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Sind Kosten für eine doppelte Haushaltsführung auch dann absetzbar, wenn berufstätige Ehepartner gemeinsam mit ihren Kindern am Beschäftigungsort wohnen? Nach dem BFH gilt in solchen Fällen die Vermutung, dass sich der Lebensmittelpunkt an den Beschäftigungsort verlagert, auch wenn die frühere Familienwohnung beibehalten und noch genutzt wird. Diese Vermutung ist aber im Einzelfall widerlegbar.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit seinem Urteil vom 01.10.2019 (VIII R 29/16) entschieden, dass Ehegatten, die mit ihren Kindern am gemeinsamen Beschäftigungsort leben, grundsätzlich ihren Lebensmittelpunkt zum Beschäftigungsort verlegen, wenn die Umstände des Einzelfalls nicht auf etwas anderes hinweisen.
Ein ehemals im Krankenhaus tätiger Arzt erwarb im Jahr 1998 eine Arztpraxis und mietete aufgrund der räumlichen Entfernung zu seinem bisherigen Wohnsitz am Tätigkeitsort eine Wohnung an. Seine ebenfalls im Krankenhaus tätige Ehefrau begann ebenfalls, in der Arztpraxis zu arbeiten, und bezog mit den gemeinsamen Kindern und ihrem Ehegatten die Wohnung.
An dem ehemaligen Wohnort verfügte das Ehepaar jedoch weiterhin über ein Einfamilienhaus, das sie im Streitjahr regelmäßig aufgesucht haben.
Der Steuerpflichtige machte die Kosten für die Wohnung als Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung gem. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG in der Gewinnermittlung im Wege der Nutzungseinlage geltend. Zudem zog er sämtliche Kosten für seinen Pkw als Betriebsausgaben ab und versteuerte die private Nutzung gem. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG gewinnerhöhend als Entnahme.
Bei einer Betriebsprüfung wurde die doppelte Haushaltsführung nicht anerkannt. Die geltend gemachten Aufwendungen wurden korrigiert. Da die betriebliche Nutzung des Pkw ohne die Fahrten aufgrund der doppelten Haushaltsführung weniger als 50 % betrug, wurden die Aufwendungen für die Fahrzeuge aus der Gewinnermittlung gestrichen und die Kosten im Wege der Nutzungseinlage angesetzt.
Gegen die Änderungsbescheide aufgrund der Betriebsprüfung erhoben die Steuerpflichtigen Einspruch und Klage, welche jedoch beide erfolglos blieben. Auch die gegen das Urteil des Finanzgerichts (FG) eingelegte Revision lehnte der BFH ab.
Aufwendungen können gem. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 1 und 2 EStG abgezogen werden, wenn diese dem Steuerpflichtigen aufgrund einer beruflich bedingten doppelten Haushaltsführung entstanden sind. Der Steuerpflichtige muss dabei außerhalb seines Hauptwohnsitzes leben und tätig sein.
Dabei ist nach ständiger Rechtsprechung des BFH die Voraussetzung für eine doppelte Haushaltsführung, dass sich der Erstwohnsitz und der Zweitwohnsitz klar unterscheiden lassen müssen.
Ob der Lebensmittelpunkt nicht am Beschäftigungsort liegt, ist nach der Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Auch wenn Ehegatten gemeinsam eine Wohnung am Beschäftigungsort beziehen, bedeutet dies nicht automatisch, dass sich auch der Mittelpunkt der Lebensinteressen dorthin verlagert.
Allerdings geht der BFH davon aus, dass sich der Hauptwohnsitz „in der Regel“ an den Beschäftigungsort verlagert, wenn dort eine familiengerechte Wohnung mit der Ehegattin bezogen wird (z.B. BFH v. 04.05.2011 - VI B 152/10, BFH/NV 2011, 1347).
Ist dies bereits bei kinderlosen Ehegatten anzunehmen, so gilt diese Annahme erst recht, wenn eine angemessene Zweitwohnung mitsamt den Kindern bezogen wird. Zusätzlich sind jedoch die weiteren Umstände des Einzelfalls zu prüfen, ob der Lebensmittelpunkt tatsächlich verlegt wurde.
Dazu würdigten das FG und der BFH die Aufenthaltszeiten sowie die persönlichen Beziehungen des Klägers an seinem Hauptwohnsitz. Jedoch kamen beide letztendlich zu dem Schluss, dass der Hauptwohnsitz zum Beschäftigungsort verlegt wurde.
Der vom Kläger geltend gemacht Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 GG aufgrund der Benachteiligung einer Doppelverdienerehe wurde vom BFH genauso abgelehnt, wie der angebliche Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG aufgrund der Benachteiligung gegenüber einer kinderlosen Doppelverdienerehe.
Die Kosten für die doppelte Haushaltsführung wurden daher aus der Gewinnermittlung gestrichen. Da ohne die Fahrten aufgrund der doppelten Haushaltsführung die betriebliche Nutzung des Pkw auf unter 50 % sank, waren die Kosten für die Fahrzeuge aus der Gewinnermittlung vollständig zu streichen und stattdessen die Fahrtkosten für berufliche Fahrten im Wege der Nutzungseinlage geltend zu machen.
Der BFH stellt in seinem o.g. Urteil heraus, dass zwar bei Ehegatten, welche am Beschäftigungsort eine weitere Wohnung beziehen, die grundsätzliche Annahme, dass dorthin auch der Lebensmittelpunkt verlegt wird, gerechtfertigt ist, dies jedoch längst keinen Automatismus darstellt.
In diesen Fällen sollte stets geprüft werden, ob nach den Umständen des Einzelfalls nicht doch der bisherige Lebensmittelpunkt beibehalten worden ist und die Kosten für die doppelte Haushaltsführung geltend gemacht werden können. Als Indizien für die Beibehaltung des bisherigen Hauptwohnsitzes kann regelmäßig der Wohnsitz der Kinder, des Ehegatten, der weiteren Familie oder auch die Mitgliedschaft in Vereinen herangezogen werden.
BFH, Urt. v. 01.10.2019 - VIII R 29/16
Quelle: Christian Kappelmann, Steuerberater, Diplom-Finanzwirt (FH)
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