Die ertragsteuerliche Behandlung von Kryptowährungen im Privatvermögen

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Wie bereits hier erwähnt, können Kryptowährungen weder dem Bereich der (Fiat-)Währungen, also gesetzlichen Zahlungsmitteln eines Landes oder einer Währungsunion, noch dem Bereich der Wertpapiere zugeordnet werden. Nach Ansicht des BMF sind Einheiten einer virtuellen Währung als „anderes Wirtschaftsgut“ i.S.d. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG anzusehen.

Demnach kann der Gewinn aus dem Verkauf einer Kryptowährung als sonstige Einkünfte nach § 22 Nr. 2 i.V.m. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG steuerpflichtig werden. Voraussetzung dafür ist, dass der Verkaufsvorgang innerhalb der (für andere Wirtschaftsgüter einschlägigen) Spekulationsfrist von einem Jahr stattgefunden hat. Wird eine Kryptowährung jedoch länger als ein volles Kalenderjahr im Privatvermögen gehalten, kann der Verkauf als komplett steuerfrei angesehen werden.

 

Wie ermittelt sich der Gewinn innerhalb der Spekulationsfrist?

Der Gewinn aus einem Verkaufsvorgang muss wie folgt ermittelt werden. Dabei ist im ersten Schritt zu beachten, dass für Verkaufs-/Kaufvorgänge, die nicht in Euro durchgeführt werden (z.B. chinesische Handelsplattform), der jeweils gültige Tageskurs in Euro maßgeblich ist.

erzielter Verkaufserlös
– historische Anschaffungskosten
– Werbungskosten (z.B. Transaktionskosten einer Handelsplattform)
= anzusetzender Verkaufsgewinn

Beispiel 1:

A erwirbt am 01.03.2020 Litecoin im Wert von 1.000 €. Weitere Kryptowährungen hält A nicht. Am 01.02.2021 verkauft A seinen gesamten Bestand an Litecoin für 1.500 €. Für den Verkaufsvorgang muss A 5 € Transaktionskosten zahlen. Diese kann er durch einen Kontoauszug belegen.

Ermittlung des Gewinns:

1.500 € Verkaufserlös
– 1.000 € Anschaffungskosten
– 5 € Transaktionskosten
= 495 € anzusetzender Verkaufsgewinn

Praxistipp: Die Gewinne aus der Veräußerung von Kryptowährungen bleiben dann steuerfrei, wenn der aus privaten Veräußerungsgeschäften erzielte Gesamtgewinn im Kalenderjahr weniger als 600 € beträgt (vgl. § 23 Abs. 3 Satz 5 EStG). Wichtig zu erwähnen ist, dass es sich hierbei um eine Freigrenze handelt.

Sollte A aus dem Beispiel 1 im Kalenderjahr 2021 nur diesen einen Kryptowährungsverkauf durchführen und auch keine weiteren „anderen Wirtschaftsgüter“ wie z.B. Kunstgegenstände veräußern, ist der Verkaufsvorgang für A steuerfrei. Es ist dennoch zu empfehlen, dass A diesen Gewinn im Rahmen seiner privaten Steuererklärung auf der Anlage SO dem Finanzamt anzeigt, um einen Dokumentationsnachweis für Verkaufsvorgänge in den folgenden Jahren zu haben.

Abwandlung Beispiel 1:

A erwirbt am 01.03.2020 Litecoin im Wert von 1.000 €. Weitere Kryptowährungen hält A nicht. Am 01.04.2021 verkauft A wie im Ausgangsfall seinen gesamten Bestand an Litecoin für 1.500 €.

Da A den Bestand an Litecoin länger als ein Jahr in seinem Privatbesitz gehalten hat, findet der Verkaufsvorgang außerhalb der Spekulationsfrist statt und ist steuerfrei.

Was passiert, wenn Coins zu unterschiedlichen Zeitpunkten angeschafft wurden?

Für die Bestimmung der erwähnten Jahresfrist gilt der Grundsatz der Einzelbetrachtung. Das bedeutet, dass bei jedem Coin für sich geprüft werden muss, ob Anschaffung und Verkauf innerhalb eines Kalenderjahres stattgefunden haben. Liegen mehrere Coins derselben Art in einer Wallet, kann die Dokumentation über den verkauften Anteil sehr problematisch werden.

Diese Ansicht vertritt auch das BMF und nahm bzgl. dieser Problematik einen Abschnitt in den Entwurf des erwähnten BMF-Schreibens auf (vgl. Rdnr. 44). Demnach ist es aus Vereinfachungsgründen zulässig, hier die First-in-first-out-Methode (Fifo-Methode) anzuwenden. Das heißt, es ist zu unterstellen, dass die zuerst angeschafften Einheiten einer virtuellen Währung auch zuerst verkauft werden.

