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Prozesskostenhilfe - Gemeinnützigkeit und öffentliches Interesse gleichzusetzen?

Auch für Vereine stellt sich bei Rechtsstreitigkeiten vor Gericht die Frage, unter welchen Umständen ihnen Prozesskostenhilfe zusteht. Das Kammergericht Berlin (KG) hat zu dieser Frage Stellung genommen und entschieden, dass ...

– wie bei natürlichen Personen auch – stets eine Einzelfallprüfung vorzunehmen sei. Der antragstellende Verein müsse anhand von Unterlagen konkret nachweisen, dass er finanziell nicht in der Lage sei, die Prozesskosten aufzubringen.

Das sieht der betroffene Verein völlig anders. Sein wesentlicher Satzungszweck besteht in der „Bildung einer Religionsgemeinschaft“ zur Pflege und Förderung seiner religiösen Ziele auch durch Gebetsstätten. Der Verein berief sich auf seine Gemeinnützigkeit und argumentierte, dass die Prüfung der wirtschaftlichen Verhältnisse bei gemeinnützigen Vereinen zu entfallen habe. Zudem lägen die Prozesse der Mitgliedsvereine der Islamischen Religionsvereinigung stets im allgemeinen Interesse, weil auch deren Tätigkeit im allgemeinen Interesse liege.

Das KG folgt dieser Auffassung jedoch nicht. Die Argumentation des Vereins laufe auf eine Gleichsetzung von gemeinnütziger Tätigkeit und öffentlichem Interesse an der Prozessführung hinaus. Schon der Bundesgerichtshof hatte aber fest­gestellt, dass allein die Gemeinnützigkeit eines Vereins noch kein allgemeines Interesse an der Rechtsverteidigung begründe.

Im Prozesskostenhilfeantrag ist daher im Einzelfall darzulegen, warum gerade der vorliegende Rechtsstreit für die gesetzlich geforderten „allgemeinen Interessen“ von Bedeutung ist. Außerdem sind regelmäßig auch die Unterlagen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen des jeweiligen Vereins einzureichen, um erfolgreich mit dem Antrag durchzudringen.

Urteil im Volltext

Quelle: KG Berlin - Urteil vom 23.03.06