Kindergeld: Einheitliche Ausbildung trotz Unterbrechung?

Wann besteht im Rahmen einer einheitlichen Erstausbildung Anspruch auf Kindergeld? Nach dem BFH müssen hierfür die einzelnen Ausbildungsabschnitte in einem engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang stehen. Dieser fehlt bei einem Bachelor- und Masterstudium im gleichen Fach, wenn das Kind zwischen den Studienabschnitten einen Freiwilligendienst absolviert, statt die Ausbildung fortzusetzen. 

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 12.10.2023 (III R 10/22) entschieden, dass der zur Annahme einer einheitlichen Ausbildung notwendige enge zeitliche Zusammenhang nur dann gegeben ist, wenn das Kind den nächsten Teil der mehraktigen Ausbildung zum nächstmöglichen Zeitpunkt aufnimmt. 

Ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen dem Ende eines Freiwilligendiensts und dem Beginn eines weiteren Ausbildungsabschnitts genügt dazu nicht. 

Sachlage im Streitfall

Der Kläger ist Vater einer Tochter, der für diese Kindergeld bezog. Die Tochter nahm nach dem Abschluss des Abiturs zunächst ein Studium auf. Nach zwischenzeitlichem Wechsel des Studienfachs schloss sie das Studium mit dem Bachelor of Science ab. 

Anschließend absolvierte die Tochter ein freiwilliges soziales Jahr im Ausland. Im Anschluss trat sie ein Masterstudium an. 

Über die Absicht der Tochter, das Masterstudium anzutreten, hatte der Kläger die Kindergeldkasse bereits nach dem Abschluss des Bachelorstudiums informiert. Die Tochter übte eine befristete Tätigkeit von 25 Wochenstunden während des Streitzeitraums aus. 

Die Kindergeldfestsetzung wurde nach dem Abschluss des freiwilligen sozialen Jahrs aufgehoben. Das Finanzgericht (FG) gab der gegen die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung erhobenen Klage statt. Die Revision der Familienkasse sah der BFH als begründet an und hob das Urteil des FG daher auf.

Einheitliche Ausbildung für die Gewährung des Kindergelds

Für ein Kind, welches das 18. Lebensjahr, aber noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat, besteht Anspruch auf Kindergeld, wenn es eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen kann. 

Nach dem Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums besteht der Anspruch nur, wenn das Kind keiner Erwerbstätigkeit nachgeht. Eine geringfügige Erwerbstätigkeit mit bis zu 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit, ein Ausbildungsdienstverhältnis oder ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis ist jedoch unschädlich.

Anwendung der Grundsätze auf den Streitfall

Nach Auffassung des BFH liegt im Streitfall durch Abschluss des Bachelorstudiums eine erstmalige Berufsausbildung vor. Das Masterstudium gehöre nicht mehr zur Erstausbildung, da die Tochter damit nicht zum nächstmöglichen Termin begonnen hatte. 

Bei mehreren Ausbildungsabschnitten kann eine einheitliche Erstausbildung vorliegen, wenn die einzelnen Ausbildungsabschnitte zeitlich und inhaltlich aufeinander abgestimmt sind. 

Die Ausbildung muss nach Erreichen des ersten Abschlusses fortgesetzt werden, wenn das vom Kind angestrebte Berufsziel erst über den weiterführenden Ausbildungsabschnitt erreicht werden kann. 

Ein enger zeitlicher Zusammenhang liegt dabei nur vor, wenn der folgende Ausbildungsabschnitt zum nächstmöglichen Zeitpunkt angetreten wird. Da die Tochter das Masterstudium nicht zum nächstmöglichen Zeitpunkt angetreten hatte, liegt kein einheitlicher Ausbildungsabschnitt vor. 

Praxishinweis: Die Unterbrechung von zwei Ausbildungsabschnitten ist für eine einheitliche Erstausbildung nur unschädlich, wenn die Ausbildungsabschnitte zwingend und nicht freiwillig unterbrochen werden. Der Antritt eines freiwilligen sozialen Jahrs oder eine zwischenzeitliche Vollzeittätigkeit ist für die Gewährung des Kindergelds daher schädlich. 

Zur Gewährleistung der Zahlung des Kindergelds sollten daher mehrere inhaltlich zusammenhängende Ausbildungsabschnitte stets unmittelbar nacheinander angetreten werden.

BFH, Urt. v. 12.10.2023 – III R 10/22

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