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Ist der Ansatz der „zumutbaren Belastung“ bei Krankheitskosten verfassungswidrig? Der BFH hat das verneint. Demnach bestehen auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken für den Fall, dass Krankheitskosten aufgrund eines vereinbarten Selbstbehalts von der privaten Krankenversicherung nicht erstattet werden. Zudem bestätigte der BFH das Abzugsverbot für die Mehraufwendungen einer Diätverpflegung.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in seiner aktuellen Entscheidung vom 04.11.2021 (VI R 48/18) dazu Stellung genommen, ob die zumutbare Belastung bei Krankheitskosten verfassungsrechtlich zu beanstanden ist.
Die Kläger A und B wurden für das Streitjahr zur Einkommensteuer zusammen veranlagt und sind ebenso wie ihre Kinder privat krankenversichert. Eines der Kinder benötigt dauerhaft und ununterbrochen eine vollständig glutenfreie Ernährung.
Für A und die Kinder entstanden Krankheitskosten, die von der Krankenkasse nicht vollständig übernommen und von den Klägern in ihrer Einkommensteuererklärung als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht wurden.
Das Finanzamt brachte gem. § 33 Abs. 3 EStG die zumutbare Belastung zum Abzug, so dass sich die geltend gemachten Aufwendungen nicht steuermindernd auswirkten. Einspruch und Klage blieben erfolglos, der BFH folgte dem.
Krankheitskosten jeder Art erwachsen dem Steuerpflichtigen aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig und sind außergewöhnlich.
Damit stellen die Aufwendungen für Arztbesuche und Arzneimittel Krankheitskosten dar und sind daher grundsätzlich als außergewöhnliche Belastungen abziehbar, allerdings nur insoweit, wie sie den Betrag der ermittelten zumutbaren Belastung überschreiten.
Der Ansatz der zumutbaren Belastung bei Krankheitskosten, die wegen eines vereinbarten Selbstbehalts durch die private Krankenversicherung nicht erstattet werden, ist auch von Verfassungs wegen hinzunehmen.
Die Bemessung des einkommensteuerrechtlich maßgeblichen Existenzminimums richtet sich grundsätzlich nach dem im Sozialhilferecht niedergelegten Leistungsniveau. Hierzu gehören grundsätzlich auch die Aufwendungen des Steuerpflichtigen für die Kranken- und Pflegeversorgung.
Da auch Empfänger von Sozialleistungen die Aufwendungen für einen von ihnen vertraglich mit der Krankenkasse vereinbarten Selbstbehalt selbst zu tragen haben, gehören diese Aufwendungen indes nicht zum einkommensteuerrechtlichen Existenzminimum.
Ein Selbstbehalt mag allenfalls dann nicht mehr zumutbar sein, wenn dadurch in das verfassungsrechtlich gesicherte Existenzminimum eingegriffen werden sollte.
Solange allerdings der tatsächliche Umfang der von dem Steuerpflichtigen erbrachten Aufwendungen im Rahmen dieser Selbstbehalte der Höhe nach nicht geeignet ist, dieses Existenzminimum zu tangieren, hält der BFH eine Einschränkung der zumutbaren Belastung nicht für geboten.
Selbst wenn A Aufwendungen für medizinisch notwendige Leistungen getragen hat, die einem Sozialhilfeempfänger im Rahmen der Sozialhilfe kostenlos zur Verfügung gestellt worden wären, ändert dies für den BFH nichts. Denn insoweit beruhen die Kostentragung und die wirtschaftliche Belastung als Folge des Abzugs einer zumutbaren Belastung maßgeblich auf der Vereinbarung eines Selbstbehalts mit der Krankenkasse.
Dies gilt für den BFH auch für die ernährungsbedingten Krankheitskosten der Tochter. Denn solche Kosten sind nach dem klaren Wortlaut als außergewöhnliche Belastungen ausgeschlossen, was ebenfalls für den BFH verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist.
Praxishinweis: Der BFH hat mit dieser Entscheidung erneut festgestellt, dass der Ansatz der zumutbaren Belastung nach § 33 Abs. 3 EStG bei Krankheitskosten verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist. Dies gilt auch bei Krankheitskosten, die aufgrund eines vereinbarten Selbstbehalts von der privaten Krankenversicherung nicht erstattet werden. Dies gilt auch für das Abzugsverbot von Aufwendungen für Diätverpflegung nach § 33 Abs. 2 Satz 3 EStG.
BFH, Beschl. v. 04.11.2021 - VI R 48/18
Quelle: Axel Scholz, RA und StB, FA für Steuerrecht
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