu erwartenden Steuerschulden beider Ehegatten angedient. Sie sind deshalb zunächst auf die festgesetzten Steuern beider Ehegatten anzurechnen (BFH – Urteil vom 22.03.2011 VII R 42/10).
Ein verbleibender Rest ist nach Kopfteilen an die Ehegatten auszukehren. Die Vorauszahlungen sind vorrangig mit den festgesetzten Einkommensteuerschulden zu verrechnen, auch wenn diese in getrennten Veranlagungsverfahren oder in einem Aufteilungsbescheid ermittelt werden, wenn das Finanzamt von einer intakten Ehe ausgehen konnte.
Ist eine Steuerfestsetzung aufgrund einer Änderung nach den §§ 172 ff. AO oder einer Berichtigung nach § 129 AO zu korrigieren und ergibt sich hieraus eine Steuernachzahlung, ist, wenn der Gesamtschuldner einen erstmaligen oder einen erneuten Antrag auf Aufteilung stellt, die aus der Nachforderung herrührende rückständige Steuer im Verhältnis der Mehrbeträge aufzuteilen, welches sich bei einem Vergleich der geänderten/berichtigten getrennten Veranlagungen mit den früheren getrennten Veranlagungen ergibt.
Dies ergibt sich aus § 273 AO. Die Einbeziehung bereits geleisteter oder erstatteter Steuerabzugsbeträge in diese Verhältnisrechnung sieht das Gesetz nicht vor. Danach sind zunächst zwei fiktive getrennte Veranlagungen durchzuführen hinsichtlich
- der ursprünglichen Steuerfestsetzung und
- der geänderten Festsetzung.
Sodann ist für jeden Gesamtschuldner die Differenz aus den beiden vorangegangenen Berechnungen zu ermitteln. In einem weiteren Schritt ist das Verhältnis der Differenzbeträge zu ermitteln, das den Aufteilungsmaßstab für die Steuernachforderung darstellt.
Darstellung des Beispiels aus Lutz in: juris Lexikon Steuerrecht, Aufteilungsbescheid nach §§ 268 ff. AO, Rz. 50:
| Zusammenveranlagung | Ehemann | Ehefrau | |
Ursprüngliche ESt | 20.000 € | 16.500 € | 4.000 € | |
Geänderte ESt | 26.000 € | 21.000 € | 5.200 € | |
Nachforderung | 6.000 € | 4.500 € | 1.200 € | |
Verhältnisrechnung: | ||||
Ehemann | 4.500 € x 6.000 € |
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Ehefrau | 1.200 € x 6.000 € |
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| Summe | = 6.000,00 € | ||
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