Metaverse: Steuerliche Fragestellungen im Zusammenhang mit virtuellen Welten

Ob dezentrale Plattformen, Blockchain -Technologie oder Web 3.0 - das Metaverse wird, so der Meta-Konzern (früher Facebook) „die nächste Evolutionsstufe der sozialen Vernetzung”.

Es soll Nutzern aus aller Welt ermöglichen, in virtuellen Welten zusammenzufinden, sich zu vernetzen und auszutauschen. Auch eine an die Realität angelehnte Interaktion, beispielsweise das Handeltreiben, soll im Metaversum möglich sein.

Mit dem Metaverse einher gehen steuerliche Fragestellungen. Wie werden Transaktionen zwischen einzelnen Usern behandelt? Müssen Unternehmen virtuelle Anlagegüter bilanzieren - und falls ja, mit welchem Wert? Wir versuchen, erste Fragen zu beantworten.

Was ist das Metaversum?

Metaverse, zu Deutsch Metaversum, ist eine Weiterentwicklung des bekannten Internets hin zu einer immersiven 3D-Umgebung, die Nutzer mit entsprechender Hardware erkunden und in ihr miteinander interagieren können.

Während das sog. Web 1.0 nur auf die Bereitstellung von Informationen durch wenige User ausgelegt war, ist es im heutigen Web 2.0 bereits möglich, mündlich und schriftlich zu interagieren.

Das Web 3.0 wird hingegen Grundlage des Metaverse sein und eine Interaktion nicht nur "vor dem Rechner", sondern persönlich innerhalb der virtuellen Welt ermöglichen.

Wer seinem besten Freund also zukünftig ein Kompliment machen möchte, kann dies nicht nur per WhatsApp oder Instagram, sondern im Rahmen einer persönlichen Interaktion im Metaverse tun. Vorausgesetzt natürlich, der Gesprächspartner verfügt ebenfalls über die notwendige Hardware.

Mit seinen Möglichkeiten erweitert das Metaverse also die Grenzen des digitalen Erlebens. Es ermöglicht Nutzern, völlig neue und fremde Welten zu erkunden, mit anderen zu interagieren und ihr persönliches Auftreten - etwa durch Erstellen eines Avatars - selbst zu gestalten.

Damit hat das Metaversum reale Auswirkungen auf das Zusammenleben von Menschen, denn zur "echten" gesellt sich nun die virtuelle Realität hinzu.

Aufbau und Ausgestaltung des Metaverse

Das Metaverse ist keine einzelne Plattform oder Oberfläche, die von einem Unternehmen wie Google oder Meta betrieben wird.

Vielmehr steckt hinter ihm eine digitale Umgebung, die mehrere Akteure - Unternehmen, private User und Künstliche Intelligenz (KI) - gemeinsam aufbauen und weiterentwickeln.

Jeder User kann selbst entscheiden, welche Anwendungen er nutzt, gegebenenfalls selbst entwickelt und monetarisiert.

Ein maßgeblicher Treiber des Metaversum ist die Hardware, insbesondere in Form von Grafikkarten und VR-Brillen. Sie werden nicht nur leistungsstärker, sondern auch immer günstiger.

Dies ermöglicht im Ergebnis immer mehr Menschen, preisgünstig oder gar kostenneutral auf das Metaverse zuzugreifen und seine Inhalte zu nutzen.

Als Zahlungsmittel kommen im Metaverse vor allem Kryptwährungen wie Bitcoin und Ethereum zum Einsatz.

Hinzu kommen ggf. Plattform-eigene Währungseinheiten wie MANA auf Decentraland. Diese Währungen sind, anders als NFTs (non-fungible-token) austausch- und teilbar, können also jederzeit durch einen anderen Token gleichen Wertes ersetzt werden.

Wie Unternehmen die Strukturen des Metaverse nutzen (können)

Während das Metaverse auf der einen Seite als reine Spielwelt angesehen werden kann, erweitert es auf der anderen Seite das reale Leben der User.

