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Gemeinschaftspraxis: Steuernachteile vermeiden - Sozius stärker beteiligen

Wenn sich freiberuflich tätige Ärzte zusammenschließen, stellt sich steuerlich die Frage, ob dadurch eine Ge­meinschaftspraxis oder eine Praxisgemeinschaft entsteht.

Eine Gemeinschaftspraxis gilt im Steuerrecht als Mitunternehmerschaft. Die Einkünfte sind bei ihr einheitlich (für die Ge­mein­schafts­­praxis) und gesondert (für den einzelnen Arzt) festzustellen. Sie zeichnet sich vor al­lem da­durch aus, dass der einzelne Arzt (Mit­­unternehmer) ein Mitunternehmerrisiko trägt und eine Mitunternehmerinitiative entfaltet. Eine Praxisgemeinschaft hat dagegen nur den Zweck, den Beruf in gemeinsamen Praxisräumen auszuüben und bestimmte Kosten von der Praxisgemeinschaft tragen zu lassen und umzulegen. Anders ausgedrückt: Bei einer Praxisgemeinschaft arbeitet jeder Arzt auf eigene Rechnung, während bei einer Gemeinschaftspraxis auf gemeinsame Rechnung gearbeitet wird.

Hinweis: Damit der Zusammenschluss mit Berufskollegen auch steuerlich zu den gewünschten Ergebnissen führt, beraten wir Sie gerne über individuelle Vertragsgestaltungen und die Möglichkeit, Leistungserfassungssysteme zu nutzen.

Der folgende Fall verdeutlicht, wie wichtig die steuerliche Beratung im Vorfeld ist: Ein Frauenarzt betrieb zunächst allein eine Kassen- und Privatpraxis. Er schloss mit einem weiteren Arzt (Sozius) einen Vertrag über die gemeinschaftliche ärztliche Berufsausübung einer Gemeinschaftspraxis ab: Der Sozius war mit einem festen Gewinnanteil an der Praxis beteiligt, trug nur ein auf die Außen- und Berufshaftung beschränktes Mitunternehmerrisiko, und seine Mitunternehmerinitiative war auf Kontrollrechte beschränkt. Erfolg und Misserfolg des Sozius wirkten sich wegen des garantierten Festbetrags nicht auf seine Gewinnbeteiligung aus. Auch eine Beteiligung an den stillen Reserven war nicht vorgesehen. Das durch die Berufs- und Außenhaftung schwach ausgeprägte Mitunternehmerrisiko wurde auch nicht durch eine stark ausgeprägte Mitunternehmerinitiative kompensiert, weil dem Sozius weder die Geschäftsführung noch die Abrechnung mit der kassenärztlichen Vereinigung oblagen.

Das Finanzgericht Baden-Württemberg sieht in dieser Konstellation keine steuerliche Mitunternehmerschaft. Für die Ärzte hatte das eine unerwünschte Gewinnverteilung zur Folge: Die Einkünfte der Gemeinschaftspraxis wurden nicht einheitlich und gesondert festgestellt, sondern eine Gewinnermittlung wurde für jeden einzelnen „Gemeinschafter“ erforderlich. Nicht zuletzt deshalb wurde gegen das Urteil Revision beim Bundesfinanzhof eingelegt.

Urteil des FG Baden-Württemberg vom 16.06.2005 (3 K 101/01)

Quelle: FG Baden-Württemberg - Urteil vom 16.06.05