Wird eine freiberufliche Tätigkeit eingestellt oder die Praxis/Kanzlei verkauft, kann der Aufgabe- oder Veräußerungsgewinn ermäßigt zu besteuern sein. Voraussetzung für die Tarifermäßigung ist, dass die Tätigkeit in dem bisherigen örtlichen Wirkungskreis ausnahmslos wenigstens für eine gewisse Zeit eingestellt wird – wie lange, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.
Maßgeblich sind z.B. die räumliche Entfernung der wieder aufgenommenen Berufstätigkeit zur verkauften Praxis/Kanzlei, die Vergleichbarkeit der Betätigung oder die Art und Struktur des Patientenstamms bzw. der Mandate. Eine Zeitspanne von drei Jahren, die in etwa der Nutzungsdauer eines erworbenen Praxiswerts entspricht, kann als ausreichende Wartezeit dafür angesehen werden, dass nicht mehr von einer Praxisverlegung, sondern von einer Neueröffnung auszugehen ist.
In einem kürzlich entschiedenen Streitfall hat sich der Bundesfinanzhof allerdings gegen die Tarifermäßigung ausgesprochen. Der Freiberufler hatte schon ein Jahr nach dem Verkauf seine Tätigkeit zunächst in angemieteten Räumen in der Nähe seiner bisherigen Praxis und im Jahresverlauf in derselben wieder aufgenommen. Er hatte dabei – im Vergleich zu den Erlösen der letzten drei Jahre vor dem Verkauf – nicht nur geringfügige Einnahmen aus der Betreuung früherer Mandanten erzielt. Der Veräußerungsgewinn unterlag folglich dem Regelsteuersatz.
Hinweis: Auf keinen Fall sollten Sie eine Aufgabeentscheidung oder einen Verkauf – auch aus steuerlicher Sicht – überstürzen. Nutzen Sie im Vorfeld unser Beratungsangebot, wenn Sie Ihre Praxis/Kanzlei verkaufen oder aufgeben möchten! Wir informieren Sie gerne ausführlich darüber, von welchen steuerlichen Erleichterungen Sie profitieren können und welche Voraussetzungen Sie dafür erfüllen müssen.
Quelle: BFH - Beschluss vom 07.11.06