Viertes Bürokratieentlastungsgesetz in den Startlöchern: Was ändert sich?

Der Bundestag hat am 26.09.2024 das Vierte Bürokratieentlastungsgesetz (BEG IV) i.d.F. der Beschlussempfehlung des federführenden Rechtsausschusses (BT-Drucks. 20/13015) verabschiedet. Auch der Bundesrat hat der Maßnahme Mitte Oktober zugestimmt, so dass das Gesetz nun größtenteils Anfang 2025 in Kraft tritt.

Das BEG IV bündelt eine Reihe von Einzelmaßnahmen, die sich folgenden Schwerpunkten zuordnen lassen:

  • Verkürzung von Aufbewahrungsfristen,
  • Maßnahmen zur Förderung der Digitalisierung,
  • Abbau von Melde- und Informationspflichten (u.a. in Hotels),
  • Projekte zur Verwaltungsvereinfachung und -beschleunigung sowie
  • weitere Erleichterungen.

Im endgültigen Beschluss sind im Vergleich zum Regierungsentwurf vom 13.3.2024 einige Ergänzungen hinzugekommen. Aus steuerlicher bzw. steuerberatender Sicht ist insbesondere auf die folgenden Punkte hinzuweisen:

Verkürzung der Aufbewahrungsfristen für Buchungsbelege im Steuer- und Handelsrecht

Bisher sind Buchungsbelege grundsätzlich zehn Jahre aufzubewahren. Nach dem beschlossenen Gesetz wird die Aufbewahrungsfrist für diese Belege auf acht Jahre verkürzt (§ 147 Abs. 3 AO, § 257 Abs. 4 HGB).

Die Erleichterung soll für alle Unterlagen gelten, deren Aufbewahrungsfrist am Tag nach der Verkündung des BEG IV noch nicht abgelaufen ist. Auch die umsatzsteuerliche Frist zur Aufbewahrung von Rechnungen in § 14b Abs. 1 Satz 1 UStG wird entsprechend angepasst.

Neu im beschlossenen Gesetz ist eine Sonderregelung für Personen oder Gesellschaften, die der Aufsicht der BaFin unterliegen.

Mit Blick auf laufende Cum-Ex-Ermittlungsverfahren gilt für die Unterlagen dieser Personen oder Gesellschaften die Verkürzung der Aufbewahrungsfristen erst mit einer Verzögerung von einem Jahr.

Bekanntgabe von Steuerbescheiden

Nach einer im Gesetzesbeschluss vorgenommenen Ergänzung werden die rechtlichen Rahmenbedingungen bei der Bekanntgabe von Steuerbescheiden durch Bereitstellung zum Datenabruf ausgeweitet.

Verwaltungsakte können dem Beteiligten oder der von ihm bevollmächtigten Person nach § 122a AO bekanntgegeben werden, indem sie zum Abruf bereitgestellt werden.

Die Neuregelung verzichtet - abweichend vom bislang geltenden Recht - auf die Notwendigkeit der Einwilligung des Empfängers des Verwaltungsakts; sie wird durch eine Widerspruchslösung ersetzt.

Von der Möglichkeit zur Bekanntgabe eines Steuerverwaltungsakts durch Bereitstellung zum Datenabruf soll insbesondere dann Gebrauch gemacht werden, wenn der Steuerbescheid, der Steuermessbescheid oder der Feststellungsbescheid auf einer im Verfahren ELSTER oder einem anderen sicheren Verfahren nach § 87a Abs. 6 AO elektronisch übermittelten Steuer- oder Feststellungserklärung beruht.

Weitere Voraussetzung ist, dass diese Erklärung

  • entweder vom Beteiligten selbst übermittelt wurde und dieser über ein von der Finanzverwaltung bereitgestelltes Nutzerkonto verfügt
  • oder durch eine vom Beteiligten bevollmächtigte Person (insbesondere Steuerberater und Rechtsanwälte) übermittelt wurde, der gegenüber der Bescheid aufgrund einer schriftlich oder elektronisch angezeigten Vollmacht bekanntzugeben ist.

Ein zum Abruf bereitgestellter Verwaltungsakt gilt künftig am vierten Tag nach seiner Bereitstellung zum Abruf als bekanntgegeben (entsprechend der nach dem Postrechtsmodernisierungsgesetz ab 2025 verlängerten Zugangsvermutung).

Jedem Empfänger eines Steuerverwaltungsakts ist es möglich, mit Wirkung für die Zukunft eine postalische Bekanntgabe von Steuerverwaltungsakten nach § 122 AO zu beantragen. Dieser Antrag kann mit einmaliger oder aber auch mit dauerhafter Wirkung gestellt werden.

Verrechnungspreisdokumentation

Eine Neuregelung der gerade erst geänderten Aufzeichnungspflichten bei den Verrechnungspreisen in § 90 Abs. 3 und 4 AO soll zu einer Entlastung der Wirtschaft führen.

