Wann ist innerhalb von Konzernen von einer verdeckten Einlage auszugehen? Der BFH hat dies für Zinsforderungen aus einem Wertpapierdarlehen beantwortet. Demnach stellt die Übertragung von bereits aufgelaufenen Zinsen eine verdeckte Einlage dar, wenn hierfür keine Kompensationszahlungen vorgesehen sind. Im Streitfall sollten Verlustvorträge einer Tochtergesellschaft „nutzbar“ gemacht werden.
Mit Urteil vom 15.03.2023 (I R 24/20) hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass die Übertragung von bereits entstandenen Zinsansprüchen, die aus einem Wertpapierdarlehen zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft resultieren, als verdeckte Einlage zu behandeln ist, wenn für die Übertragung keine Kompensationszahlung gewährt wird.
Sachlage im Streitfall
Klägerin ist die Muttergesellschaft eines Konzerns, deren Tochtergesellschaft hohe Verlustvorträge aufgebaut hatte. Um diese nutzbar zu machen, schloss die Klägerin mit einer Bank ein Wertpapierpensionsgeschäft und sodann über dieselben Wertpapiere mit ihrer Tochtergesellschaft Wertpapierdarlehensgeschäfte ab.
Die Klägerin schloss zusätzlich mit ihrer Tochtergesellschaft einen Rahmenvertrag über die Wertpapierdarlehen ab.
In diesem Vertrag war vorgesehen, dass die während der Laufzeit der Darlehen auf die Darlehenspapiere geleisteten Zinsen der Darlehensgeberin zustehen sollten; die Darlehensnehmerin sollte entsprechende Kompensationszahlungen an die Darlehensgeberin leisten.
Die Zinsen wurden bei der Tochtergesellschaft als Betriebseinnahmen verbucht und mit den bestehenden Verlustvorträgen verrechnet.
Die Konzernprüfung kam jedoch zu dem Ergebnis, dass die Klägerin aufgrund der unentgeltlichen Wertpapierdarlehensgeschäfte mit der Tochtergesellschaft dieser einlagefähige Vermögensgegenstände zugewendet habe, welche als verdeckte Einlagen zu würdigen sind.
Wirtschaftlich habe die Klägerin der Tochtergesellschaft Zinsen für ein volles Jahr zugewendet, obwohl die Laufzeiten der Wertpapierdarlehen nur wenige Wochen betragen hätten.
Das Finanzamt erhöhte daher das Einkommen der Klägerin in Höhe der verdeckten Einlage. Gegen diese Behandlung wendet sich die Klägerin zunächst im Einspruchs- und anschließend im Klageverfahren.
Der BFH sah die Revision der Klägerin als unbegründet an und wies sie daher zurück.
Voraussetzungen für das Vorliegen einer verdeckten Gewinnausschüttung
Eine verdeckte Einlage i.S.d. § 8 Abs. 3 Satz 3 KStG liegt vor, wenn ein Gesellschafter seiner Gesellschaft außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Einlagen einen einlagefähigen Vermögensvorteil zuwendet und dies durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist.
Diese verdeckten Einlagen erhöhen beim Gesellschafter die Anschaffungskosten an der Gesellschaft, der der einlagefähige Vermögensvorteil zugewendet worden ist. Ein Abzug der entsprechenden Zuwendung als Betriebsausgabe beim zuwendenden Gesellschafter scheidet danach aus.
Anwendung der Grundsätze auf den Streitfall
Nach Auffassung des BFH ermöglicht die Klägerin ihrer Tochtergesellschaft nicht nur die Nutzung der darlehensweise überlassenen Wertpapiere, so dass eine verdeckte Einlage nicht vorliegen könne. Es werden nicht nur die künftigen Nutzungsvorteile aus den Wertpapieren abgetreten, sondern bisher aufgelaufene zivilrechtlich bereits entstandene Zinsansprüche gegen die Emittenten der Wertpapiere.
Diese bereits aufgelaufenen Forderungen stellen einen einlagefähigen Vermögensvorteil dar, für welchen die Tochtergesellschaft keine entsprechende Gegenleistung zu leisten hatte. Da die Klägerin auf eine derartige Kompensationsleistung aufgrund des Gesellschaftsverhältnisses verzichtet hat, ist somit nach Auffassung des BFH eine verdeckte Einlage gegeben.
Praxishinweis
Für das Vorliegen einer verdeckten Einlage ist es notwendig, dass ein einlagefähiger Vermögensvorteil zugewendet wird. Maßgeblich dafür ist, dass die entsprechenden Vermögensvorteile auch bereits zivilrechtlich wirksam entstanden sind.
Ein Verzicht auf zukünftig entstehende Ansprüche, wie z.B. Zinsen, stellt somit keine verdeckte Einlage dar, da diese noch nicht zivilrechtlich wirksam entstanden sind. Werden dagegen, wie im Streitfall, bereits entstandene Zinsen abgetreten, sind diese als einlagefähiger Vermögensvorteil und somit als verdeckte Einlage zu qualifizieren.
BFH, Urt. v. 15.03.2023 - I R 24/20
Christian Kappelmann, StB, M.A., Dipl.-Finw. (FH)