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Wann kann der Kinderfreibetrag übertragen werden? Der BFH hat für nichteheliche Lebensgemeinschaften eine Übertragung insoweit abgelehnt als davon auszugehen ist, dass beide Elternteile ihrer Unterhaltspflicht nachkommen.
Wenn betreuende Elternteile keinen oder nur einen geringen Beitrag zum gemeinsamen Haushaltseinkommen leisten, kann daraus nicht ohne weiteres etwas anderes gefolgert werden.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 15.12.2021 (III R 24/20) entschieden, dass eine Übertragung des Kinderfreibetrags auf einen Elternteil bei einer funktionierenden nichtehelichen Lebensgemeinschaft grundsätzlich nicht möglich ist, da davon auszugehen ist, dass beide Elternteile ihrer Verpflichtung zur Erbringung von Unterhaltsleistungen nachkommen.
Die Klägerin ist Mutter zweier Kinder und lebte mit dem Vater der Kinder in einer Haushaltsgemeinschaft zusammen.
Für die Kinder standen den Elternteilen grundsätzlich der Kinderfreibetrag sowie der Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf nach § 32 EStG zu.
Die Mutter erzielte in den Streitjahren Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit sowie aus Vermietung und Verpachtung, wohingegen der Vater lediglich negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielte.
Im Rahmen der Einkommensteuererklärung beantragte die Klägerin die Übertragung auch des dem Ehemann zustehenden Kinderfreibetrags.
Das Finanzamt lehnte die Übertragung des hälftigen Freibetrags auf die Klägerin mit der Begründung ab, dass der finanziell nicht leistungsfähige Ehegatte seiner Unterhaltspflicht auch durch Leistung des Betreuungsunterhalts nachkommen könne, und setzte nur den hälftigen Kinderfreibetrag an.
Hiergegen wandte sich die Klägerin vor dem Finanzgericht. Dieses lehnte die Klage als unbegründet ab. Der BFH wies die Revision der Klägerin ebenfalls als unbegründet zurück.
Nach § 32 Abs. 6 Satz 1 EStG wird bei der Veranlagung zur Einkommensteuer für jedes zu berücksichtigende Kind des Steuerpflichtigen ein Freibetrag für das sachliche Existenzminimum des Kindes (Kinderfreibetrag) sowie ein Freibetrag für den Betreuungs-, Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf vom Einkommen abgezogen.
Für nicht zusammen veranlagte Ehegatten werden die Freibeträge den Ehegatten grundsätzlich jeweils zur Hälfte zugerechnet und vom Einkommen abgezogen.
Sie können jedoch auf einen Ehegatten gem. § 32 Abs. 6 Satz 6 EStG übertragen werden, wenn dieser - nicht jedoch der andere Elternteil - seiner Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind für das Kalenderjahr im Wesentlichen nachkommt oder der andere Elternteil mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig ist.
Nach der Rechtsprechung des BFH bedeutet diese Unterhaltspflicht jedoch nicht nur die reine finanzielle Unterstützung zur Bestreitung des Unterhalts der Kinder.
Die Verpflichtung zur Leistung des Unterhalts kann auch durch die Pflege und Erziehung der Kinder erfüllt werden.
Im Streitfall sah der BFH die Voraussetzungen für die Übertragung des Kinderfreibetrags nicht als erfüllt an. Zwar sei der Kindsvater finanziell tatsächlich nicht leistungsfähig gewesen, er sei jedoch trotzdem seiner Unterhaltspflicht im Wesentlichen nachgekommen.
Eine fehlende Unterhaltspflicht mangels Leistungsfähigkeit gem. § 32 Abs. 6 Satz 6 zweite Alternative EStG kann jedoch nicht allein aus dem Beitrag zum Haushaltseinkommen abgeleitet werden.
Vielmehr kann die Unterhaltspflicht auch durch die Pflege und Erziehung der Kinder erfüllt sein. Daher ist nach der Auffassung des BFH die volle Übertragung der Kinderfreibeträge auf die Klägerin abzulehnen.
Praxishinweis: Die Voraussetzungen für die Übertragung des Kinderfreibetrags liegen im Gegensatz zum Streitfall i.d.R. vor, wenn ein Elternteil z.B. einer gerichtlichen Entscheidung oder einer bestehenden Unterhaltsvereinbarung nicht nachkommt.
Der alleinige Beitrag zum Haushaltseinkommen ist somit nicht für die Übertragung des Kinderfreibetrags maßgeblich. Daraus resultiert jedoch auch, dass Paare, die in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft leben und unterschiedlich gut verdienen, finanziell schlechter gestellt werden.
In ähnlichen Fällen wie im Streitfall wirkt sich die eine Hälfte des Kinderfreibetrags aufgrund des negativen Einkommens des Ehemannes steuerlich nicht aus.
BFH, Urt. v. 15.12.2021 - III R 24/20
Erstellt von Christian Kappelmann, StB, M.A., Dipl.-Finw. (FH)
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