§ 90 Abs. 4 Satz 3 AO regelte bisher, dass sämtliche (Verrechnungspreis-)Aufzeichnungen - d.h. die Stamm- und die geschäftsvorfallbezogene Sachverhaltsdokumentation sowie Angemessenheitsdokumentationen - innerhalb einer Frist von 30 Tagen nach Bekanntgabe der Prüfungsanordnung vorzulegen sind.

Nun wird die Vorschrift dergestalt angepasst, dass innerhalb der Frist von 30 Tagen nach Bekanntgabe der Prüfungsanordnung ohne gesondertes Verlangen nicht mehr alle (Verrechnungspreis-)Aufzeichnungen, sondern nur noch die neue Transaktionsmatrix nach § 90 Abs. 3 AO, die Stammdokumentation sowie die Aufzeichnungen über außergewöhnliche Geschäftsvorfälle vorzulegen sind.

Wesentlicher neuer Bestandteil der Aufzeichnungen ist in § 90 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO eine Transaktionsmatrix, die in der Gewinnabgrenzungsaufzeichnungsverordnung (GAufzV) vom 12.07.2017 (BGBl I 2017, 2367) näher spezifiziert werden soll und in der Betriebsprüfungspraxis in Teilen schon zur Anwendung gelangt.

Anhebung von Wertgrenzen in der Umsatzsteuer

  • Ab dem 01.01.2025 erfolgt eine Anhebung der Schwellenwerte für vierteljährliche Anmeldungen in § 18 Abs. 2, 2a UStG von 7.500 € auf 9.000 € Umsatz im Kalenderjahr.
  • Ebenso wird ab 2025 die Bagatellgrenze bei der Differenzbesteuerung in § 25a Abs. 4 UStG von 500 € auf 750 € angehoben.

Freistellungsbescheinigungen für Quellensteuer

Die Geltungsdauer von Freistellungsbescheinigungen bei der Kapitalertragsteuer und beim Steuerabzug bei beschränkt Steuerpflichtigen gem. § 50a EStG wird von drei auf fünf Jahre verlängert.

Eine solche Freistellungsbescheinigung ermöglicht es, bei einem fehlenden deutschen Besteuerungsrecht auf die Einbehaltung und Abführung einer Quellensteuer in dem Umfang zu verzichten, der nach § 43b, § 50g EStG oder durch ein DBA vorgegeben ist.

Änderungen des Steuerberatungsgesetzes

Wie schon jetzt bei der Meldung nach § 3a Abs. 2 Satz 1 StBerG wird bei vorübergehender und gelegentlicher Hilfeleistung in Steuersachen künftig auch das öffentlich-rechtliche Schriftformerfordernis für Änderungsmeldungen nach § 3a Abs. 4 StBerG durch die Möglichkeit der elektronischen Mitteilung ergänzt.

In den Fällen, in denen die Abtretung oder Übertragung von Gebührenforderungen von Steuerberatern von der Zustimmung des Mandanten abhängig ist, reicht zukünftig eine ausdrückliche Einwilligung in Textform aus (§ 64 Abs. 2 Satz 2 StBerG).

Beide Regelungen sollen ab dem ersten Tag des auf die Gesetzesverkündung folgenden Quartals gelten.

Eine zentrale Vollmachtsdatenbank soll es zudem ermöglichen, dass Arbeitgeber ihren Steuerberatern nicht mehr zahlreiche schriftliche Vollmachten für die jeweiligen Träger der sozialen Sicherung ausstellen müssen.

Künftig soll eine Generalvollmacht genügen, die in der Vollmachtsdatenbank elektronisch eingetragen und von allen Trägern der sozialen Sicherung abgerufen werden kann (§ 85a Abs. 2 Nr. 12, 13 StBerG, § 105a SGB IV).

Der Abruf ist zunächst ab 2028 als optionale Lösung vorgesehen und soll ab 2030 obligatorisch werden.

Abschaffung von Meldepflichten

Die Mitteilungspflicht nach § 43 Abs. 2 Satz 7 und 8 EStG knüpft an § 43 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 EStG an. Danach werden bestimmte betriebliche Kapitalerträge vom Steuerabzug ausgenommen (insbesondere Veräußerungsgewinne, Erträge aus Termingeschäften und Stillhaltergeschäften).

Zur Freistellung dieser Kapitalerträge wird die "Erklärung zur Freistellung von Kapitalerträgen nach § 43 Absatz 2 Satz 3 Nummer 2 EStG " genutzt. Die Verpflichtung zur Meldung ist letztmals für Kapitalerträge erforderlich, die vor dem 01.01.2025 zufließen.

Die Mitteilungspflicht nach § 45d Abs. 3 EStG knüpft an den Abschluss eines (Lebensversicherungs-)Vertrags nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG an.

Ein inländischer Versicherungsvermittler hat das Zustandekommen eines solchen Vertrags einer im Inland ansässigen Person und eines ausländischen Versicherungsunternehmens mit Sitz oder Geschäftsleitung im Ausland gegenüber dem BZSt anzuzeigen.

Die Verpflichtung zur Meldung ist letztmals für Versicherungsverträge notwendig, die noch vor dem 01.01.2025 abgeschlossen werden.

Weiterführender Beitrag zum BEG IV:

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