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Der BFH hat in einem aktuellen Urteil die Voraussetzungen für einen eigenen Hausstand in der elterlichen Wohnung von erwachsenen wirtschaftlich selbständigen Kindern benannt. Demnach können in solchen Fällen bei Vorliegen der Voraussetzungen einer Hauptwohnung auch etwaige Kosten einer doppelten Haushaltsführung steuerlich geltend gemacht werden. Die Grundsätze der BFH-Entscheidung sind aber vor dem Hintergrund der geänderten Gesetzeslage nur eingeschränkt auf aktuelle Zeiträume anwendbar.
Der BFH-Entscheidung liegt der Fall eines ledigen 52-jährigen Sohnes zugrunde, der im Jahre 2008 an seinem Hauptwohnsitz in L. zusammen mit seinem Vater in einem Reihenhaus lebte und dort lediglich ein 12 qm großes Zimmer zur alleinigen Nutzung zur Verfügung hatte. Der Sohn war mit Nebenwohnsitz in H. gemeldet und hatte dort eine 75 qm große 4-Zimmer-Wohnung. Das Finanzamt und das Finanzgericht verneinten das Vorliegen eines Hauptwohnsitzes in L., weil der Sohn dort keinen eigenen Hausstand, der seinen Lebensbedürfnissen entsprach, unterhielt. Denn der Sohn hatte im Haus des Vaters keine abgeschlossene Wohnung und war deshalb nach BFH-Ansicht in einem fremden Haushalt eingegliedert.
Grundsätze des BFH bei „Nesthocker-Fällen“
Der BFH unterscheidet bei diesen sog. „Nesthocker-Fällen“ zwischen jungen und älteren Kindern. Junge unverheiratete Arbeitnehmer, die nach Beendigung der Ausbildung weiterhin - wenn auch gegen Kostenbeteiligung - im elterlichen Haushalt ein Zimmer bewohnen, haben i.d.R. keinen Haushalt i.S.v. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 und Satz 2 EStG. Denn sie halten diesen Aufenthaltsort nur vor und bestimmen die Haushaltsführung nicht wesentlich mit. Der BFH sieht diese jüngeren „Nesthocker“ lediglich als Gäste in der Wohnung ihrer Eltern an. Ältere ledige Kinder (im vorliegenden Fall der 52-jährige Diplom-Ingenieur) sind hingegen, da sie meist berufstätig sind, regelmäßig wirtschaftlich von ihren Eltern unabhängig. Deshalb ist nach Ansicht des BFH bei älteren Kindern davon auszugehen, dass sie die Führung des Haushalts maßgeblich mitbestimmen. Ein solcher Haushalt kann ihnen deshalb auch als „eigener“ zugerechnet werden.
Ein weiteres Argument für die Annahme eines eigenen Haushalts ist nach Meinung des BFH die Verortung des Sohnes an seinem Heimatort, weil dort die engeren persönlichen Beziehungen bestehen (unter Verweis auf das Senatsurteil vom 16.01.2013). Die fehlende Abgeschlossenheit der Wohnung und die einfachen und beengten Lebensverhältnisse des Sohnes stehen allerdings nach Ansicht des BFH der Annahme eines eigenen Hausstands nicht entgegen. Denn schon das eine Zimmer ermögliche dem Sohn i.V.m. der übrigen Wohnung eine eigenständige Haushaltsführung (vgl. BFH-Urteil vom 15.12.2005).
Laut BFH bedarf es als Indiz für die besondere finanzielle Verantwortung hinsichtlich des eigenen Hausstands auch keiner gleichmäßigen finanziellen Beteiligung. Es genüge, wenn die Kostenaufteilung nach „außergewöhnlich“ bzw. „gewöhnlich“ oder nach „einmalig“ bzw. „laufend“ erfolge. In beiden Fällen liege jedenfalls eine entgeltliche Beteiligung vor. Die Entgeltlichkeit sei im Übrigen auch keine unerlässliche Voraussetzung für eine steuererhebliche doppelte Haushaltsführung. Schließlich könne man einen eigenen Haushalt auch dann unterhalten, wenn Dritte für die Haushaltskosten aufkommen.
