Wie sind Zahlungen bei der Rückabwicklung von Immobilienfonds im Fall von sogenannten Schrottimmobilien steuerlich zu bewerten? Der BFH hat entschieden, dass solche Zahlungen ggf. in ein steuerpflichtiges Veräußerungsentgelt und eine nicht steuerbare Entschädigungsleistung aufgeteilt werden müssen. Hintergrund der BFH-Urteile sind Schadensersatzprozesse von zahlreichen getäuschten Anlegern.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in drei inhaltsgleichen Entscheidungen dazu Stellung genommen, ob Zahlungen anlässlich der Rückabwicklung eines Immobilienfonds so aufgeteilt werden können, dass Schadenersatzzahlungen für Schrottimmobilien nicht steuerbar sind.
In den Besprechungsfällen waren geschlossene Immobilienfonds als GmbH & Co. KG gegründet worden. Als die Erträge nicht in der Weise erzielt wurden, wie die Fonds im Voraus angekündigt hatten, strengten einige Anleger Schadenersatzklagen an. Daraufhin wurde den Anlegern angeboten, die Beteiligungen rückabzuwickeln, wenn im Gegenzug Schadenersatzklagen zurückgenommen und gleichzeitig auf die Geltendmachung weiterer Ansprüche verzichtet wurde. Etliche Anleger nahmen dieses Angebot an und erhielten für die Übertragung ihres Anteils jeweils eine Zahlung, die als „Kaufpreis“ bezeichnet wurde.
Die Finanzbehörden nahmen steuerpflichtige Veräußerungsgewinne an und verneinten die Frage, ob die Zahlungen teilweise als Schadenersatz nicht steuerbar waren. Die angerufenen Finanzgerichte bestätigten diese Einordnung grundsätzlich, wobei in einem Fall zudem ein abweichender Aufteilungsmaßstab vorgenommen wurde. Der BFH hob die Entscheidungen jedoch auf und verwies sie aus folgenden Gründen zurück an die Finanzgerichte.
Rückabwicklung als Veräußerungsgeschäft
Nach Ansicht des BFH – und übereinstimmend mit der Ansicht der Finanzgerichte – stellen die Rückerwerbe der Beteiligungen private Veräußerungsgeschäfte dar. Denn unter Anschaffung und Veräußerung werden regelmäßig der entgeltliche Erwerb und die entgeltliche Übertragung eines Wirtschaftsguts auf eine andere Person verstanden. Die Anschaffung einer unmittelbaren oder mittelbaren Beteiligung an einer Personengesellschaft gilt dabei als Anschaffung oder Veräußerung der anteiligen Wirtschaftsgüter. Allerdings ist keine Veräußerung anzunehmen, wenn das ursprüngliche Anschaffungsgeschäft rückabgewickelt wird.
Dies ist u.a. der Fall, wenn das (auf die Anschaffung eines Grundstücks gerichtete) Erwerbsgeschäft wegen Vertragsstörung keinen Bestand hat und die Vertragspartner sich die gegenseitig erbrachten Leistungen vollständig zurückgewähren. Entsprechendes gilt, wenn der Erwerb einer unmittelbaren oder mittelbaren Beteiligung rückabgewickelt wird. In den vorliegenden Fällen wurde die Formulierung der Verträge nach Meinung des BFH von allen Beteiligten so ausgelegt, dass keine Rückabwicklung der geschlossenen Verträge gewollt war. Vielmehr waren die Verträge auch inhaltlich als Kaufverträge ausgestaltet.
Trotz Veräußerungsgeschäft anteiliger Schadenersatz möglich
Aber auch wenn ein Rückkaufvertrag vereinbart worden ist, lässt sich daraus laut BFH noch nichts über Inhalt und Rechtsgrund der vertraglich vereinbarten Gegenleistung(en) ableiten. Daher ist zu prüfen, ob die vereinbarten Gegenleistungen noch andere Bestandteile enthalten – in den Besprechungsfällen konkret solche, die für den im Rahmen des jeweiligen Kaufvertrags vereinbarten Verzicht auf die Geltendmachung weiterer Schadenersatzansprüche und die Rücknahme der Schadenersatzklage geleistet wurden. Wenn ja, so wäre der Veräußerungspreis aufzuteilen.
Nach Ansicht des BFH ist dies in den Besprechungsfällen erforderlich, denn hier enthalten die gezahlten Beträge nicht nur den eigentlichen Kaufpreis, sondern auch einen Teilbetrag, der zur Abgeltung von anderen Verpflichtungen – den Verzicht auf Schadenersatzansprüche und die Rücknahme der erhobenen Schadenersatzklagen – gezahlt wurde. Die Finanzgerichte hatten eine derartige Prüfung nicht durchgeführt, so dass deren Entscheidungen aufgehoben wurden.
