Bis Ende 2008 erfolgte über das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) die bundesweite Versendung der persönlichen Steuer-Identifikationsnummer (Steuer-ID). Seitdem ist erstmals jeder Bürger mit einem unveränderlichen Kennzeichen von der Geburt bis zum Tod durch eine staatliche Verwaltung zentral erfasst.
Mit der neuen Steuer-ID hat sich jetzt das Finanzgericht Köln (FG) beschäftigt. Hier lagen über 170 Klagen von Bürgern vor, die sich auf die Verfassungswidrigkeit der Steuer-ID berufen hatten. Die Richter haben jedoch in sieben Musterverfahren die Klagen abgewiesen. Sie äußern zwar erhebliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Steuer-ID, dies führte jedoch nicht zu einer Vorlage an das Bundesverfassungsgericht.
Für die ID spricht: Das FG war in Bezug auf die Vergabe der Steuer-ID nicht davon überzeugt, dass das Recht des einzelnen Bürgers auf informationelle Selbstbestimmung das Interesse der Allgemeinheit an einer gleichmäßigen Besteuerung überwiegt. Der Zweck der Steuer-ID - insbesondere zur Datenspeicherung - bestehe im wesentlichen
- in der gleichmäßigen Besteuerung, die durch einen gleichmäßigen Gesetzesvollzug sichergestellt sein muss, und
- in der Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens.
Die Finanzbehörden müssten organisatorisch und technisch fähig sein, Überprüfungen effizient vorzunehmen. Wesentliche Voraussetzung hierfür sei die eindeutige Identifizierung des Steuerpflichtigen. Die bisherige Zuweisung einer Steuernummer, die nicht dauerhaft vergeben wird und daher auch nicht eindeutig ist, sei für behördenübergreifende Zwecke kaum geeignet.
Gegen die ID spricht: Verfassungsrechtliche Zweifel stützen die Richter darauf, dass durch die Steuer-ID letztlich alle in Deutschland ansässigen Bürger und selbst Babys unmittelbar nach der Geburt zentral durch den Staat erfasst werden. Damit bestehe die Möglichkeit, einen großen zentralen Datenpool zu schaffen, woraus künftig Persönlichkeitsprofile erstellt werden könnten. Auch sei es fraglich, ob es zum Zweck der gleichmäßigen Besteuerung tatsächlich erforderlich sei, flächendeckend Daten zu speichern und die Steuer-ID allen Bürgern unabhängig davon zuzuteilen, ob die betreffenden Personen überhaupt einen Besteuerungstatbestand erfüllt haben. Diesbezüglich komme es in gewisser Weise zu einer Vorratsdatenspeicherung.
Hinweis: Die Finanzverwaltung verspricht sich von der Steuer-ID vor allem folgende Vorteile:
- genereller Ersatz der Papierbescheinigung durch elektronische Datenübermittlung an die Finanzämter (aktuell wird dies durch die Abschaffung der Lohnsteuerkarte ab 2011 ersichtlich)
- Besteuerung der Alterseinkünfte mit Hilfe von Rentenbezugsmitteilungen
- einfachere Zuordnung von steuerlich relevanten Daten auf elektronischem Weg
- Kontrolle von Geldgeschäften diesseits und jenseits der Grenze
- erhöhte Transparenz im Besteuerungsverfahren, so dass die Bekämpfung von Leistungsmissbrauch und Steuerbetrug wirksamer erfolgen kann
FG Köln, Urt. v. 07.07.2010 – 2 K 3093/08
Quelle: Redaktion Steuern - vom 07.12.10