Zu beachten ist hierbei jedoch, dass die einmal gewählte Fifo-Methode auf jede einzelne Wallet anzuwenden ist. Sie muss dann bis zur vollständigen Veräußerung der Einheiten einer virtuellen Währung in dieser Wallet beibehalten werden. Erst wenn alle Einheiten einer virtuellen Währung verkauft sind, darf von der Fifo-Methode zur Einzelbetrachtung gewechselt werden.

Beispiel 2:

B hat am 01.04.2020 0,05 Bitcoin und am 01.11.2020 weitere 0,05 Bitcoin gekauft. Am 01.01.2021 entschließt sich B dazu, 0,03 Bitcoin zu verkaufen. Am 04.10.2021 verkauft B weitere 0,02 Bitcoin. Die übrigen 0,05 Bitcoin behält B in seinem Depot.

Der Verkauf der 0,03 Bitcoin am 01.01.2021 ist steuerpflichtig, wenn B dadurch einen Gewinn realisiert (vgl. Beispiel A). Grund ist der Verkauf innerhalb der einjährigen Spekulationsfrist. Der Verkauf der 0,02 Bitcoin am 04.10.2021 ist für B steuerfrei, da die einjährige Spekulationsfrist abgelaufen ist (durch die Anwendung der Fifo-Methode).

Abwandlung Beispiel 2:

B hat am 01.04.2020 0,05 Bitcoin und am 01.11.2020 weitere 0,05 Bitcoin gekauft. Am 01.01.2021 entschließt sich B dazu, 0,03 Bitcoin zu verkaufen. Am 04.10.2021 verkauft B die restlichen 0,07 Bitcoin.

Der Verkaufsvorgang am 01.01.2021 ist wie oben beschrieben steuerpflichtig. Des Weiteren bleibt – wie auch in Beispiel 1 – der Verkaufsvorgang von 0,02 Bitcoin am 04.10.2021 steuerfrei. Jedoch ist der Gewinn aus der Veräußerung der übrigen 0,05 Bitcoin am selben Tag steuerpflichtig, weil diese nach der Fifo-Methode erst am 01.11.2020 angeschafft wurden.

Es kommt beim Verkauf einer virtuellen Währung nicht darauf an, wann der Steuerpflichtige sein Geld von dem Depot auf sein privates Bankkonto überweist. Allein die Verfügungsmacht über das Depot stellt den Zufluss i.S.d. § 11 EStG dar.

 

Was geschieht mit Verlusten aus dem Kryptohandel?


Anders als z.B. bei Verlusten aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 EStG), die mit Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit (i.S.d. § 19 EStG) innerhalb eines Kalenderjahres verrechnet werden dürfen, ist das Vorgehen bei Verlusten i.S.d. § 23 EStG. Werden durch den Verkauf von Kryptowährungen Verluste realisiert, sind diese nur mit Veräußerungsgewinnen derselben Einkunftsart zu verrechnen. In Frage kommen hier weitere Gewinne aus dem Verkauf von virtuellen Währungen, von Kunstgegenständen, von Fußballtickets oder aus der Veräußerung einer zuvor vermieteten Immobilie innerhalb der Spekulationsfrist (vgl. § 10d EStG).

Sollte dies nicht möglich sein, kann ein Verlustrücktrag in das vorherige Kalenderjahr in Anspruch genommen werden. Falls auch im Vorjahr keine verrechenbaren Gewinne derselben Einkunftsart vorlagen, wird ein Verlustvortrag auf die folgenden Kalenderjahre (auf unbestimmte Zeit) durchgeführt.

Die beschriebene Ermittlung des zu versteuernden Gewinns kommt grundsätzlich beim Verkauf von virtuellen Währungen, bei Forks und im Regelfall auch bei Utility Token vor.

Besonderheit: Verlängerung der Spekulationsfrist bei Lending


Eine Besonderheit ergibt sich aus § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 4 EStG. Danach verlängert sich die einjährige Spekulationsfrist auf einen Zehnjahreszeitraum, wenn ein Token bzw. eine Kryptowährung mindestens für ein Jahr zur Einkünfteerzielung genutzt wurde.

Das passiert grundsätzlich beim Lending. Denn hierbei erfolgt die Erzielung von Einkünften aufgrund der Leistung des Steuerpflichtigen, nämlich der Nutzungsüberlassung an einen Dritten auf Zeit. In der Regel wird beim Lending ein Mietzins (in Form von weiteren Token bzw. Anteilen an virtuellen Währungen) erzielt, der zur Erweiterung der Spekulationsfrist auf zehn Jahre führt.