Verpflichtung zur Aufteilung des Entgelts
Bei gebotener wirtschaftlicher Betrachtung ergibt sich, dass die Anteile nicht übertragen wurden, um eine gleichwertige Gegenleistung zu erhalten, sondern auch dazu dienten, den Anlegern ein Abfindungsangebot zu unterbreiten und die anhängigen Prozesse kalkulierbar und zeitnah zu beenden. Der Entschädigungscharakter der Zahlung hat bezüglich der geltend gemachten Schadenersatzansprüche auch ein solches Gewicht, dass dieser Teil der Zahlung nicht als bloße Nebenleistung und damit als steuerlich unbeachtlich einzuordnen ist. Der Kaufpreis ist daher in einen Veräußerungspreis i.S.d. § 23 Abs. 3 Satz 1 EStG und in eine Zahlung für die Rücknahme der Schadenersatzklage sowie die Freistellung von Schadenersatzansprüchen aufzuteilen.
Soweit mit den erhaltenen Zahlungen zugleich auch Entschädigungsleistungen verbunden sind, liegen weder Einkünfte nach § 21 Abs. 1 Nr. 1, § 22 Nr. 3 noch Einkünfte nach § 22 Nr. 2 i.V.m. § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG vor. Es liegt auch keine Entschädigung für einen entgangenen Veräußerungsgewinn vor. Dies folgt bereits daraus, dass die Anleger ihren Anteil jeweils veräußert und insoweit einen Veräußerungserlös erzielt haben. Der Betrag, der darüber hinausgeht, ist als Schadenersatz aufgrund der geltend gemachten Ansprüche aus vertraglicher und deliktischer Haftung gezahlt worden und nicht als Ersatz für eine nicht erfolgte Veräußerung bzw. eine Veräußerung unter Wert.
Umfang der Aufteilung des Entgelts
Zur Ermittlung des steuerpflichtigen Teils muss zunächst geklärt werden, welcher Teil des Kaufpreises für die Übertragung der Beteiligung gezahlt worden ist und welcher Teil auf die sonstigen Bestandteile der Leistung entfällt. Zur Aufteilung ist das veräußerte Wirtschaftsgut zu bewerten. Maßgeblich kommt es dabei darauf an, was ein fremder Dritter für die Beteiligung zu zahlen bereit gewesen wäre. Dabei dürfen nur Informationen berücksichtigt werden, zu denen ein gedachter Erwerber Zugang hätte, weil er sie sich aus allgemein zugänglichen Quellen verschaffen könnte (Veröffentlichungen der Fonds, Geschäftsberichte und Jahresabschlüsse der Vergangenheit, Zeitungsartikel etc.). Auf andere, insbesondere interne Unterlagen der Fonds, zu denen die Gesellschafter und die Öffentlichkeit keinen Zugang haben, darf hingegen nicht abgestellt werden.
Auch wenn sie im Einzelfall bekannt sein sollten, müssen sie bei der Bewertung außer Betracht bleiben. Ist die Gegenleistung höher als der Wert des veräußerten Wirtschaftsguts, spricht dies dafür, dass dieser Teil der Gegenleistung nicht Bestandteil des Veräußerungspreises ist, sondern dass insoweit eine andere Verpflichtung vergütet oder ein Teil der Gegenleistung unentgeltlich zugewendet wird.
Zudem ist der Gewinn bzw. Verlust nach § 23 Abs. 3 Satz 1 EStG für jeden einzelnen Beteiligten anhand seiner individuellen Anschaffungskosten und seines individuellen Veräußerungserlöses zu ermitteln. Zum Veräußerungserlös gehört bei der Entstehung des Veräußerungsgewinns für den Gesellschafter alles, was der Anleger für die Übertragung seiner Beteiligung vom Erwerber erhalten hat, jedoch nicht anteilige Verbindlichkeiten der jeweiligen Fondsgesellschaft.
Praxishinweis
Bei der bloßen Rückabwicklung einer Beteiligung liegt kein steuerbarer Vorgang vor. Wird hingegen keine Rückabwicklung, sondern ein Rückkauf vorgenommen, ist zu untersuchen, ob neben dem Kaufpreis auch Zahlungen aus anderen Gründen (z.B. Schadenersatz) im Entgelt enthalten sind. In diesem Fall ist das Entgelt in einen steuerpflichtigen und einen nicht steuerbaren Betrag aufzuteilen. Diese Grundsätze sind in der Theorie klar, Schwierigkeiten wird es wohl bei der Auslegung der konkreten Vereinbarungen geben. Es ist also absehbar, dass der BFH diese Grundsätze weiter konkretisieren muss. Aber zunächst hat der BFH mit den drei Entscheidungen für Klarheit und damit vorläufig für Rechtssicherheit gesorgt.
BFH, Urt. v. 06.09.2016, IX R 27/15
BFH, Urt. v. 06.09.2016, IX R 44/14
BFH, Urt. v. 06.09.2016, IX R 45/14
Quelle: RA und StB Axel Scholz, FA für Steuerrecht und FA für Handels- und Gesellschaftsrecht