Wann entsteht die Umsatzsteuer bei Ratenzahlung? Hierauf ist der EuGH eingegangen. Demnach entsteht die Umsatzsteuer bei einer vereinbarten Ratenzahlung eines Honorars für eine einmalige Vermittlungsleistung nicht erst anteilig zum Zeitpunkt der jeweiligen Ratenzahlung. Außerdem ergibt sich aus der Nichtbezahlung eines Teilbetrags vor seiner Fälligkeit keine Verminderung der Bemessungsgrundlage.
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in seinem aktuellen Urteil vom 28.10.2021 (C-324/20) dazu Stellung genommen, zu welchem Zeitpunkt Umsatzsteuer bei Teilzahlungen zu entrichten ist.
Sachverhalt im Besprechungsfall
Die X erbrachte eine Vermittlungsleistung an die T-GmbH zum Zweck des Verkaufs eines Grundstücks durch diese an einen Dritten. Aus der zwischen X und T geschlossenen Honorarvereinbarung geht hervor, dass X zu diesem Zeitpunkt ihre vertraglichen Verpflichtungen bereits erfüllt hatte.
Für die Vergütung der fraglichen Dienstleistungen setzte diese Vereinbarung einen Betrag von 1 Mio. € zuzüglich Mehrwertsteuer fest und stellte klar, dass dieser Betrag in Teilbeträgen von 200.000 € zuzüglich Mehrwertsteuer zu zahlen sei. Die Beträge waren in einem Abstand von jeweils einem Jahr fällig, und der erste Teilbetrag war am 30.06. des Folgejahres zu zahlen.
Zum jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt erstellte X eine Rechnung über den geschuldeten Betrag, vereinnahmte ihn und entrichtete die entsprechende Mehrwertsteuer. Das Finanzamt ging hingegen davon aus, dass X Mehrwertsteuer auf das gesamte Honorar im Jahr der Dienstleistung hätte entrichten müssen.
Der nach erfolgreicher Klage angerufene Bundesfinanzhof (BFH) rief den EuGH in einem Vorabentscheidungsverfahren an.
Zeitpunkt der Steuerabführung
Der Steueranspruch entsteht zu dem Zeitpunkt, in dem die Lieferung von Gegenständen bewirkt oder die Dienstleistung erbracht wird, also zum Zeitpunkt der Ausführung des betreffenden Umsatzes, unabhängig davon, ob die für diesen Umsatz geschuldete Gegenleistung bereits entrichtet worden ist.
Daher schuldet der Lieferer eines Gegenstands oder der Dienstleistungserbringer dem Fiskus die Mehrwertsteuer, selbst wenn er von seinem Kunden noch keine Zahlung für den bewirkten Umsatz erhalten hat.
Denn Art. 64 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112/EG ist für den EuGH dahin gehend auszulegen, dass eine in Raten vergütete einmalige Dienstleistung nicht in den Anwendungsbereich dieser Bestimmung fällt.
Auswirkung einer Ratenzahlung
Art. 90 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112/EG sieht vor, dass die Steuerbemessungsgrundlage im Fall der Annullierung, der Rückgängigmachung, der Auflösung, der vollständigen oder teilweisen Nichtbezahlung oder des Preisnachlasses nach der Bewirkung des Umsatzes vermindert wird.
Diese Bestimmung verpflichtet die Mitgliedstaaten, die Steuerbemessungsgrundlage und mithin den Betrag der vom Steuerpflichtigen geschuldeten Mehrwertsteuer immer dann zu vermindern, wenn der Steuerpflichtige nach der Bewirkung eines Umsatzes die gesamte Gegenleistung oder einen Teil davon nicht erhält.
Was die teilweise oder vollständige Nichtbezahlung der Gegenleistung betrifft, kann diese im Gegensatz zur Auflösung oder Annullierung des Vertrags die Parteien nicht in die Lage versetzen, in der sie sich vor Vertragsschluss befunden haben.
Bleibt die Bezahlung aus, ohne dass es zu einer Auflösung oder Annullierung des Vertrags gekommen ist, so schuldet der Käufer des Gegenstands oder der Empfänger der Leistung weiterhin den vereinbarten Preis, und dem Verkäufer des Gegenstands oder dem Dienstleistungserbringer steht grundsätzlich immer noch seine Forderung zu, die er vor Gericht geltend machen kann.
Es kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass eine solche Forderung tatsächlich endgültig uneinbringlich wird, da die Nichtbezahlung sich dadurch auszeichnet, dass es ungewiss ist, ob sie ihrer Art nach von Dauer oder vorübergehend sein wird.
Somit betrifft die Nichtbezahlung der Gegenleistung nur die Fälle, in denen der Empfänger einer Lieferung von Gegenständen oder der Dienstleistungsempfänger eine Forderung nicht oder nur teilweise erfüllt, die nach dem mit dem Lieferanten oder dem Dienstleistungserbringer geschlossenen Vertrag gegen ihn besteht.
Erfasst wird also nicht die ratenweise Zahlung der für eine Dienstleistung geschuldeten Vergütung gemäß dem von den Parteien geschlossenen Vertrag. Zum einen ändert diese Zahlungsmodalität nämlich nicht die Höhe der Vergütung, die der Steuerpflichtige erhalten soll oder die er tatsächlich einfordern kann.
Zum anderen kann, da eine Honorarrate vor ihrem Zahlungstermin nicht fällig ist, eine solche Situation nicht einer Situation gleichgesetzt werden, in der der Leistungsempfänger die gegen ihn bestehende Forderung nur teilweise erfüllt.
Praxishinweis: Der EuGH hat festgestellt, dass Art. 64 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112/EG dahin auszulegen ist, dass eine in Raten vergütete einmalige Dienstleistung nicht in den Anwendungsbereich dieser Bestimmung fällt.
Zudem ist Art. 90 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112/EG dahin gehend auszulegen, dass bei Vorliegen einer Ratenzahlungsvereinbarung die Nichtbezahlung eines Teilbetrags der Vergütung vor seiner Fälligkeit nicht als Nichtbezahlung des Preises im Sinne dieser Bestimmung eingestuft werden kann und deshalb nicht zu einer Verminderung der Steuerbemessungsgrundlage führen kann.
Es bleibt abzuwarten, wie der BFH diese Entscheidung des EuGH in nationales Recht umsetzt.
EuGH, Urt. v. 28.10.2021 - C-324/20
Quelle: Axel Scholz, RA und StB, FA für Steuerrecht