Spätestens seit einer Entscheidung des EuGH aus dem Jahr 2019 stellte sich bei Umsätzen mit Tankkarten stets die Frage, ob zwischen den Vertragsparteien nur eine (steuerfreie) Finanzierungsvereinbarung getroffen wurde oder ob nicht doch eine als Reihengeschäft anzusehende Lieferung von Kraftstoff erfolgte.
Mit Schreiben vom 21.01.2025 (Az. III C 2 - S 7116/00010/005/168) hat das BMF die vom EuGH aufgestellten Grundsätze nun übernommen und sorgt damit für Rechtssicherheit; Abschn. 1.1 Abs. 5 UStAE wurde entsprechend neu gefasst.
Die Grundsätze des BMF-Schreibens vom 15.04.2004 (Az. IV B 7 - S 7100 - 125/04) gelten allerdings fort. Hier hatte sich das BMF auf Grundlage des EuGH-Urteils in der Rechtssache Auto Lease Holland zur Abgrenzung von Finanzdienstleistung und Reihengeschäft geäußert.
Das Urteil in der Rechtssache Auto Lease Holland
Im Ausgangsfall der „initialen“ Entscheidung des EuGH (Urt. v. 06.02.2003 - C-185/01, Auto Lease Holland) hatte ein Leasingnehmer das Recht, im Namen und für Rechnung des Leasinggebers Kraftstoff zu tanken.
Hierzu überließ der Leasinggeber dem Leasingnehmer eine Tankkreditkarte, deren monatlicher Saldo über den Leasinggeber abgerechnet wurde. Gleichzeitig zahlte der Leasingnehmer dem Leasinggeber eine monatliche Pauschale über die voraussichtlich anfallenden Kraftstoffkosten. Am Jahresende wurde nach tatsächlichem Verbrauch abgerechnet.
Der EuGH lehnte eine Lieferung von Kraftstoff an den Leasinggeber und von ihm an den Leasingnehmer ab. Der Leasinggeber habe zu keiner Zeit die Verfügungsgewalt über den Kraftstoff erlangt, so dass eine Leistungsbeziehung nur zwischen dem Leasingnehmer und der Mineralölgesellschaft bestanden habe.
Zwischen Leasinggeber und Leasingnehmer liege hingegen eine steuerfreie Finanzdienstleistung vor. Der Leasinggeber habe dabei als Kreditgeber fungiert.
Das Urteil in der Rechtssache Vega International
Die dem nun veröffentlichten BMF-Schreiben zugrundeliegende neuere Entscheidung des EuGH stammt aus dem Jahr 2019 (Urt. v. 15.05.2019 - C-235/18, Vega International Car Transport and Logistic). Im Ausgangsfall hatte die Muttergesellschaft den Mitarbeitern ihrer Tochtergesellschaft Tankkarten zur Verfügung gestellt.
Aufgabe der Beschäftigten war, Fahrzeuge vom Werk des Tochterunternehmens zu den jeweiligen Kunden, die die Fahrzeuge erworben hatten, zu überführen. Die auf der Karte „aufgelaufenen“ Kosten stellte die Muttergesellschaft anschließend der Tochtergesellschaft in Rechnung.
Die Beteiligten gingen auch hier davon aus, dass eine Kraftstofflieferung von der Mutter- an die Tochtergesellschaft vorgelegen habe.
Der EuGH sah das anders. Nach seiner Auffassung lag zu keinem Zeitpunkt eine Lieferkette vor. Vielmehr habe die Muttergesellschaft ihren Tochterunternehmen Kredite in Form der Tankkarten gewährt und damit eine steuerfreie Finanzdienstleistung verwirklicht.
Die Muttergesellschaft habe zu keinem Zeitpunkt die Verfügungsmacht über den bezogenen Kraftstoff erhalten.
So behandeln Sie Tankkarten umsatzsteuerlich rechtssicher
Aus den genannten Urteilen folgt, was auch das BMF mit dem jetzt veröffentlichten Schreiben im UStAE klarstellt:
- Ein Reihengeschäft zwischen Mineralölgesellschaft, Aussteller der Tankkarte und „Tankendem“ liegt nur in wenigen Ausnahmefällen vor. Konkret ist dies der Fall, wenn das Fahrzeug erkennbar im Namen und auf Rechnung des Ausstellers der Karte betankt wird. Die Parteien müssen das Entgelt für den Vorgang auf jeder Stufe der Lieferung gesondert vereinbaren; jede Partei muss das Risiko des Zahlungsausfalls selbst tragen.
- Fehlt es an einer dieser Voraussetzungen, liegt eine steuerfreie Kreditgewährung des Ausstellers der Tankkarte an den Tankenden vor. Umsatzsteuer entsteht nur im Verhältnis zwischen der Mineralölgesellschaft und der Person, die schließlich den Kraftstoff bezieht.
Nico Flegel, Dipl.-Finw
Dieser Beitrag ist ursprünglich erschienen im Deubner Kanzleitrainer, Ausgabe 04/2025 - Tipp: Jetzt hier klicken und den Kanzleitrainer kostenlos testen!