Wann gilt der begünstigte Umsatzsteuersatz bei Abgabe von Speisen? Der BFH hat für eine Betriebskantine entschieden: Ein Unternehmer, der portionierte Mahlzeiten auf Mehrweggeschirr und -besteck ausgibt und dieses reinigt, erbringt eine sonstige Leistung, die dem Regelsteuersatz unterliegt - soweit nicht die in der Corona-Krise befristete Steuerermäßigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 15 UStG greift.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in seiner aktuellen Entscheidung vom 20.10.2021 (XI R 2/21) dazu Stellung genommen, ob die Abgabe portionierter Speisen verbunden mit der Reinigung des dazu eingesetzten Geschirrs und Bestecks der Regelbesteuerung bei der Umsatzsteuer unterliegt.
Sachverhalt im Besprechungsfall
Der Kläger K betreibt eine Betriebskantine bei der X-GmbH. K bot u.a. Speisen (Tellergerichte und Imbisse) an. Dazu gab er die Speisen auf Mehrweggeschirr mit Besteck aus und reinigte diese nach der Rückgabe.
Die X-GmbH überließ dem K Räume mit mehreren Bereichen „unentgeltlich“. Die Küche und der Ausgabebereich waren durch eine Ausgabetheke von einem weiteren Bereich mit Tischen und Sitzgelegenheiten (Aufenthaltsbereich) getrennt, der nicht nur zum Verzehr der bei dem K erworbenen Speisen diente, sondern auch der offizielle Pausenraum für die Mitarbeiter der X-GmbH war.
Mit dem Finanzamt entstand Streit darüber, ob der begünstigte Umsatzsteuersatz anzuwenden ist. Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage war erfolgreich. Der BFH als Revisionsinstanz sah das aber anders.
Vorliegen einer Lieferung oder sonstigen Leistung
Die Lieferung bestimmter Lebensmittel unterliegt dem begünstigten Steuersatz, während die Erbringung von Restaurantleistungen in Zusammenhang mit solchen Lebensmitteln dem Regelsteuersatz unterfällt.
Ob bestimmte Umsätze Lieferungen von Gegenständen oder Dienstleistungen sind, richtet sich nach ihrem „Wesen“. Dieses ist im Rahmen einer Gesamtbetrachtung zu ermitteln. Dazu ist nicht nur die quantitative, sondern auch die qualitative Bedeutung der Dienstleistungselemente im Vergleich zu den Elementen der Lieferung zu bestimmen.
Restaurantumsätze enthalten eine Reihe von Komponenten, von denen nur ein Teil in der Lieferung von Nahrungsmitteln besteht, während die Dienstleistungen bei Weitem überwiegen.
Etwas anderes gilt, wenn sich der Umsatz auf Nahrungsmittel zum Mitnehmen bezieht und daneben keine Dienstleistungen erbracht werden, die den Verzehr an Ort und Stelle in einem geeigneten Rahmen ansprechend gestalten sollen.
Wenn die Abgabe von Nahrungsmitteln nur mit der Bereitstellung behelfsmäßiger Vorrichtungen (z.B. ganz einfacher Verzehrtheken ohne Sitzgelegenheit, die nur einer beschränkten Zahl von Kunden den Verzehr an Ort und Stelle im Freien ermöglichen) einhergeht und dadurch nur ein geringfügiger personeller Einsatz erforderlich ist, stellen diese Elemente geringfügige Nebenleistungen dar, die am Vorliegen einer Lieferung nichts ändern können.
Vor diesem Hintergrund führt aber beispielsweise die Abgabe von standardisiert zubereiteten Speisen durch einen Imbissstand für den Verzehr an einem Tisch mit Sitzgelegenheiten bereits zu einem dem Regelsteuersatz unterliegenden Restaurantumsatz.
Entscheidung im Besprechungsfall
Da etwa bei einem Partyservice schon die Bereitstellung und Rücknahme von Geschirr und Besteck sowie dessen Reinigung ausreicht, um den Regelsteuersatz zur Anwendung zu bringen, gilt dies ebenso für den K, der insoweit mit der Sauberhaltung des Raums einschließlich der sich dort befindlichen Möbel sogar umfassendere unterstützende Leistungen als ein (mit dem Regelsteuersatz besteuerter) Partyservice erbringt.
Ob der Aufenthaltsbereich als unterstützende Dienstleistung des K zu berücksichtigen ist, kann aber nach Ansicht des BFH ebenso dahinstehen wie die Frage, ob die Speisen des K ganz oder teilweise (Imbiss-)Standardspeisen waren. Der BFH wies die Klage des K ab.
Praxishinweis: Der BFH hat seine Grundsätze zur Besteuerung der Abgabe von Speisen zum Verzehr an Ort und Stelle weiter konkretisiert: Ein Unternehmer, der in einer Betriebskantine Speisen portioniert, auf Mehrweggeschirr mit Mehrwegbesteck ausgibt sowie das Geschirr und Besteck nach dessen Rückgabe reinigt, erbringt eine sonstige Leistung, die außerhalb des Anwendungsbereichs des § 12 Abs. 2 Nr. 15 UStG liegt und folglich dem Regelsteuersatz unterliegt.
BFH, Urt. v. 20.10.2021 - XI R 2/21
Quelle: Axel Scholz, RA und StB, FA für Steuerrecht