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Wann besteht ein Kindergeldanspruch? Der BFH hat eine einheitliche Erstausbildung von einer berufsbegleitenden Zweitausbildung abgegrenzt. Dabei kommt dem Berufsziel nur begrenzte Bedeutung zu. Es ist aber nicht ausgeschlossen, den ersten Ausbildungsabschnitt, auch wenn er eine abgeschlossene Qualifikation darstellt, mit weiteren Abschnitten zu einer einheitlichen Erstausbildung zusammenzufassen.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 07.04.2022 (III R 22/21) entschieden, dass für die Beurteilung einer einheitlichen Erstausbildung mit daneben ausgeübter Erwerbstätigkeit das Berufsziel des Kindes nur im Rahmen des engen sachlichen Zusammenhangs zwischen den Ausbildungsabschnitten zu würdigen ist.
Eine einheitliche Erstausbildung kann jedoch auch vorliegen, wenn der erste Ausbildungsabschnitt eine abgeschlossene Qualifikation darstellt.
Die Klägerin war die Mutter eines Kindes, dass nach abgeschlossener Schulausbildung ein duales Studium begann.
Nach dem dreijährigen Studium arbeitete das Kind zunächst Vollzeit, reduzierte jedoch seine Arbeitszeit anschließend auf 70 % und begann ein Studium der Rechtswissenschaften. Die Familienkasse gewährte der Klägerin bis zum Abschluss des dualen Studiums Kindergeld.
Ab September 2020 wurde die weitere Kindergeldgewährung jedoch abgelehnt, da das Kind bereits eine erste Berufsausbildung oder ein Erststudium abgeschlossen habe und zudem einer Erwerbstätigkeit nachgegangen sei. Der dagegen gerichtete Einspruch wurde mit entsprechender Einspruchsentscheidung zurückgewiesen.
Auch das Finanzgericht ging davon aus, dass bereits der Abschluss des dualen Studiums eine Erstausbildung darstelle und eine weitere Gewährung des Kindergelds aufgrund der schädlichen Erwerbstätigkeit ausgeschlossen sei.
Der BFH sah die Revision der Klägerin als unbegründet an und wies die Klage zurück.
Eltern können für das jeweilige Kind bis zum 25. Lebensjahr Kindergeld beziehen, wenn dieses für einen Beruf ausgebildet wird oder eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen kann.
Nach dem Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums wird ein Kind nur berücksichtigt, wenn es keiner Erwerbstätigkeit nachgeht, § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG.
Eine Erwerbstätigkeit mit bis zu 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit, ein Ausbildungsdienstverhältnis oder ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis i.S.d. § 8 und § 8a SGB IV ist hingegen unschädlich und somit nicht zu berücksichtigen, § 32 Abs. 4 Satz 3 EStG.
Nach der Rechtsprechung des BFH ist zwischen einer einheitlichen Erstausbildung mit daneben ausgeübter Erwerbstätigkeit und einer berufsbegleitend durchgeführten Weiterbildung abzugrenzen.
Um dies zu unterscheiden, ist anhand einer Gesamtwürdigung der Umstände zu prüfen, ob die Berufsausbildung oder die Arbeitstätigkeit letztendlich im Vordergrund steht:
Unter Anwendung dieser Grundsätze kommt der BFH zu dem Schluss, dass das Studium der Rechtswissenschaften keinen Teil einer einheitlichen Erstausbildung, sondern eine Zweitausbildung darstellte.
Zwar standen Erst- und Zweitausbildung in engem fachlichen Zusammenhang, in dem ausgeübten Beschäftigungsverhältnis war das Kind jedoch längerfristig angestellt. Zudem stand nach Auffassung des BFH aufgrund des zeitlichen Umfangs der Berufstätigkeit diese gegenüber der Ausbildung im Vordergrund.
Praxishinweis: Sollte das Kind nach der Erstausbildung eine weitere Berufstätigkeit antreten, welche in einem fachlichen Zusammenhang mit der zuerst angetretenen Berufsausbildung steht, ist es empfehlenswert zu dokumentieren, dass der weitere Ausbildungsabschnitt von vornherein beabsichtigt war.
Zudem sollte der zeitliche Umfang der Berufstätigkeit sowie des Studiums festgehalten werden, damit im Nachhinein nachgewiesen werden kann, dass die Ausbildung im Vordergrund stand.
BFH, Urt. v. 07.04.2022 - III R 22/21
Christian Kappelmann, StB, M.A., Dipl.-Finw. (FH)
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