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Wann gilt der ermäßigte Steuersatz nach § 34 EStG bei der Vergütung von Überstunden? Der BFH hat klargestellt, dass die Tarifermäßigung auch bei variablen Lohnzahlungen wie Überstundenvergütungen angewendet wird. Bei einer nachgezahlten Vergütung ist ausschlaggebend, dass sie für eine Tätigkeit gezahlt wird, die sich über mehr als zwölf Monate und mindestens zwei Veranlagungszeiträume erstreckt.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in seiner aktuellen Entscheidung vom 02.12.2021 (VI R 23/19) dazu Stellung genommen, ob für Überstundenvergütungen der begünstigte Steuersatz des § 34 EStG angewendet werden kann.
A war als Arbeitnehmer nichtselbständig tätig. In drei Jahren hatte er rund 330 Überstunden geleistet. A vereinbarte mit seinem Arbeitgeber die Aufhebung des Arbeitsvertrags und regelte dabei u.a., dass der Arbeitgeber im Monat des Ausscheidens rückwirkend für die Vorjahre die 330 geleisteten und bislang nicht ausgezahlten Überstunden vergütet.
Mit dem Finanzamt entstand Streit darüber, ob für den Auszahlungsbetrag für die Überstunden der begünstigte Steuersatz anzuwenden ist. Das Finanzgericht gab der Klage des A statt. Der BFH folgte dem.
Eine Tätigkeit ist mehrjährig, soweit sie sich über mindestens zwei Veranlagungszeiträume erstreckt und einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten umfasst.
Allerdings reicht es nicht aus, dass der Arbeitslohn in einem anderen Veranlagungszeitraum als demjenigen zufließt, zu dem er wirtschaftlich gehört, und dort mit weiteren Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zusammentrifft.
Die Entlohnung muss vielmehr für sich betrachtet zweckbestimmtes Entgelt für eine mehrjährige Tätigkeit sein, die Vergütung folglich für einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten und veranlagungszeitraumübergreifend geleistet werden.
Darüber hinaus muss die Entlohnung für eine mehrjährige Tätigkeit aus wirtschaftlich vernünftigen Gründen in zusammengeballter Form erfolgen. Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit kann insbesondere auch eine Lohnnachzahlung für vorangegangene Veranlagungszeiträume sein.
Dabei steht der Umstand, dass sich die zugeflossene Vergütung aus mehreren Beträgen zusammensetzt, die jeweils einem bestimmten Einzeljahr zugerechnet werden können, der Annahme einer Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit nicht entgegen. Voraussetzung ist nur, dass der Zufluss insgesamt mehrere Jahre betrifft.
Die genannten Grundsätze gelten auch für den Fall der nachträglichen Auszahlung von Überstundenvergütungen, soweit die Vergütungen für einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten veranlagungszeitraumübergreifend geleistet werden.
Umfasst der Zeitraum, für welchen Überstunden veranlagungszeitraumübergreifend vergütet werden, mehr als zwölf Monate, so ist hierfür die Tarifermäßigung zu gewähren.
Der Arbeitgeber hat dem A Überstundenvergütungen für die drei Jahre in einem einzigen Betrag im Streitjahr ausbezahlt. Es handelt sich also um ein zweckbestimmtes Entgelt für eine mehrjährige Tätigkeit. Für die veranlagungszeitraumübergreifende Vergütung der Überstunden war daher die Tarifbegünstigung zu gewähren.
Schließlich liegen für den BFH auch wirtschaftlich vernünftige Gründe für eine Zusammenballung vor, denn die Abgeltung der Überstunden erfolgte aufgrund der Beendigung des Arbeitsverhältnisses.
Praxishinweis: Die Entscheidung des BFH bestätigt seine bisherigen Grundsätze: Werden Überstundenvergütungen für einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten veranlagungszeitraumübergreifend geleistet, so ist die Tarifermäßigung nach § 34 Abs. 2 Nr. 4, 2. Halbsatz EStG zu gewähren.
Die Regelung ist eindeutig, so dass sich hier die Frage stellt, warum die Finanzverwaltung den BFH überhaupt angerufen hat.
BFH, Urt. v. 02.12.2021 - VI R 23/19
Erstellt von Axel Scholz, RA und StB, FA für Steuerrecht
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