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Bei Selbstständigen führen Nachzahlungen in der Regel nicht zu begünstigten mehrjährigen Vergütungen, da Einnahmeschwankungen hier die Regel sind. Dies gilt aber nicht für bestimmte Sondersituationen.
Ein selbstständiger Arzt kann Honorarnachzahlungen von der kassenärztlichen Vereinigung als außerordentliche Einkünfte ansetzen. Zwar haben Freiberufler in der Regel oft zusammengeballte Einnahmen, die nicht zu einer Steuerbegünstigung führen. Doch ein Nachzahlungsbetrag gehört nicht zu den berufsüblichen Honoraren, die ein Arzt für eine mehrjährige Tätigkeit erhält. Hier überschreitet die eingetretene Zusammenballung den Rahmen typischerweise bei Gewinneinkünften eintretender Schwankungen von Einnahmen und Gewinnen bei weitem.
Ein Mediziner, der, Leistungen an Kassenpatienten erbringt, unterscheidet sich hinsichtlich seiner Betriebseinnahmen erheblich von anderen Freiberuflern wie etwa Rechtsanwälten. Denn es liegt nicht in den Händen des Arztes, wann oder in welcher Höhe er seine Leistungen abrechnet. Kommt es dann zu Nachzahlungen, handelt es sich um eine Sondersituation, die gemäß § 34 EStG durch die Fünftel-Regelung zu begünstigen ist.
Ein Diplom-Psychologe erhielt von der kassenärztlichen Vereinigung aus den Quartalsabrechnungen im Jahr rund 75.000 Euro Einnahmen und darüber hinaus eine Honorarnachzahlung von rund 115.000 Euro. Die resultierte aus einer rechtlichen Auseinandersetzung, die er sowie einer Vielzahl seiner Berufskollegen mit der kassenärztlichen Vereinigung geführt und gewonnen hatte.
Sind in dem zu versteuernden Einkommen außerordentliche Einkünfte enthalten, so ist nach § 34 EStG die auf alle im Veranlagungszeitraum bezogenen außerordentlichen Einkünfte entfallende Einkommensteuer nach der sog. Fünftelregelung zu berechnen. Hierunter fällt nach § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG auch die Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten.
Hierzu hat der BFH in ständiger Rechtsprechung die Rechtsauffassung vertreten, dass die Vorschrift bei Gewinneinkünften, zu denen auch die Einkünfte aus selbständiger Arbeit gehören, grundsätzlich unanwendbar ist. Nur ausnahmsweise komme bei den Einkünften aus selbstständiger Arbeit in bestimmten Fällen eine begünstigte Besteuerung nach § 34 EStG in Betracht. Eine Honorarnachzahlung ist grundsätzlich eine Vergütung für mehrjährige Tätigkeiten. Denn das Tatbestandsmerkmal mehrjährig ist bereits erfüllt, wenn die Tätigkeit in wenigstens zwei VZ ausgeübt wird.
Dies allein macht sie aber noch nicht außerordentlich. Denn bei einem Freiberufler ist es nicht ungewöhnlich, dass er für eine mehrjährige Tätigkeit entlohnt wird. Außerordentliche Einkünfte nach Sinn und Zweck des § 34 EStG stets einmalige, für die jeweilige Einkunftsart ungewöhnliche Einkünfte, die das zusammengeballte Ergebnis mehrerer Jahre darstellen. Die tarifliche Begünstigung soll Härten beseitigen oder mindern, die sich im Rahmen einer Periodenbesteuerung durch die Progressionswirkung ergeben. Die Annahme außerordentlicher Einkünfte setzt daher voraus, dass die zusammengeballte Entlohnung eine entsprechende Progressionswirkung typischerweise erwarten lässt.
Daran fehlt es regelmäßig, wenn ein Freiberufler ein berufsübliches Honorar für eine mehrjährige Tätigkeit erhält. Ein solches Honorar ist nicht den außerordentlichen, sondern den übrigen Einkünften zuzuordnen, weil der Freiberufler typischerweise der Höhe nach schwankende Einnahmen und damit auch Einkünfte erzielt, für die sich der nach der Vorschrift gewollte Tarifausgleich in anderer Weise vollzieht. Die im Einzelfall dennoch eintretende Progressionswirkung erlaubt noch keine Zuordnung der Einkünfte zu den außerordentlichen.
In seiner ständigen Rechtsprechung hat der BFH zwei Fallgruppen herausgebildet, bei denen er ausnahmsweise die begünstigende Anwendung des § 34 EStG auch bei mehrjährigen Tätigkeiten von Freiberuflern zulässt, nämlich wenn
Bei einer Honorarnachzahlung von der kassenärztlichen Vereinigung liegt keine dieser beiden Fallgruppen vor. Diese Ausnahmen sind aber nicht die einzigen Fälle, bei denen eine steuerliche Begünstigung für mehrjährige Tätigkeit von Freiberuflern in Betracht kommt. So hat der BFH jüngst entschieden, dass außerordentliche Einkünfte auch dann vorliegen, wenn eine einmalige Sonderzahlung für langjährige Dienste auf Grund einer arbeitnehmerähnlichen Stellung gezahlt wird (BFH 7.7.2004, XI R 44/03, BStBl II 2005, 276 und 27.5.2005, IV B 76/03).
Diese Sichtweise gilt auch für die nachgezahlten Honorare. Sie gehört nämlich nicht zu den berufsüblichen Honoraren, die ein Freiberufler für eine mehrjährige Tätigkeit erhält. Die eingetretene Zusammenballung überschreitet den Rahmen typischerweise bei Gewinneinkünften eintretender Schwankungen von Einnahmen und Gewinnen bei weitem. Der Arzt befindet sich, soweit er Leistungen an Kassenpatienten erbringt, hinsichtlich seiner Betriebseinnahmen in einer Lage, die sich von der anderer Freiberufler, z.B. der von Rechtsanwälten, erheblich unterscheidet. So liegt es nicht in seiner Hand, wann oder in welcher Höhe er seine Leistungen abrechnet. Bei ihm kommt es typischerweise nicht zu einer Zusammenballungen von Zahlungen, die fallen eher regelmäßig für einen abgegrenzten kurzen Zeitraum an. Hier ergeben sich Parallelen zum Lohn eines Arbeitnehmers.
Hinweis: Gegen das Urteil wurde Revision eingelegt, die beim BHF unter IV R 57/05 anhängig ist.
FG Niedersachsen, Urteil vom 31.08.2005 (2 K 306/03)
Quelle: FG Niedersachsen - Urteil vom 31.08.05
Erstellt von FG Niedersachsen
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