Kritik an der Entscheidung des BFH
Mit dem letzten Argument der Unmaßgeblichkeit eigener finanzieller Beteiligung lehnt sich der BFH etwas zu weit aus dem Fenster - so sieht das jedenfalls auch der Gesetzgeber. Mittlerweile ist ein Nichtanwendungsgesetz zu dieser höchstrichterlichen Rechtsprechung in Kraft getreten (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG i.d.F. des Gesetzes zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts vom 20.02.2013). Der in seiner neuen Fassung erstmals ab 2014 anzuwendende § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 3 EStG fordert für den eigenen Hausstand „das Innehaben einer Wohnung sowie eine finanzielle Beteiligung an den Kosten der Lebensführung“. Ab 2014 muss somit die finanzielle Beteiligung junger sowie älterer „Nesthocker“ ausdrücklich nachgewiesen werden. Es reicht also nicht mehr eine entsprechende Vermutung aufgrund einer typisierenden Unterstellung. Bemerkenswerterweise ordnet der Gesetzgeber bezüglich dieser erstmals gesetzlich festgeschriebenen Zusatzvoraussetzung keine Rückwirkung an (z.B. bezogen auf Veranlagungszeiträume vor dem Jahr 2014). Hintergrund dieser Regelung ist möglicherweise, dass sich die o.g. Rechtsmeinung bereits derart verfestigt hatte und man sich den weitreichenden Folgen einer Rückwirkung nicht aussetzen wollte.
Praxishinweis
Bis einschließlich VZ 2013 ist die dargestellte BFH-Rechtsprechung noch anzuwenden. Der steuerliche Berater sollte aber trotzdem versuchen, in geeigneten Fällen die Veranlagung ab 2014 diesbezüglich offenzuhalten, denn der „kleinfamilientypische“ Haushalt der Eltern kann sich jederzeit zu einem Mehrgenerationenhaushalt wandeln. Diese gar nicht so neue Haushaltsform ist dann als wohngemeinschaftsähnlicher, gemeinsamer und mitbestimmter Haushalt des erwachsenen Kindes anzusehen. Auch die Ursachen für derartig gemischte Haushaltsformen bestehen vor dem Hintergrund von Krankheit oder Pflegebedürftigkeit einzelner Familienmitglieder schon seit langer Zeit. Zudem können auch Gründe der Kostenersparnis gerade in wirtschaftlich unsicheren Zeiten zu einem derartigen Großhaushalt führen. Deshalb ist es nicht ausgeschlossen, dass der Gesetzgeber oder die Rechtsprechung sich zukünftig in bestimmten Fällen über das heute gültige Gesetz hinwegsetzt und auch die Zwangsläufigkeit bzw. Außerordentlichkeit einer Situation sowie Billigkeitserwägungen (§ 163 AO) berücksichtigt werden.
BFH, Urt. v. 14.11.2013 - VI R 10/13
BFH, Urt. v. 28.03.2012 - VI R 87/10, BStBl 2012 II 800
BFH, Urt. v. 26.07.2012 - VI R 10/12, BStBl 2013 II 208
BFH, Urt. v. 16.01.2013 - VI R 46/12, BStBl 2013 II 627
BFH, Urt. v. 15.12.2005 - III R 27/05, BStBl 2006 II 561
Gesetz zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts v. 20.02.2013, BGBl 2013 I 285
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Quelle: Rechtsanwalt und Dipl.-Finanzwirt Horst Schirrmann
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Das Finanzamt und das Finanzgericht verneinten das Vorliegen eines Hauptwohnsitzes in L., weil der Sohn dort keinen eigenen Hausstand, der seinen Lebensbedürfnissen entsprach, unterhielt. Denn der Sohn hatte im Haus des Vaters keine abgeschlossene Wohnung und war deshalb nach BFH-Ansicht in einem fremden Haushalt eingegliedert. Grundsätze des BFH bei „Nesthocker-Fällen“ Der BFH unterscheidet bei diesen sog. „Nesthocker-Fällen“ zwischen jungen und älteren Kindern. Junge unverheiratete Arbeitnehmer, die nach Beendigung der Ausbildung weiterhin - wenn auch gegen Kostenbeteiligung - im elterlichen Haushalt ein Zimmer bewohnen, haben i.d.R. keinen Haushalt i.S.v. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 und Satz 2 EStG. Denn sie halten diesen Aufenthaltsort nur vor und bestimmen die Haushaltsführung nicht wesentlich mit. Der BFH sieht diese jüngeren „Nesthocker“ lediglich als Gäste in der Wohnung ihrer Eltern an. Ältere ledige Kinder (im vorliegenden Fall der 52-jährige Diplom-Ingenieur) sind hingegen, da sie meist berufstätig sind, regelmäßig wirtschaftlich von ihren Eltern unabhängig. Deshalb ist nach Ansicht des BFH bei älteren Kindern davon auszugehen, dass sie die Führung des Haushalts maßgeblich mitbestimmen. Ein solcher Haushalt kann ihnen deshalb auch als „eigener“ zugerechnet werden. Ein