Dienstleistungen von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben können nach § 24 UStG der Besteuerung nach Durchschnittssätzen unterliegen. Der BFH hat die Regeln für den Vorsteuerabzug geklärt, wenn von der Durchschnittssatz- zur Regelbesteuerung gewechselt wird. Demnach ist bei einem solchen Wechsel, der zwischen Leistungsbezug und Verwendungsumsatz erfolgt, der Vorsteuerabzug zu berichtigen.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit der Entscheidung vom 12.07.2023 (XI R 14/22) seine Grundsätze zur Berechtigung zum Vorsteuerabzug beim Wechsel von der Durchschnittssatz- zur Regelbesteuerung konkretisiert.
Sachverhalt im Besprechungsfall
Die klagende GbR betreibt einen landwirtschaftlichen Betrieb und versteuerte ihre Umsätze bis zum Ende des Streitjahrs nach Durchschnittssätzen.
Nachdem sie wegen des Überschreitens der Grenze von 600.000 € zur Regelbesteuerung im Jahr nach dem Streitjahr übergehen musste, machte sie im Streitjahr in einer ihrer Umsatzsteuervoranmeldungen Vorsteuer aus Rechnungen geltend, deren Aufwendungen zwar im Streitjahr entstanden sind, jedoch für Umsätze im Folgejahr verwendet werden sollten.
Das Finanzamt (FA) lehnte dies ab. Während das Finanzgericht (FG) der Klage stattgab, sah der BFH die Revision des FA als begründet an und hob das Urteil des FG auf.
Entscheidung im Besprechungsfall
Einleitend stellt der BFH fest, dass im Streitjahr 2021 bei der GbR die Voraussetzungen der Durchschnittssatzbesteuerung vorlagen, so dass grundsätzlich kein Vorsteuerabzug möglich ist, der über den gesetzlich festgelegten Steuersatz von 10,7 % hinausgeht.
Die mögliche Option, statt des pauschalen Vorsteuerabzugs die tatsächlichen Vorsteuern geltend zu machen, hatte die GbR nicht ausgeübt.
Die gesetzliche Einführung der Gesamtumsatzgrenze von 600.000 €, die auf Umsätze anzuwenden ist, die nach dem 31.12.2021 bewirkt werden, führt nach Ansicht des BFH auch im Streitjahr zu keiner anderen Beurteilung.
Kommt es zwischen Leistungsbezug und Verwendungsumsatz zu einem Übergang von der Durchschnittssatzbesteuerung zur Regelbesteuerung, bestimmt das Gesetz in § 15a Abs. 7 zweiter Halbsatz UStG, wie der Vorsteuerabzug berichtigt werden kann, um Inkongruenzen auszugleichen.
Der (weitere) Vorsteuerabzug ist zunächst gesetzlich ausgeschlossen und erst nach dem Wechsel zur allgemeinen Besteuerung gegeben. Insoweit verweist der BFH auf die Grundsätze, die beim Kleinunternehmer gelten, der auch erst nach dem Wechsel zur Besteuerung zum Vorsteuerabzug berechtigt ist.
Der Landwirt, der von der Durchschnittssatzbesteuerung zur Regelbesteuerung wechselt - gleichgültig, ob freiwillig oder aus den gesetzlich vorgesehenen Gründen -, ist wie der Kleinunternehmer zu behandeln. Bis zum Wechsel fehlt die Berechtigung zum weitergehenden Vorsteuerabzug.
Der BFH stellt in diesem Zusammenhang klar, dass der Gesetzgeber diese Thematik dadurch gelöst hat, dass es zu einer gesetzlich angeordneten Änderung der Verhältnisse kommt, wenn die Besteuerungsform gewechselt wird, und zwar von der Durchschnittsatzbesteuerung zur Regelbesteuerung, aber auch umgekehrt. Der Vorsteuerabzug ist dann nach § 15a UStG zu berichtigen.
Dieses Ergebnis steht nach Ansicht des BFH im Einklang mit den Regelungen des Unionsrechts und entspricht auch den formellen Anforderungen, die mit dem Wechsel zur Regelbesteuerung einhergehen.
So setzt z.B. erst mit dem Übergang zur Regelbesteuerung die Aufzeichnungspflicht für den Land- und Forstwirt ein, während davor der land- und forstwirtschaftliche Betrieb (auch) von ihr befreit ist.
Die gegenteilige Ansicht würde für den BFH zu erheblichen Nachweisproblemen führen. Aus diesen Gründen versagte der BFH den begehrten Vorsteuerabzug.
Praxishinweis: Der BFH hat nun Folgendes klargestellt: Bezieht ein Unternehmer (hier eine GbR), dessen landwirtschaftliche Tätigkeit bei Leistungsbezug der Durchschnittssatzbesteuerung unterliegt, für diese landwirtschaftliche Tätigkeit eine Eingangsleistung, ist der Vorsteuerabzug auch dann gesetzlich ausgeschlossen, wenn die Eingangsleistung für Umsätze im Folgejahr verwendet wird, in dem diese Tätigkeit kraft Gesetzes der Regelbesteuerung unterliegt.
Wechselt der Steuerpflichtige zwischen Leistungsbezug und Verwendungsumsatz freiwillig oder kraft Gesetzes von der Durchschnittssatzbesteuerung zur Regelbesteuerung, ist der Vorsteuerabzug unter den Voraussetzungen der § 15a Abs. 7 UStG zu berichtigen.
BFH, Urt. v. 12.07.2023 - XI R 14/22
Axel Scholz, RA und StB, FA für Steuerrecht