Wann greift die Umsatzbesteuerung nach vereinnahmten Entgelten? Kommt es auf den Wertstellungstag oder die tatsächliche Verbuchung auf dem Konto des Unternehmers an? Nach dem BFH liegt bei Überweisungen eine Vereinnahmung des Entgelts auch dann erst zum Zeitpunkt der Gutschrift auf dem Girokonto vor, wenn die Wertstellung („Valutierung“) bereits zu einem früheren Zeitpunkt wirksam wird.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit seiner Entscheidung vom 17.08.2023 (V R 12/22) seine Grundsätze für den Zeitpunkt der Vereinnahmung bei Gutschriften auf dem Girokonto weiter konkretisiert.
Sachverhalt im Besprechungsfall
Bei Unternehmer K, der die Berechnung der Umsatzsteuer nach vereinnahmten Entgelten vornahm, fand eine Umsatzsteuersonderprüfung statt.
Dabei wurde streitig, ob ein Betrag, der erst Anfang Januar des Folgejahrs auf dem Girokonto des K gebucht wurde, bereits aufgrund einer rückwirkenden Wertstellung zum 31.12. des Streitjahrs i.S.d. § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b UStG vereinnahmt worden ist.
Das Finanzgericht (FG) gab der von K erhobenen Klage statt. Auch der BFH teilte die Auffassung des FG.
Grundsätze und die Entscheidung im Besprechungsfall
Die Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen entsteht bei der Berechnung nach vereinnahmten Entgelten mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Entgelte vereinnahmt worden sind.
Die Vereinnahmung erfordert, dass der Unternehmer über die Gegenleistung für seine Leistung wirtschaftlich verfügen kann. Bei Überweisungen kommt es daher zur Vereinnahmung im Zeitpunkt der Gutschrift auf dem Girokonto des Zahlungsempfängers.
Für das Vorliegen der Gutschrift ist es unerheblich, ob die Wertstellung (Valutierung) bereits zu einem früheren Zeitpunkt wirksam wird. Bei Überweisungen auf ein Girokonto ist zwischen dem Anspruch auf Gutschrift, dem Anspruch auf Valutierung und dem Anspruch aus der Gutschrift zu unterscheiden.
Die Valutierung gibt dabei den Zeitpunkt an, zu dem der gebuchte Betrag zinswirksam wird. Sie ist eine von der Gutschrift unabhängige Buchung.
Erfolgt die Wertstellung vor dem Tag der Buchung der Gutschrift, steht der Betrag dem Kontoinhaber gleichwohl erst mit der Buchung der Gutschrift zur Verfügung, da er erst ab diesem Zeitpunkt über den Betrag verfügen kann. Die zeitlich mit Rückwirkung vorgenommene Valutierung ist für die Vereinnahmung i.S.v. § 13 UStG unbeachtlich.
Denn maßgeblich ist, dass über die Gegenleistung (als den zu vereinnahmenden Betrag) wirtschaftlich verfügt werden kann. Dies erfordert die Verfügungsmöglichkeit über den gutgeschriebenen Betrag und nicht nur eine auf die Zinswirksamkeit bezogene Wertstellung.
Vor diesem Hintergrund hat der BFH die Vereinnahmung des erst am 02.01. gutgeschriebenen, aber bereits zum 31.12. des Streitjahrs valutierten Entgelts im Streitjahr verneint. Für den BFH ist der Zeitpunkt maßgebend, zu dem der überwiesene Betrag für den Leistungsempfänger auf seinem Konto faktisch verfügbar ist.
Praxishinweis: Der BFH hat mit dieser Entscheidung den Zeitpunkt der Vereinnahmung bei der Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten dahingehend konkretisiert, dass bei Überweisungen eine Vereinnahmung des Entgelts i.S.v. § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b UStG auch dann erst im Zeitpunkt der Gutschrift auf dem Girokonto des Zahlungsempfängers vorliegt, wenn die Valutierung bereits zu einem früheren Zeitpunkt wirksam wird.
Diese Frage dürfte sich bei der Besteuerung nach vereinbarten Entgelten nicht stellen, weil es dabei nicht auf den tatsächlichen Zahlungszeitpunkt ankommt, sondern auf den vereinbarten Zahlungszeitpunkt, der jedoch unabhängig von der Wertstellung zu bestimmen ist.
BFH, Urt. v. 17.08.2023 - V R 12/22
Axel Scholz, RA und StB, FA für Steuerrecht