Unternehmen können das Metaversum auf vielfältige Art nutzen, insbesondere aber als Werbe- und Verkaufsfläche. Auch Konzerte und andere Veranstaltungen sind denkbar, die User des Metaverse dann gegen Eintritt besuchen können.

Firmen können im Metaverse außerdem Marken und Communities aufbauen, Werbung schalten und andere Marketingmaßnahmen ergreifen.

Die gesamte Abwicklung und Bezahlung von Käufen ist dabei innerhalb der Krypto-Infrastruktur, d.h. ohne den Einsatz echter Währungen (sog. Fiat-Währungen), möglich.

Sie erfordert außerdem keine dritte Partei wie eine Bank, sondern kann unmittelbar zwischen den Transaktionspartnern erfolgen.

Insgesamt eröffnet das Metaverse neue und erweiterte Möglichkeiten für den Handel. Personen können Geschäfte eröffnen und Güter verkaufen, die dann entweder virtuell oder physisch geliefert werden.

Steuerliche Behandlung von Transaktionen im Metaverse

Mit Schreiben vom 10.05.2022 (BStBl 2022, I 668) hat das BMF bereits zur Behandlung von virtuellen Währungen wie Bitcoin und Co. Stellung genommen.

Dabei hat es u.a. klargestellt, dass Kryptowährungen "andere Wirtschaftsgüter" i.S.d. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG sind und dass sog.Miner, die Coins in der Blockchain generieren, hiermit einen Gewerbebetrieb i.S.d. § 15 EStG unterhalten, wenn sie nachhaltig am Markt tätig werden.

Mit Urteil vom 14.02.2023 ( IX R 3/22) hat der BFH außerdem klargestellt, dass auch der Tausch von Kryptowährungen zu einem steuerpflichtigen Veräußerungsgeschäft i.S.d. § 23 EStG führen kann, wenn innerhalb eines Jahres nach dem Tausch eine originäre Veräußerung (oder ein weiterer Tausch) Währungseinheiten stattfindet.

Wickeln Privatpersonen Transaktionen im Metaverse ab, etwa durch die Veräußerung eines virtuellen Gegenstands gegen Entgelt in Form einer Kryptowährung, unterliegen Gewinne also nur unter den Voraussetzungen des § 23 EStG der Besteuerung.

In Einzelfällen ist darüber hinaus zu prüfen, ob der Verkäufer im Rahmen einer gewerblichen Tätigkeit i.S.d. § 15 Abs. 2 EStG handelt.

Eine Teilnahme am wirtschaftlichen Verkehr dürfte auch im Metaverse gegeben sein, wenn sich der Verkäufer an eine unbestimmte Zahl von Personen richtet (BFH, Urt. v. 16.05.2002 - III R 9/98).

Dennoch wird eine konkrete Zuordnung von Personen und Transaktionen zu einzelnen Ländern durch die Blockchain-Technologie nahezu unmöglich gemacht.

Das gänzlich anonymisierte Auftreten verhindert eine Feststellung grenzüberschreitender Sachverhalte und der involvierten Länder. Problematisch ist dies insbesondere für die Bestimmung der ertragsteuerlichen Steuerpflicht und des Leistungsorts in der Umsatzsteuer.

Bilanzierung von Kryptowährungen und Behandlung ihrer Veräußerung

Kryptowährungen und -werte, insbesondere also Währungen und NFTs, sind immaterielle Vermögensgegenstände. Sie sind entweder als Anlage- oder Umlaufvermögen zu bilanzieren.

  • Soll der Wert dauerhaft für das Unternehmen genutzt werden, ist er dem Anlagevermögen zuzuordnen. Sein Ansatz erfolgt mit den Anschaffungskosten, wobei es bei einem Tausch auf den Wert der hingegebenen Kryptowährungen und/oder Wirtschaftsgüter ankommt (§ 253 Abs. 1 und § 255 Abs. 1 Satz 1 HGB, § 6 Abs. 6 EStG). Bei einer dauerhaften Wertminderung ist das Niederstwertprinzip zu beachten (§ 253 Abs. 3 Satz 5 HGB, § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG). Soweit immaterielle Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens selbst geschaffen wurden, besteht durch § 5 Abs. 2 EStG ein Aktivierungsverbot.
  • Besteht bereits bei Anschaffung eine Veräußerung s- oder Verwertungsabsicht, sind die virtuellen Währungen dem Umlaufvermögen zuzuordnen. Auch hier gilt der Grundsatz des Ansatzes mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten, steuerlich greift allerdings kein Aktivierungsverbot.

