Das am 04.11.2011 im Bundesgesetzblatt verkündete Steuervereinfachungsgesetz 2011 reduziert rückwirkend ab dem 01.07.2011 die Anforderungen an elektronische Rechnungen - sogenannte e-Rechnungen - deutlich. Um Rechnungsempfängern den Vorsteuerabzug zu ermöglichen, mussten bisher bei e-Rechnungen spezielle Übermittlungsverfahren wie dietechnisch sehr aufwändige qualifizierte elektronische Signatur oder dieÜbermittlung der Rechnung per EDI verwendet werden, um die Authentizität und die Unversehrtheit der übermittelten Daten zu gewährleisten. Die Neuregelung erleichtert die Übermittlung erheblich. Nach wie vor ist die Erstellung von elektronischen Rechnungen aber von der Zustimmung des Empfängers abhängig. Die erforderlichen Angaben, die eine Rechnung enthalten muss, sind ebenfalls unverändert geblieben.
Neu ist, dass nunmehr viele in einem elektronischen Format ausgestellte und empfangene Rechnungen - technologieneutral - zum Vorsteuerabzug berechtigen, z.B. Rechnungen
- per E-Mail,
- im EDI-Verfahren,
- als Word-, PDF- oder Textdatei,
- per Computer-Telefax oder Fax-Server,
- mittels Datenträgeraustausch,
- mittels qualifizierter elektronischer Signatur oder
- per De-Mail oder E-Post.
Dem Unternehmer ist es ausdrücklich freigestellt, wie er die Echtheit der Herkunft, die Unversehrtheit des Inhalts und die Lesbarkeit der Rechnung sicherstellt. Er kann auch auf innerbetriebliche Kontrollverfahren zurückgreifen. Voraussetzung ist jedoch, dass überhaupt ein internes Kontrollsystem implementiert wird. Hierüber muss beispielsweise geprüft werden, ob die in Rechnung gestellte Leistung tatsächlich in dargestellter Qualität und Quantität erbracht wurde, ob der Aussteller tatsächlich einen Zahlungsanspruch hat und ob die von ihm angegebene Kontoverbindung korrekt ist. So wird gewährleistet, dass das Unternehmen tatsächlich nur die Rechnungen begleicht, zu deren Begleichung es auch verpflichtet ist.
Der Unternehmer ist in seiner Auswahl frei, ein für ihn geeignetes Kontrollverfahren zu finden. Dies kann etwa im Rahmen eines bereits eingerichteten Rechnungswesens geschehen, aber zum Beispiel auch durch manuellen Abgleich der Rechnung mit vorhandenen geschäftlichen Unterlagen (z.B. Kopie der Bestellung, Auftrag, Kaufvertrag, Lieferschein). Dies führt für den Unternehmer nicht zu einer zusätzlichen Verpflichtung zur Dokumentation des Kontrollverfahrens.
Mehr Arbeit als bei Papierrechnungen muss also nicht anfallen. Auch müssen Unternehmen zur Rechnungsprüfung keine neuen Verfahrensweisen innerhalb des Betriebs einrichten. Denn bei Eingang einer elektronischen Rechnung hat der Leistungsempfänger sich wie bei einer Papierrechnung von der Echtheit der Herkunft und der Unversehrtheit des Inhalts zu überzeugen und die in der Rechnung enthaltenen Angaben auf ihre Vollständigkeit und Richtigkeit zu überprüfen.
Hinweis: Für die Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen für den Vorsteuerabzug trägt der Unternehmer die Feststellungslast. Das sind insbesondere eine formal ordnungsgemäße Rechnung, ein Leistungsbezug für das Unternehmen und die Angabe der gesetzlich geschuldeten Steuer.
Elektronische Rechnungen unterliegen grundsätzlich den gleichen Aufzeichnungs- und Aufbewahrungsverpflichtungen wie Rechnungen in Papierform. Sie müssen in der Regel mindestens zehn Jahre lang aufbewahrt werden. Sowohl Rechnungsaussteller als auch -empfänger müssen während der jeweils für sie geltenden Aufbewahrungsfrist die Echtheit der Herkunft der Rechnung, die Unversehrtheit ihres Inhalts und ihre Lesbarkeit gewährleisten. Unversehrtheit des Inhalts liegt vor, wenn die erforderlichen Angaben nicht geändert wurden.
Während das bislang durch Abheften im Ordner geschah, müssen e-Rechnungen zwingend in dem elektronischen Format aufbewahrt werden, in dem sie ausgestellt und empfangen wurden. Ein einfacher Rechnungsausdruck genügt daher nicht. Zudem sind die Daten vor Veränderungen zu schützen, und die Aufbewahrung hat nach einem Verfahren zu erfolgen, das den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung und DV-gestützter Buchführungssysteme sowie den Grundsätzen zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen entspricht.
Praxishinweis
Die Veröffentlichung eines einführenden Verwaltungs-Schreibens zur Anwendung der Neuregelung ist geplant. Dies hat das BMF am 10.11.2011 online auf seinen Internetseiten angekündigt.
Als Voraussetzungen für den Abzug der Vorsteuer müssen sowohl Rechnungen auf Papier als auch elektronische Rechnungen folgende Inhalte ausweisen:
- Angabe des vollständigen Namens und der vollständigen Anschrift des leistenden Unternehmers und des Leistungsempfängers, wobei Rechnungsaussteller und leistender Unternehmer grundsätzlich identisch sein müssen,
- die dem leistenden Unternehmer vom Finanzamt erteilte Steuernummer oder alternativ die vom Bundeszentralamt für Steuern erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer,
- das Ausstellungsdatum,
- eine fortlaufende Nummer mit einer oder mehreren Zahlenreihen, die zur Identifizierung der Rechnung vom Rechnungsaussteller einmalig vergeben wird (Rechnungsnummer),
- die Menge und die Art (handelsübliche Bezeichnung) der gelieferten Gegenstände oder den Umfang und die Art der sonstigen Leistung,
- den Zeitpunkt der Lieferung oder sonstigen Leistung,
- das nach Steuersätzen und einzelnen Steuerbefreiungen aufgeschlüsselte Entgelt für die Lieferung oder die sonstige Leistung,
- den anzuwendenden Steuersatz sowie den auf das Entgelt entfallenden Steuerbetrag,
im Fall einer Steuerbefreiung einen Hinweis darauf, dass für die Lieferung oder sonstige Leistung eine Steuerbefreiung vorliegt, - bei Bauleistungen einen Hinweis auf die Aufbewahrungspflicht des Leistungsempfängers.
Kleinbetragsrechnungen bis zu einem Gesamtbetrag (brutto inklusive Umsatzsteuer) von 150 € müssen nicht sämtliche Angaben enthalten.
Steuervereinfachungsgesetz 2011 v. 01.11.2011, BGBl I 2011 2131
Quelle: Dipl.-Finanzwirt Robert Kracht - vom 15.11.11