Wann liegt bei der Veräußerung eines Grundstücks ein steuerpflichtiges Spekulationsgeschäft vor? In einem zuletzt veröffentlichten Urteil hat der BFH über die Folgen eines „aufschiebend bedingten“ Rechtsgeschäfts entschieden. Im Streitfall trat die Bedingung für den Verkauf zwar erst mit Ablauf der zehnjährigen Spekulationsfrist ein - dennoch ging der BFH von der Steuerpflichtigkeit aus.
Der BFH hat in einer aktuellen Entscheidung dazu Stellung genommen, ob der Kauf eines Grundstücks und dessen Verkauf innerhalb von zehn Jahren ein steuerpflichtiges Spekulationsgeschäft darstellen, wenn der Verkauf von einer behördlichen Genehmigung als aufschiebender Bedingung abhängig gemacht und diese Genehmigung erst nach Ablauf von zehn Jahren erteilt wird. Das Finanzamt nahm ein steuerpflichtiges Spekulationsgeschäft an. Der BFH folgte dieser Ansicht.
Voraussetzungen eines steuerpflichtigen privaten Veräußerungsgeschäfts
Als private Veräußerungsgeschäfte gemäß § 22 Nr. 2 EStG sind nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG unter anderem Veräußerungsgeschäfte bei Grundstücken steuerpflichtig, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als zehn Jahre beträgt. Für die Berechnung des Zeitraums zwischen Anschaffung und Veräußerung sind grundsätzlich die Zeitpunkte maßgebend, in denen die schuldrechtlichen Verträge abgeschlossen wurden.
Nach Ansicht des BFH kann die Werterhöhung eines bestimmten Wirtschaftsguts im Privatvermögen, die innerhalb der Veräußerungsfrist realisiert wird, nur dann der Einkommensteuer unterworfen werden, wenn die Vertragserklärungen beider Vertragspartner innerhalb der Spekulationsfrist bindend abgegeben worden sind.
Voraussetzungen eines bindenden Vertrags
Hinsichtlich der Bindung der beiden Willenserklärungen unterscheidet der BFH zwei Fälle: Sofern ein rechtlich bindendes Verkaufsangebot abgegeben worden ist, stellt dieses eine Veräußerung im Sinne des § 23 EStG dar, falls mit dem Angebot der Verkauf durch den Übergang von Besitz, Gefahr sowie Nutzungen und Lasten wirtschaftlich bereits vollzogen war.
Ist hingegen bei Abgabe des Verkaufsangebots die Gefahr noch nicht übergegangen und hat der Verkäufer dem Käufer noch kein wirtschaftliches Eigentum verschafft, müssen beide Vertragserklärungen innerhalb der Frist abgegeben werden. Der Vertragsabschluss muss innerhalb der Veräußerungsfrist für beide Parteien bindend sein.
Bindungswirkung bei bedingten Rechtsgeschäften
Bei einem unbedingten und nicht genehmigungsbedürftigen Rechtsgeschäft ist eine solche Bindung in der Regel mit dem Vertragsabschluss gegeben. Dies kann nach Auffassung des BFH auch bei einem Rechtsgeschäft gelten, dessen Rechtswirkungen von dem Eintritt einer Bedingung abhängen. Denn aus dem Wesen der Bedingung und dem Wortlaut des § 158 Abs. 1 BGB folgt, dass das aufschiebend bedingte Rechtsgeschäft tatbestandlich mit seiner Vornahme vollendet und gültig ist, mithin die Parteien fortan gebunden sind.
Gleichzeitig tritt die Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts mit dem Bedingungsfall von Gesetzes wegen ein, ohne dass die Willenseinigung der Parteien noch bis dahin Bestand haben müsste. Denn lediglich die Rechtswirkungen des bedingten Rechtsgeschäfts befinden sich bis zum Bedingungseintritt in der Schwebe.
Als Folge davon können die Vertragsbeziehungen von den Parteien eines bedingten Rechtsgeschäfts nicht mehr einseitig gelöst werden. Im Hinblick auf den aufschiebend bedingten Rechtserwerb, der bereits zu einem Anwartschaftsrecht führt, sind die Vertragsparteien vielmehr zur gegenseitigen Treuepflicht und zur Beachtung der Schutzvorschriften der §§ 160 f. BGB verpflichtet.
Unterschiedliche Behandlung von Bedingung und Vertragsschluss durch vollmachtlosen Vertreter
In diesem Zusammenhang stellt der BFH klar, dass ein bedingtes Rechtsgeschäft nicht wie ein Vertragsschluss durch einen Vertreter ohne Vertretungsmacht behandelt wird, wenn der Vertretene genehmigt. Zwar ist wegen der vollmachtlosen Vertretung auf der Erwerberseite ein schwebend unwirksames genehmigungsbedürftiges Rechtsgeschäft (vgl. § 177 Abs. 1, § 184 Abs. 1 BGB) gegeben und deshalb auf den Zeitpunkt der Genehmigung und nicht auf den Zeitpunkt der zivilrechtlich rückwirkenden Wirksamkeit des Vertragsabschlusses abzustellen; aber im Gegensatz zu einem bedingten Rechtsgeschäft liegen bindende Vertragserklärungen beider Vertragspartner innerhalb der Spekulationsfrist nur vor, wenn die Genehmigung innerhalb der Spekulationsfrist erfolgt: Die erforderliche beidseitige schuldrechtliche Bindung ist bei einem Handeln des Vertreters ohne Vertretungsmacht vor der Genehmigung gerade noch nicht gegeben, weil der Vertretene die Genehmigung jederzeit ablehnen kann.
Entscheidung des Streitfalls
Weil bei der Veräußerung des Grundstücks die zehnjährige Veräußerungsfrist noch nicht abgelaufen war, entfalteten die beiderseitigen Willenserklärungen innerhalb der Haltefrist Bindungswirkung für den Kaufvertragsabschluss der Vertragspartner, so dass damit die Voraussetzungen für ein Spekulationsgeschäft erfüllt waren. Daher war es unerheblich, dass der Zeitpunkt des Eintritts der aufschiebenden Bedingung nicht auch innerhalb der Veräußerungsfrist lag, zumal auch der Kaufpreis bereits vor dem vereinbarten Rechtsübergang überwiesen wurde.
Praxishinweis
Der BFH hat mit dieser Entscheidung der Gestaltungspraxis wichtige Hinweise gegeben: Die Vereinbarung einer Bedingung verhindert grundsätzlich kein Spekulationsgeschäft. Es muss vielmehr die beiderseitige Bindung der Vertragsparteien verhindert werden. Dies kann durch die Einschaltung eines vollmachtlosen Vertreters erreicht werden, wenn die Genehmigung erst nach Ablauf der Spekulationsfrist erklärt wird. Allerdings muss dem vollmachtlosen Vertreter dabei bewusst sein, dass er ein Haftungsrisiko eingeht, wenn später die Genehmigung nicht erfolgt; er haftet dann nach § 179 BGB. Gleichwohl hat der BFH eine Streitfrage geklärt, dies ist zu begrüßen.
BFH, Urt. v. 10.02.2015 - IX R 23/13
Quelle: Rechtsanwalt und Steuerberater Axel Scholz