Liegt bereits ein Gewerbebetrieb vor, gehören Veräußerungsgewinne ebenfalls zu den gewerblichen Einkünften. Unerheblich ist dabei, ob die Transaktion mittels Fiat- oder Kryptowährung abgewickelt werden, weil der Gesetzgeber mit § 6 Abs. 6 EStG bereits eine Regelung für den Fall des Tausches von Wirtschaftsgütern implementiert hat.

Umsatzsteuerliche Behandlung von Transaktionen im Metaverse

Für die umsatzsteuerliche Behandlung von Transaktionen im Metaverse sind grundsätzlich die allgemeinen Vorschriften des UStG anzuwenden.

Dabei ist jedoch zu beachten, dass das uns bekannte Steuerrecht spätestens dann an seine Grenzen stößt, wenn beispielsweise der Ort der Warenversendung durch die rein Blockchain-basierte Abwicklung eines Kaufgeschäfts nicht mehr bestimmbar ist.

Werden Wirtschaftsgüter geliefert, gelten hierfür die grundsätzlichen Bestimmungen in § 3 Abs. 6 UStG. Maßgebend ist also der Beginn des Transports, wobei mitunter ein innergemeinschaftlicher Fernverkauf i.S.d. § 3c UStG vorliegen kann.

Ist jedoch von einem Reihengeschäft nach § 3 Abs. 6a UStG auszugehen, ist für die Ortbestimmung § 3 Abs. 7 UStG maßgeblich.

Dienstleistungen unterliegen im Grundsatz dort der Umsatzbesteuerung, wo der leistende Unternehmer seinen Sitz hat (§ 3a Abs. 1 UStG). Im B2B-Bereich verlagert sich der Leistungsort zum Empfänger.

Zudem findet hier ggf. das Reverse-Charge-Verfahren Anwendung (§ 3a Abs. 2, § 13b Abs. 1 UStG). Eine auf elektronischem Wege an Privatpersonen erbrachte Dienstleistung unterliegt dort der Besteuerung, wo der private Endkunde seinen Sitz bzw. Wohnsitz hast (§ 3a Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 UStG).

Zu beachten ist, dass in allen Fällen zunächst eine Unternehmereigenschaft i.S.d. § 2 Abs. 1 UStG gegeben sein muss. Ist dies der Fall, kommt es über den Ort der Lieferung oder der sonstigen Leistung hinaus auf die Art der Zahlungsabwicklung an.

Mit Urteil vom 18.11.2021 (Az. V R 38/19) hat der BFH einen realen wirtschaftlichen Vorteil aus Transaktionen verneint, die vollständig innerhalb einer virtuellen Welt abgewickelt werden, und damit eine Unternehmereigenschaft. In diesen Fällen unterliegt allerdings der Umtausch der virtuellen in echte Währungen der Umsatzsteuer.

Fazit: Metaverse - Fluch oder Segen?

Das Metaversum ist eine faktisch unaufhaltbare Weiterentwicklung des Internets, die bereits heute Einfluss auf verschiedenste Lebensbereiche hat.

Wo es eine Schnittstelle zwischen Metaverse und der "echten Welt" gibt, greifen die bekannten Steuergesetze.

Je weiter sich die virtuelle jedoch von der echten Welt entfernt, Unternehmen etwa keine bestimmbare Ansässigkeit und Leistungen keinen bestimmbaren Empfänger mehr haben, desto mehr stößt das aktuelle Recht an seine natürlichen (oder virtuellen) Grenzen.

Nico Flegel, Dipl. Finanzwirt

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