weiteres Argument für die Annahme eines eigenen Haushalts ist nach Meinung des BFH die Verortung des Sohnes an seinem Heimatort, weil dort die engeren persönlichen Beziehungen bestehen (unter Verweis auf das Senatsurteil vom 16.01.2013). Die fehlende Abgeschlossenheit der Wohnung und die einfachen und beengten Lebensverhältnisse des Sohnes stehen allerdings nach Ansicht des BFH der Annahme eines eigenen Hausstands nicht entgegen. Denn schon das eine Zimmer ermögliche dem Sohn i.V.m. der übrigen Wohnung eine eigenständige Haushaltsführung (vgl. BFH-Urteil vom 15.12.2005). Laut BFH bedarf es als Indiz für die besondere finanzielle Verantwortung hinsichtlich des eigenen Hausstands auch keiner gleichmäßigen finanziellen Beteiligung. Es genüge, wenn die Kostenaufteilung nach „außergewöhnlich“ bzw. „gewöhnlich“ oder nach „einmalig“ bzw. „laufend“ erfolge. In beiden Fällen liege jedenfalls eine entgeltliche Beteiligung vor. Die Entgeltlichkeit sei im Übrigen auch keine unerlässliche Voraussetzung für eine steuererhebliche doppelte Haushaltsführung. Schließlich könne man einen eigenen Haushalt auch dann unterhalten, wenn Dritte für die Haushaltskosten aufkommen. Kritik an der Entscheidung des BFH Mit dem letzten Argument der Unmaßgeblichkeit eigener finanzieller Beteiligung lehnt sich der BFH etwas zu weit aus dem Fenster - so sieht das jedenfalls auch der Gesetzgeber. Mittlerweile ist ein Nichtanwendungsgesetz zu dieser höchstrichterlichen Rechtsprechung in Kraft getreten (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG i.d.F. des Gesetzes zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts vom 20.02.2013). Der in seiner neuen Fassung erstmals ab 2014 anzuwendende § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 3 EStG fordert für den eigenen Hausstand „das Innehaben einer Wohnung sowie eine finanzielle Beteiligung an den Kosten der Lebensführung“. Ab 2014 muss somit die finanzielle Beteiligung junger sowie älterer „Nesthocker“ ausdrücklich nachgewiesen werden. Es reicht also nicht mehr eine entsprechende Vermutung aufgrund einer typisierenden Unterstellung. Bemerkenswerterweise ordnet der Gesetzgeber bezüglich dieser erstmals gesetzlich festgeschriebenen Zusatzvoraussetzung keine Rückwirkung an (z.B. bezogen auf Veranlagungszeiträume vor dem Jahr 2014). Hintergrund dieser Regelung ist möglicherweise, dass sich die o.g. Rechtsmeinung bereits derart verfestigt hatte und man sich den weitreichenden Folgen einer Rückwirkung nicht aussetzen wollte. Praxishinweis Bis einschließlich VZ 2013 ist die dargestellte BFH-Rechtsprechung noch anzuwenden. Der steuerliche Berater sollte aber trotzdem versuchen, in geeigneten Fällen die Veranlagung ab 2014 diesbezüglich offenzuhalten, denn der „kleinfamilientypische“ Haushalt der Eltern kann sich jederzeit zu einem Mehrgenerationenhaushalt wandeln. Diese gar nicht so neue Haushaltsform ist dann als wohngemeinschaftsähnlicher, gemeinsamer und mitbestimmter Haushalt des erwachsenen Kindes anzusehen. Auch die Ursachen für derartig gemischte Haushaltsformen bestehen vor dem Hintergrund von Krankheit oder Pflegebedürftigkeit einzelner Familienmitglieder schon seit langer Zeit. Zudem können auch Gründe der Kostenersparnis gerade in wirtschaftlich unsicheren Zeiten zu einem derartigen Großhaushalt führen. Deshalb ist es nicht ausgeschlossen, dass der Gesetzgeber oder die Rechtsprechung sich zukünftig in bestimmten Fällen über das heute gültige Gesetz hinwegsetzt und auch die Zwangsläufigkeit bzw. Außerordentlichkeit einer Situation sowie Billigkeitserwägungen (§ 163 AO) berücksichtigt werden. BFH, Urt. v. 14.11.2013 - VI R 10/13 BFH, Urt. v. 28.03.2012 - VI R 87/10, BStBl 2012 II 800 BFH, Urt. v. 26.07.2012 - VI R 10/12, BStBl 2013 II 208 BFH, Urt. v. 16.01.2013 - VI R 46/12, BStBl 2013 II 627 BFH, Urt. v. 15.12.2005 - III R 27/05, BStBl 2006 II 561 Gesetz zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts v. 20.02.2013, BGBl 2013 I 285 Quelle: Rechtsanwalt und Dipl.-Finanzwirt Horst Schirrmann Erstellt von Rechtsanwalt und Dipl.-Finanzwirt Horst Schirrmann Gratis-Download: Checkliste Einkommensteuer So stellen Sie Ihre hohe Qualität bei der ESt-Beratung sicher! Einkommensteuerberatung? 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