Die weitere Lagerung von im Rahmen einer Fruchtbarkeitsbehandlung eingefrorenen Eizellen durch einen Arzt gegen ein vom Patienten gezahltes Entgelt ist umsatzsteuerfrei, wenn damit ein therapeutischer Zweck verfolgt wird, wozu etwa die Herbeiführung einer weiteren Schwangerschaft bei einer andauernden organisch bedingten Sterilität gehört.
Auf die ausdrückliche Äußerung eines entsprechenden (weiteren) Kinderwunsches kommt es nicht an.
Ausgangspunkt der Klage
- Die Klägerin ist eine GbR, die in den Streitjahren eine Arztpraxis für Reproduktionsmedizin betrieb. Dabei wurden befruchtete Eizellen kryokonserviert und für Patienten mit der Diagnose „Unfruchtbarkeit“ (organisch bedingte Sterilität) gelagert.
- Vertraglich geregelt ist dabei eine Einfrierung und Lagerung der Eizellen für einen Zeitraum von zwei Jahren (erstmalige Konservierung). Danach kann das Vertragsverhältnis jährlich um ein Jahr gegen ein bestimmtes Entgelt verlängert werden.
Streitpunkt der Klage ist die steuerliche Behandlung der Umsätze: Während die Ersteinfrierung und –lagerung noch steuerfrei nach § 4 Nr. 14 UStG behandelt werden kann, ist die steuerfreie Behandlung der Folgeumsätze fraglich. Die Klägerin wies die Folgebeträge auch weiterhin als steuerfrei aus, während das zuständige Finanzamt diese Auffassung nur hinsichtlich der erstmaligen Einfrierung und Lagerung zulässt. Alle Folgeumsätze wurden als steuerpflichtig behandelt.
Das FG gab der Klage statt – die Revision vor dem BFH hatte keinen Erfolg.
Begründung des Urteils
Zu Recht geht das FG davon aus, dass auch die Folgeumsätze der Vertragsverlängerung als steuerfrei zu behandeln sind:
- Gemäß § 4 Nr. 14 S. 1 UStG sind Umsätze aus der Tätigkeit als Arzt, Zahnarzt, Heilpraktiker, […] umsatzsteuerfrei, sofern sie aus einer Leistung erfolgen, die therapeutisch zweckbestimmt ist (die Behandlung einer Diagnose verfolgen). Das liegt hier vor.
- Daher liegt auch bei der weiteren Lagerung der befruchteten Eizellen eine therapeutische Zweckbestimmtheit vor. Umsätze aus einer Vertragsverlängerung sind daher auch steuerfrei zu behandeln.
Beachte: Auf einen ausdrücklichen Kinderwunsch kommt es bei der Beurteilung der Steuerfreiheit nicht an.
Anm. der Redaktion
Die Steuerbefreiung umfassen keine Tätigkeiten, die kein therapeutisches Ziel verfolgen: Hierunter fallen u. a. die Entnahme, Lagerung und der Einsatz als Heilmittel von Stammzellen oder die Entnahme und Lagerung von Spermien und Eizellen ohne medizinischen Grund.
Hier finden Sie das Urteil des BFH XI R 23/13 im Volltext und als Quelle.
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