 

Besonderheit: Gewerblichkeit bei Mining


Mining stellt einen Anschaffungsvorgang dar und kann je nach den Umständen des Einzelfalls dem Bereich der privaten Vermögensverwaltung zugeordnet werden. Dies spielt aber eine eher untergeordnete Rolle, da das Mining sehr schnell dem gewerblichen Bereich des § 15 Abs. 2 EStG zugeordnet wird. Sind die Tatbestandsmerkmale des § 15 Abs. 2 EStG nicht einschlägig, ist das Mining dennoch dem Bereich der sonstigen Leistungen i.S.d. § 22 Nr. 3 EStG zuzuordnen.

Praxistip: Die Finanzverwaltung geht aktuell davon aus, dass bereits eine Anschaffung von Hardware oder spezieller Software eine nachhaltige, auf Gewinn ausgerichtete Tätigkeit begründet. Betreibt der Miner seine Tätigkeit aber hobbymäßig, unregelmäßig und setzt er für seine Tätigkeit nur seine bestehende Hard- und Software ein, könnte die Tätigkeit nichtgewerblich ausgeübt werden.

Die im Wege des Minings erlangten neuen Einheiten einer virtuellen Währung sind nach § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG mit dem Marktkurs im Zeitpunkt der Anschaffung anzusetzen, da grundsätzlich keine bzw. keine greifbaren Anschaffungskosten vorliegen. Als Marktkurs kann dabei der Durchschnittswert aus dem Wechselkurs von drei verschiedenen Handelsplattformen angesetzt werden. Hierbei sollte auf eine genaue Dokumentation geachtet werden, damit sich im Problemfall die Wertermittlung einfach nachvollziehen lässt. Als Werbungskosten können beispielsweise Aufwendungen für den Erwerb der für das Mining erforderlichen Hard- und Software berücksichtigt werden.

Praxistipp: Führt ein Steuerpflichtiger das Mining nur unregelmäßig oder in einem sehr geringen Umfang durch, liegen sonstige Einkünfte i.S.d. § 22 Nr. 3 EStG vor, da sich die Tätigkeit in der Privatsphäre abspielt. Grundsätzlich liegt durch das Mining (nicht durch den Verkauf) eine Dienstleistung vor. Nach § 22 Nr. 3 EStG sind Einkünfte hieraus voll steuerfrei, wenn sie weniger als 256 € im Kalenderjahr betragen (Achtung: Freigrenze).

 

Besonderheit: Veräußerung nach einem Fork

Wie bereits geschildert, entsteht bei einem Fork mindestens eine neue virtuelle Währung. Hat der Entwickler den Fork durchgeführt, werden dem Steuerpflichtigen neue Anteile gutgeschrieben. Die Anschaffungskosten der Einheiten der vor dem Fork existierenden virtuellen Währung sind grundsätzlich im Verhältnis der Marktkurse der Einheiten der jeweiligen virtuellen Währungen im Zeitpunkt des Forks aufzuteilen.

Beispiel 3:


Am 01.01.2020 kauft der Steuerpflichtige C eine Einheit einer virtuellen Währung Z im Wert von 1.500 €, um diese langfristig zu halten. Am 01.06.2020 trennt sich das Entwicklerteam der virtuellen Währung und es kommt zu einem Fork. Bei diesem werden C zwei Einheiten der neuen virtuellen Währung X im Wert von 1.000 € und eine Einheit der neuen virtuellen Währung Y im Wert von 500 € gutgeschrieben.

Nach Rdnr. 56 des Entwurfs des o.g. BMF-Schreibens müssen neue Anschaffungskosten für die drei neuen Einheiten ermittelt werden. Diese bestimmen sich im Verhältnis der Marktkurse im Zeitpunkt des Forks. Als neue Anschaffungskosten sind also anzusetzen:

  • Währung X: 1.000 €
  • Währung Y: 500 €

Hinsichtlich des Anschaffungszeitpunkts ergeben sich durch den Fork keine Änderungen. Entscheidend ist weiterhin das Kaufdatum der ehemaligen bzw. ursprünglichen Einheit. Das gilt übrigens auch dann, wenn der Steuerpflichtige den Zugriff auf die vor dem Fork existierenden Einheiten einer virtuellen Währung durch Mining erlangt hat.

 

Die Dokumentation von Transaktionen im Privatvermögen

Für die im Privatvermögen befindlichen Kryptowährungen ist eine genaue Dokumentation empfehlenswert. Damit kann rechtssicher festgestellt werden, ob ein Veräußerungsvorgang außerhalb der einjährigen Spekulationsfrist durchgeführt wurde. Zudem sollten (wenn möglich) direkt zuordnungsfähige Aufwendungen notiert werden, um dem Finanzamt auf Nachfrage sicher und präzise Auskunft über diese Aufwendungen geben zu können.

Als Dokumentationshilfe kann dabei die folgende Tabelle benutzt werden.

Abb. 1: Dokumentation der privaten Krypto-Transaktionen

Kaufdatum

Kauf/Tausch

Name der Kryptowährung

Kurs in Euro

Menge

Zusätzliche Gebühren

Verkaufsdatum

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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