Welche Folgen hat eine Dauerfristverlängerung bei der Umsatzsteuervorauszahlung für den Abzug von Betriebsausgaben? Was gilt für freiwillige Vorauszahlungen, die innerhalb des Zehntagezeitraums erfolgen, aber erst danach fällig werden? Nach dem BFH ist in diesem Fall die Vorauszahlung bei einer Einnahmenüberschussrechnung erst im Jahr des Abflusses als Betriebsausgabe zu berücksichtigen.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 13.12.2022 (VIII R 1/20) entschieden, dass freiwillige Umsatzsteuervorauszahlungen, die zwar innerhalb des Zehntagezeitraums gem. § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG gezahlt, aber aufgrund einer Dauerfristverlängerung erst im Anschluss fällig werden, auch erst im Zeitpunkt des Abflusses als Betriebsausgaben zu berücksichtigen sind.
Sachlage im Streitfall
Der Kläger erzielt als Steuerberater Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit. Er leistete die Umsatzsteuervorauszahlungen für den Voranmeldungszeitraum 2015 am 06.01.2016. Aufgrund einer erteilten Dauerfristverlängerung waren diese Zahlungen jedoch erst am 10.02.2016 fällig.
Die Zahlungen machte er dann als Betriebsausgaben im Veranlagungszeitraum 2015 geltend. Das Finanzamt (FA) erließ den Einkommensteuerbescheid 2015 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.
Die Umsatzsteuervorauszahlungen wurden dabei nicht als Betriebsausgaben angesetzt, und der Gewinn aus der selbständigen Tätigkeit wurde entsprechend erhöht.
Der gegen den Bescheid gerichtete Einspruch blieb im Hinblick auf den Ansatz der Umsatzsteuervorauszahlungen ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) gab der anschließend erhobenen Klage statt. Der BFH aber sah die gegen das Urteil des FG eingelegte Revision als begründet an.
Berücksichtigung von Umsatzsteuervorauszahlungen
Bei einer Gewinnermittlung im Rahmen des § 4 Abs. 3 EStG gilt das Zu- und Abflussprinzip gem. § 11 EStG. Dementsprechend sind Ausgaben grundsätzlich in dem Jahr als Betriebsausgabe anzusetzen, in dem diese auch geleistet worden sind.
Maßgeblich ist, wann der Steuerpflichtige nach dem Gesamtbild der Verhältnisse die wirtschaftliche Verfügungsmacht über die hingegebenen Mittel verliert. Etwas anderes gilt für regelmäßig wiederkehrende Ausgaben.
Diese Ausgaben können gem. § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG nur dann als Ausgaben dieses Kalenderjahres angesehen werden, wenn sie innerhalb der kurzen Zeit (des Zehntagezeitraums) nach dem Ende dieses Kalenderjahres fällig geworden sind.
Anwendung der Grundsätze auf den Streitfall
Nach Auffassung des BFH ist der Ausnahmetatbestand von § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG eng auszulegen.
Die Voraussetzungen sind demnach dann nicht erfüllt, wenn die Umsatzsteuervorauszahlung für den Voranmeldungszeitraum Dezember zwar innerhalb des Zehntagezeitraums des Folgejahres geleistet wird, die Fälligkeit aufgrund einer Dauerfristverlängerung jedoch erst nach Ablauf dieses Zehntagezeitraums liegt.
Würde man auf eine derart strikte Auslegung der Norm verzichten, so könnte die Zuordnung der Zahlungen allein durch eine freiwillige Zahlung vor Fälligkeit innerhalb des Zehntagezeitraums beeinflusst werden.
Dies würde jedoch nach Ansicht des BFH nicht einfach nur Zufälligkeiten vermeiden, die bei der Zuordnung regelmäßig wiederkehrender Ausgaben auftreten können, sondern auch dem Normzweck zuwiderlaufende Gestaltungsmöglichkeiten eröffnen.
Praxishinweis: Die Regelung des § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG ist also nur unter engen Voraussetzungen anzuwenden. Steuerpflichtige und Steuerberater sollten bei der Erstellung der Jahresabschlüsse genau auf die Bestimmung des maßgeblichen Zeitraums achten.
Wird die Ausgabe im falschen Veranlagungszeitraum berücksichtigt, besteht die Möglichkeit, dass bei einer Überprüfung durch das FA die Ausgabe nicht mehr anerkannt wird. Sollte der korrekte Veranlagungszeitraum „nicht mehr offen sein“ kann ggf. die Berücksichtigung nur noch über § 174 AO erfolgen.
BFH, Urt. v. 13.12.2022 - VIII R 1/20
Christian Kappelmann, StB, M.A., Dipl.-Finw. (FH)