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Wann ist die Steuerermäßigung für außerordentliche Einkünfte nach § 34 EStG („Fünftelregelung“) anwendbar? Was gilt bei mehreren Abfindungszahlungen des Arbeitgebers? Nach einem nun amtlich veröffentlichten BFH-Urteil kann eine einheitliche, in unterschiedlichen Veranlagungszeiträumen ausgezahlte Entschädigung vorliegen, wenn alle Teilleistungen auf das Ende des Arbeitsverhältnisses zurückgehen.
Mit Urteil vom 06.12.2021 (IX R 10/21) hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass auch mehrere Teilleistungen, die aufgrund der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses erfolgen, als einheitliche Entschädigung gelten können, wenn diese in unterschiedlichen Veranlagungszeiträumen ausgezahlt werden.
Dies gilt ebenfalls bei Entschädigungen, die dafür gezahlt werden, dass der Arbeitnehmer sein Arbeitsverhältnis bei einer Transfergesellschaft vorzeitig beendet, um ein anschließendes Arbeitsverhältnis bei einem neuen Arbeitgeber anzutreten. Die Entscheidung wurde nachträglich zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt.
Der Kläger schloss mit seinem Arbeitgeber im Rahmen von Umstrukturierungs- und Arbeitsplatzabbaumaßnahmen einen Aufhebungsvertrag sowie einen neuen Anstellungsvertrag bei einer Transfergesellschaft ab.
Im Zuge dieser Vereinbarungen wurde dem Kläger eine Abfindung zugesagt, welche nochmals zu erhöhen war, sollte der Kläger den neuen Arbeitsplatz nicht antreten oder das Arbeitsverhältnis vorzeitig durch die Transfergesellschaft beendet werden.
Eine weitere Abfindung stand dem Kläger zu, falls nach Beendigung des befristeten Arbeitsverhältnisses bei der ersten Transfergesellschaft ein weiteres befristetes Arbeitsverhältnis bei einer weiteren Transfergesellschaft nicht angetreten wurde.
Der Kläger beendete das Arbeitsverhältnis bei der ersten Transfergesellschaft vorzeitig. Er erhielt somit eine Abfindungszahlung sowie zwei weitere Zuschläge für die vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses sowie für den Nichteintritt des weiteren Arbeitsverhältnisses.
Das Finanzamt (FA) versteuerte sämtliche Beträge zum regulären Steuersatz. Der Einspruch des Klägers, mit dem er eine ermäßigte Besteuerung der Abfindungszahlungen gem. § 34 EStG begehrte, wurde vom FA zurückgewiesen. Auch das Finanzgericht sowie der BFH wiesen die Klage als unbegründet zurück.
Außerordentliche Einkünfte sind gem. § 34 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 2 EStG nach der sogenannten Fünftelregelung ermäßigt zu besteuern.
Unter außerordentlichen Einkünften sind i.S.d. § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG u.a. Entschädigungen zu verstehen, die als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen gewährt werden.
Zu diesen Entschädigungen zählen auch Abfindungszahlungen für die vorzeitige Beendigung eines Arbeitsverhältnisses, wenn diese in einem Veranlagungszeitraum geballt ausgezahlt werden.
Eine Ausnahme von dieser Regelung besteht nur, wenn in späteren Veranlagungszeiträumen aus Gründen der sozialen Fürsorge für eine gewisse Übergangszeit Entschädigungszusatzleistungen gewährt werden.
§ 34 Abs. 1 EStG ist ebenfalls anwendbar, wenn eine einheitliche Abfindung in einer ganz überwiegenden Hauptleistung in einem Betrag und daneben nur eine geringfügige Teilleistung in einem anderen Veranlagungszeitraum ausgezahlt wird.
Eine einheitliche Entschädigung liegt demnach nicht mehr vor, wenn Entschädigungszahlungen nicht auf einem einheitlichen Schadensereignis beruhen und in aufeinanderfolgenden Veranlagungszeiträumen ausgezahlt werden.
Nach diesen Grundsätzen geht der BFH davon aus, dass die vorliegenden Entschädigungszahlungen nicht ermäßigt zu besteuern sind.
Die Zahlungen hingen zwar von einem einheitlichen Schadensereignis ab, allerdings wurden sie nicht geballt in einem Veranlagungszeitraum ausgezahlt. Die vertraglich vereinbarten Entschädigungszahlungen waren untrennbar miteinander verbunden, aufeinander abgestimmt und nicht als isoliert zu betrachten.
Abweichend von der Auffassung des Klägers sind die Leistungen nicht jeweils einzeln ermäßigt zu besteuern, sondern gemeinsam zu betrachten. Da diese somit nicht geballt in einem Veranlagungszeitraum ausgezahlt wurden, liegen die Voraussetzungen für die ermäßigte Besteuerung nicht vor.
Die ermäßigte Besteuerung gem. § 34 Abs. 1 EStG bietet die Möglichkeit, den durch eine Auszahlung einer Abfindung erhöhten Steuersatz zu mindern. Sie kann jedoch nicht nur bei der Auszahlung von Abfindungen, sondern auch bei der Auszahlung von Überstunden, Urlaubstagen oder sonstigen Prämien angewandt werden.
Der BFH hat mit diesem Urteil seine Rechtsprechung zu einheitlichen Entschädigungsleistungen nochmals konkretisiert. Maßgeblich ist demnach, ob die Zahlungen auf einem einheitlichen Vertragswerk mit einer einheitlichen arbeitsrechtlichen und wirtschaftlichen Zielsetzung erfolgen.
BFH, Urt. v. 06.12.2021 - IX R 10/21
Christian Kappelmann, StB, M.A., Dipl.-Finw. (FH)
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