Steuerschulden: Voraussetzungen eines Aufteilungsbescheids

Wann kann nach einer Zusammenveranlagung beim Finanzamt ein Aufteilungsbescheid beantragt werden? Mit einem Aufteilungsbescheid kann die Aufrechnung mit Steuerschulden des anderen Steuerpflichtigen verhindert werden. Der BFH hat die Voraussetzungen näher bestimmt und entschieden, dass der Erlass eines Aufteilungsbescheids unabhängig von einer drohenden Zwangsvollstreckung verlangt werden kann.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einer aktuellen Entscheidung dazu Stellung genommen, ob ein Aufteilungsbescheid auch ohne drohende Zwangsvollstreckung seitens des Finanzamts (FA) verlangt werden kann, bzw. ob der Erlass eines solchen Steuerbescheids zulässig ist.

Die klagenden Eheleute erzielten jeweils Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Auf Antrag der Ehefrau wurde zunächst eine getrennte Veranlagung durchgeführt. Für den Ehemann ergaben sich Nachzahlungsbeträge, die nicht durch Vollstreckung beigetrieben werden konnten. Später wurde aufgrund eines familienrechtlichen Urteils die Zusammenveranlagung vorgenommen.

Nach Erlass des geänderten Einkommensteuerbescheids beantragte die Ehefrau, die eine Erstattung von Steuern begehrte, den entsprechenden Einkommensteuerbescheid aufzuteilen. Anschließend erfolgte eine „Aufrechnung“ des FA gegenüber dem Ehemann, wodurch dessen Rückstände vollständig getilgt wurden. Gleichzeitig lehnte das FA den Aufteilungsantrag der Ehefrau ab. Das Finanzgericht (FG) folgte der Ehefrau und verpflichtete das FA, die Einkommensteuer für die Streitjahre aufzuteilen.

Voraussetzungen eines Aufteilungsbescheids

Nach § 268 AO können Personen, die zusammen zu einer Einkommensteuer veranlagt worden und deshalb Gesamtschuldner sind, beantragen, dass die Vollstreckung jeweils auf den Betrag beschränkt wird, der sich bei einer Aufteilung der Steuern ergibt. Aus § 276 Abs. 1 AO folgt, dass der Aufteilungsantrag schon vor Einleitung der Vollstreckung zulässig ist.

Der Antragsteller muss lediglich die Bekanntgabe des Leistungsgebots, also des Steuerbescheids, abwarten. Die Antragstellung vor oder nach Einleitung der Vollstreckung – dieser Zeitpunkt wird mit der Ausfertigung der Rückstandsanzeige bestimmt – hat nur Bedeutung für den Umfang der aufzuteilenden Steuer. Dabei sind Steuerabzugsbeträge und getrennt festgesetzte Vorauszahlungen in die Aufteilung einzubeziehen, unabhängig davon, ob sie vor oder nach Antragstellung entrichtet worden sind.

Rechtsfolgen eines Aufteilungsbescheids

Die Aufteilung der Gesamtschuld führt zu einer Vollstreckungsbeschränkung. Ehegatten sollen nicht dadurch benachteiligt werden, dass jeder für die Schulden des anderen aufkommen muss. Dabei ist eine Aufteilung nicht stets vorzunehmen, sondern nur dann, wenn der Ehegatte durch Antrag die Aufteilung der rückständigen Schuld herbeiführt, falls gegen ihn Zwangsvollstreckungsmaßnahmen eingeleitet werden.

Die Aufteilung führt nicht nur zu einer Vollstreckungsbeschränkung, sondern schließt jegliche Verwirklichung der Gesamtschuld über den Aufteilungsbetrag, der auf den jeweiligen Ehegatten entfällt, hinaus aus. Daraus folgt, dass jeder Ehegatte – unabhängig davon, ob die Zwangsvollstreckung wegen der Gesamtschuld eingeleitet ist oder droht – befugt sein muss, deren Aufteilung zu beantragen, um u.a. auch eine Aufrechnung des FA mit der Gesamtschuld ihm gegenüber auf den auf ihn entfallenden Aufteilungsbetrag zu beschränken.

Entsprechend schließt § 279 Abs. 1 Satz 1 AO eine Entscheidung über den Antrag auf Beschränkung der Vollstreckung vor deren Einleitung im Fall eines berechtigten Interesses nicht aus, sondern gibt an, wann ein Aufteilungsbescheid zu erlassen ist, also nach Einleitung der Vollstreckung durch Ausfertigung der Rückstandsanzeige.

Zwar regelt § 279 Abs. 1 Satz 2 AO, dass eine Entscheidung „nicht erforderlich" ist, wenn keine Vollstreckungsmaßnahmen ergriffen oder bereits ergriffene wieder aufgehoben werden. Aber auch diese Vorschrift ist nach Ansicht des BFH dahin auszulegen, dass ein Aufteilungsbescheid zwischen Erlass des Leistungsgebots und vollständiger Tilgung der Steuerschuld regelmäßig zu ergehen hat, wenn der Antragsteller ein berechtigtes Interesse an einer Aufteilung hat.

Das ist nicht nur der Fall, wenn ihm die Vollstreckung droht oder er eine Aufrechnung verhindern will, sondern auch, wenn er die Anrechnung von Zahlungen und damit eine Erstattung erreichen will.

Aufteilung der streitigen Einkommensteuerbescheide

Vor diesem Hintergrund war das FA verpflichtet, die von den Ehegatten für die Streitjahre gemeinsam geschuldete Einkommensteuer aufzuteilen. Die Ehefrau, die eine Erstattung von Steuerabzugsbeträgen erreichen wollte, stellte nach Bekanntgabe des Leistungsgebots und vor vollständiger Tilgung der Steuerschulden einen auch schon zu diesem Zeitpunkt zulässigen Antrag auf Erlass eines Aufteilungsbescheids. Durch eine anschließende Auf- oder Verrechnung wurde der Antrag nicht unzulässig.

Praxishinweis

Ein Aufteilungsbescheid kann unabhängig von einer drohenden Zwangsvollstreckung beantragt werden. Eine Aufrechnung des FA ist dann mit Steuerschulden des anderen Steuerpflichtigen ausgeschlossen. Damit können Steuerpflichtige künftig unabhängig von einer drohenden Zwangsvollstreckung seitens des FA dessen Aufrechnung verhindern. Steuerpflichtige und deren Berater sollten also künftig vermehrt über den Antrag auf Erlass eines Aufteilungsbescheids nachdenken, um Aufrechnungen seitens des FA zu vermeiden.

BFH, Urt. v. 02.10.2018 - VII R 17/17

Quelle: RA und StB Axel Scholz, FA für Steuerrecht und FA für Handels- und Gesellschaftsrecht

 

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