Kindergeld für behinderte Kinder: Ermittlung der behinderungsbedingten Fahrtaufwendungen

  1. Werden im Rahmen der Prüfung der behinderungsbedingten Unfähigkeit zum Selbstunterhalt die behinderungsbedingten Mehraufwendungen nicht im Einzelnen nachgewiesen, sondern wird der Behinderten-Pauschbetrag gem. § 33b Abs. 1 bis 3 EStG angesetzt, können daneben nicht zusätzlich Aufwendungen angesetzt werden, die entweder bereits durch den Pauschbetrag für den Grundbedarf oder den Behinderten-Pauschbetrag abgegolten werden.
  2. Unter bestimmten Voraussetzungen können behinderungsbedingte Fahrtaufwendungen neben dem Behinderten-Pauschbetrag geltend gemacht werden, soweit sie nachgewiesen oder glaubhaft gemacht worden und angemessen sind.
  3. Die durch das Gesetz zur Erhöhung der Behinderten-Pauschbeträge und zur Anpassung weiterer steuerlicher Regelungen vom 09.12.2020 (BGBl I 2020, 2770) eingefügte Pauschalierungsregelung des § 33 Abs. 2a EStG ist erstmals für den Veranlagungszeitraum (VZ) 2021 anzuwenden.
  4. Aus A 19.4 Abs. 5 Satz 7 und dem Vorwort der Dienstanweisung zum Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz vom 17.09.2021 kann nicht abgeleitet werden, dass die Verwaltung sich selbst binden wollte, die Pauschalierungsregelung des § 33 Abs. 2a EStG bereits für die VZ 2017 bis 2020 als Schätzungsregelung anzuwenden.

BFH, Urt. v. 10.07.2024 - III R 2/23

Kurzfassung

Die Familienkasse hatte die Kindergeldfestsetzung für die Monate Juli bis November 2018 mit der Begründung aufgehoben, das behinderte Kind der Klägerin (GdB 80) sei durch den Erhalt einer Erwerbsminderungsrente imstande, sich selbst zu unterhalten. Im folgenden Einspruchsverfahren reichte die Klägerin eine Aufstellung der von ihrer Tochter durchgeführten Fahrten zu Ärzten und Selbsthilfegruppen ein. Daraus ergebe sich eine monatliche Kostenbelastung, durch die weiterhin ein zusätzlicher Versorgungsbedarf (der mit dem Kindergeld gedeckt werde) bestehe.

Während die Klägerin mit ihrem Einspruch keinen Erfolg hatte, hob das FG den Rückforderungsbescheid auf. Der allgemeine Lebensbedarf übersteige zusammen mit den Fahrtkosten die monatlichen Einnahmen der Tochter, so dass sie bereits rein rechnerisch nicht imstande sei, sich selbst zu unterhalten. Die Familienkasse ging in Revision.

Der BFH hat die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an die Vorinstanz zurückverwiesen. Das FG habe neben dem anteiligen Grundfreibetrag zu Unrecht eine Fahrtkostenpauschale berücksichtigt. Zu der Frage, in welchem Umfang tatsächlich Fahrten angefallen und ob diese darüber hinaus neben dem Grundfreibetrag sowie dem Behinderten-Pauschbetrag zu berücksichtigen seien, fehle es an den notwendigen Feststellungen. Werde der Behinderten-Pauschbetrag geltend gemacht und das Wahlrecht zwischen ihm und dem Ansatz der tatsächlichen Kosten dahingehend ausgeübt, sei der Ansatz der tatsächlichen behinderungsbedingten Kosten daneben nicht mehr zulässig (BFH, Urt. v. 12.12.2012 - VI R 101/10, BStBl II 2015, 651, unter II.2.b)aa) zu Besuchsfahrten zur Familie).

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