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Sind Erschließungskosten als Handwerkerleistungen abzugsfähig? Der BFH hat entschieden, dass die Erschließung einer öffentlichen Straße keine begünstigte Handwerkerleistung darstellt.
Diese Leistung steht nicht im räumlich-funktionalen Zusammenhang zum Haushalt des Steuerpflichtigen, weil der allgemeine Straßenbau nicht nur einzelnen Grundstückseigentümern, sondern allen Nutzern zugutekommt.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einer aktuellen Entscheidung vom 28.04.2020 (VI R 50/17) dazu Stellung genommen, ob die Kosten für die Erschließung einer öffentlichen Straße für den Steuerpflichtigen steuerlich relevante Handwerkerleistungen darstellen.
Die Eheleute A wohnen in ihrem Eigenheim im C-Weg, einer zunächst unbefestigten Sandstraße, die nach den Plänen der zuständigen Gemeinde B ausgebaut werden soll.
Mit einem „Vorausleistungsbescheid“ zog die Gemeinde die A für die Finanzierung des beitragsfähigen Erschließungsaufwands heran, nachdem die Gemeinde mit dem Straßenbau begonnen hatte und deswegen die Hälfte des voraussichtlichen Beitrags als Vorausleistung erhob.
Die Eheleute zahlten den Betrag und setzten den geschätzten darin enthaltenen Lohnkostenanteil als Steuerermäßigung gem. § 35a EStG an. Das Finanzamt berücksichtigte diesen Betrag nicht. Einspruch und Klage blieben erfolglos. Der BFH folgte dem Finanzgericht.
Handwerkerleistungen sind handwerkliche Tätigkeiten, unabhängig davon, ob es sich um regelmäßig vorzunehmende Renovierungsarbeiten oder um Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen handelt.
Begünstigt werden handwerkliche Tätigkeiten, welche von Mietern und Eigentümern für die zu eigenen Wohnzwecken genutzte Wohnung in Auftrag gegeben werden. Dabei ist nicht erforderlich, dass der Leistungserbringer in die Handwerksrolle eingetragen ist, so dass auch die öffentliche Hand steuerbegünstigte Handwerkerleistungen erbringen kann.
Auf welcher Rechtsgrundlage die öffentliche Hand die Kosten (z.B. Heranziehungsbescheid, öffentlich-rechtlicher Vertrag) erhebt, ist insoweit unerheblich wie der Umstand, ob diese Leistung „eigenhändig“ oder durch einen von ihr beauftragten bauausführenden Dritten erbracht wird.
Denn auch insoweit nimmt der Steuerpflichtige eine, wenn auch durch eine juristische Person vermittelte, Handwerkerleistung in Anspruch. Die Handwerkerleistung muss ferner „in“ einem Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht werden, wobei der Begriff „im Haushalt“ räumlich-funktional zu verstehen ist.
Deshalb werden die Grenzen des Haushalts nicht ausnahmslos unabhängig von den Eigentumsverhältnissen durch die Grundstücksgrenzen abgesteckt. Vielmehr kann auch die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen, die jenseits der Grundstücksgrenze auf fremdem, beispielsweise öffentlichem Grund erbracht werden, begünstigt sein.
Es muss sich dabei allerdings um Leistungen handeln, die in einem unmittelbaren räumlichen Zusammenhang zum Haushalt durchgeführt werden und dem Haushalt dienen. Hiervon ist insbesondere auszugehen, wenn der Haushalt des Steuerpflichtigen an das öffentliche Versorgungsnetz angeschlossen wird.
Der BFH ordnet die Arbeiten an der Straße im Gegensatz zu solchen an einer individuellen Grundstückszufahrt ab der Abzweigung von der eigentlichen Straße nicht als grundstücks- und damit nicht haushaltsbezogen ein.
Der BFH begründet dies mit einem Vergleich des Straßennetzes mit einer öffentlichen Wasserleitung: Bei der (Neu-)Verlegung einer öffentlichen Mischwasserleitung als Teil des öffentlichen Sammelnetzes wird zwischen den Kosten für den eigentlichen Grundstücksanschluss (= die Verbindung des öffentlichen Sammelnetzes mit der Grundstücksentwässerungsanlage, beginnend an der Abzweigstelle von der jeweiligen Sammelleitung und endend mit dem Grundstücksanschlussschacht an der Grundstücksgrenze des Anschlussgrundstücks) einerseits, sowie dem öffentlichen Wasserverteilungs- oder -sammelnetz andererseits unterschieden und Letzteres nicht mehr dem Haushalt i.S.d. § 35a Abs. 4 Satz 1 EStG zugeordnet.
Insoweit fehlt es an einem räumlich-funktionalen Zusammenhang der Leistung mit dem Haushalt des einzelnen Grundstückseigentümers, da die Zahlung für den Ausbau des allgemeinen Versorgungsnetzes erfolgt, welches im Unterschied zum Hausanschluss nicht nur einzelnen Grundstückseigentümern, sondern vielmehr allen Nutzern des Versorgungsnetzes zugutekommt.
Dem entspricht es nach Ansicht des BFH, den allgemeinen Straßenbau ebenfalls nicht mehr als eine im Haushalt des Steuerpflichtigen erbrachte Handwerkerleistung anzusehen. Denn auch Leistungen im allgemeinen Straßenbau kommen nicht nur einzelnen Grundstückseigentümern, sondern allen Nutzern zugute.
Dass der Straßenbau auch für den einzelnen Grundstückseigentümer „wirtschaftlich vorteilhaft“ ist, ist insoweit unerheblich. Die Abrechnung anhand der Grundstücksfläche und einem Nutzungsfaktor ändert an der fehlenden räumlich-funktionalen Beziehung zum Haushalt nichts.
Dies dient lediglich der Verteilung der nach Abzug des Gemeindeanteils verbleibenden Gesamtkosten auf die Beitragspflichtigen und führt insbesondere nicht dazu, dass der einzelne Anlieger für das vor seinem Grundstück verlaufende Straßenstück zahlt (hier die Eheleute A für den Straßenabschnitt im Bereich des C-Wegs).
Praxishinweis: Der BFH hat mit dieser Entscheidung seine Grundsätze zu den Handwerkerleistungen i.S.d. § 35 EStG weiter konkretisiert: Entscheidend für die Abzugsfähigkeit ist, wer den Nutzen aus der fraglichen Maßnahme hat: Kommt die fragliche Leistung nicht nur einzelnen Grundstückseigentümern, sondern allen Nutzern zugute, kommt ein Abzug nicht in Betracht. Das hat der BFH nun für Wasserleitungen und das Straßennetz entschieden. Dies dürfte aber ebenfalls für alle weiteren Versorgungsnetze gelten.
BFH, Urt. v. 28.04.2020 - VI R 50/17
RA und StB Axel Scholz, FA für Steuerrecht und FA für Handels- und Gesellschaftsrecht
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