BFH: Gewinne aus Fernsehshows können einkommensteuerpflichtig sein

Mit einem kürzlich veröffentlichten Urteil hat der BFH entschieden, dass der Sieger des TV-Sendeformats "Big Brother" mit dem dort erzielten Projektgewinn in Höhe von 1 Mio. € einkommensteuerpflichtig ist. Der Gewinner der fünften Staffel der Show muss die Gewinnsumme somit mit dem Fiskus teilen und soll nun 700.000 € Einkommensteuer an das Finanzamt zahlen.

Ob das Geld tatsächlich in die Staatskasse fließt, ist jedoch ungewiss. Denn da der Gewinn aus dem Jahr 2005 nun nicht mehr steuerfrei ist, sondern komplett versteuert werden muss, ist der Ex-Sieger finanziell ruiniert. Seinen Gewinn hat er zum Großteil bereits ausgegeben, und das verbliebene Geld reicht bei Weitem nicht aus, um die Steuerschulden zu bezahlen.

Das neue Urteil hat aber nicht nur für Fernsehformate Folgen, bei denen die Teilnehmer über eine gewisse Dauer so eingebunden sind, dass ein Spiel professionell und daher zu einem Arbeitsverhältnis wird. Das Urteil könnte auch weitreichende Folgen für das Eingreifen der Besteuerung als sonstige Einkünfte haben, die nachfolgend erläutert werden.

Im jetzt entschiedenen Fall schuldete der Kandidat dem Veranstalter seine Anwesenheit: Er musste sich filmen und belauschen lassen und an Wettbewerben mit anderen Kandidaten teilnehmen. Dieses aktive wie passive Verhalten sah der BFH auf der Basis des entgeltlichen Teilnahmevertrags als steuerpflichtige sonstige Leistung an und ordnete die Annahme des Gewinns der erwerbswirtschaftlichen und damit steuerrechtlich bedeutsamen Sphäre zu. Die Zufallskomponente der Publikumsvoten ist die konkrete Ausgestaltung der vertraglich eingeräumten Gewinnchance.

Es handelt sich dennoch nicht um Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, weil sich die Beziehung zwischen Teilnehmer und Veranstalter - trotz teilweisem Vorliegen entsprechender Elemente - nicht als ein typisches Arbeitsverhältnis i.S.d. Rechtsprechung des BFH darstellt. Es liegt nämlich keine geschuldete Arbeitskraft im Über-/Unterordnungsverhältnis vor, da der Veranstalter lediglich den Rahmen für die Teilnahme am Sendeformat vorgibt.

Das Verhalten der Teilnehmer erfüllt den Tatbestand der sonstigen Einnahmen und ist Gegenstand eines entgeltlichen Teilnahmevertrags. Aufführung und Preis stehen im Verhältnis von Leistung und Gegenleistung, und dies entspricht auch den im Teilnahmevertrag zum Ausdruck kommenden jeweiligen Interessen der Vertragspartner. Auf dieser Basis ist auch der notwendige Veranlassungszusammenhang zwischen dem Verhalten und der Auszahlung des Gewinns gegeben, und mit der Preisannahme ordnet der Teilnehmer den Gewinn seinem erwerbswirtschaftlichen, steuerlichen Bereich zu.

Hinweis: Die Gewinnchance ist im Verhältnis zu Glücksspielen wie Lotto oder Toto vergleichsweise hoch und erhöht sich als Folge der Teilnahmeregeln mit zunehmender Anwesenheitsdauer deutlich. Danach stellt sich die Zufallskomponente als Bestandteil des Teilnahmevertrags und konkrete Ausgestaltung der vertraglich eingeräumten Gewinnchance dar, und dies war von vornherein eingeplant. Im Projektgewinn hat sich lediglich die eingeräumte Gewinnchance realisiert.

Praxishinweis

Nach der Rechtsprechung ist es Voraussetzung für die Annahme von Erwerbseinnahmen, dass die Zuwendung einen wirtschaftlichen Bezug zur betrieblichen, beruflichen oder sonstigen Tätigkeit des Empfängers aufweist. Das ist hier der Fall. Denn unbeschadet ihres besonderen Rechtsgrundes (Auslobung) hat der ausbezahlte Gewinn wirtschaftlich den Charakter eines leistungsbezogenen Entgelts, und zwar hinsichtlich des nach dem Teilnahmevertrag zu erbringenden und auch erbrachten Verhaltens.

Nach dem EStG sind sonstige Einkünfte Einnahmen aus Leistungen, soweit sie nicht zu anderen Einkunftsarten oder steuerfreien Einkünften gehören. Eine sonstige Leistung ist jedes Tun, Dulden oder Unterlassen, das weder eine Veräußerung noch einen veräußerungsähnlichen Vorgang im Privatbereich betrifft, aber Gegenstand eines entgeltlichen Vertrags sein kann und eine Gegenleistung auslöst. Als sonstige Leistung kommt danach - abgesehen von Veräußerungs- oder veräußerungsähnlichen Vorgängen - jedes wie auch immer geartete aktive, passive oder nichtwirtschaftliche Verhalten des Steuerpflichtigen in Betracht. Dabei ist unerheblich,

  • ob das Verhalten Aufwand bedeutet,
  • mit welcher Qualität eine Leistung erbracht wird,
  • ob eine gute, schlechte oder gar keine Durchführung gegeben ist,
  • ob untypisches, natürliches oder alltägliches Verhalten vorliegt,
  • inwieweit mit Blick auf das Interesse des Leistungsempfängers eine bestimmte Verhaltensweise an den Tag gelegt wird,
  • wie dauerhaft und häufig die Leistungen erbracht werden,
  • ob nur ein gelegentliches, ein nur einmaliges Verhalten oder ein sich wiederholendes, regelmäßig erbrachtes oder auf eine gewisse Dauer oder Wiederholung angelegtes Tun, Dulden oder Unterlassen gegeben ist.

Einschränkung: Allerdings führt nicht jede Einnahme, die durch ein Verhalten ausgelöst wird, auch zu sonstigen Einkünften. Die Norm erfasst, wie auch der Wortlaut der Vorschrift erkennen lässt ("gelegentliche Vermittlungen", "Vermietung beweglicher Gegenstände"), ergänzend zu den übrigen Einkunftsarten das Ergebnis einer Erwerbstätigkeit oder Vermögensnutzung und setzt wie die allgemeinen Merkmale des Erzielens von Einkünften ein erwerbswirtschaftliches Verhalten voraus.

BFH, Urt. v. 24.04.2012 - IX R 6/10
BFH, Urt. v. 23.04.2009 - VI R 81/06
BFH, Urt. v. 02.09.2008 - X R 25/07, BStBl 2010 II 550
BFH, Urt. v. 26.10.2004 - IX R 53/02, BStBl 2005 II 167
BFH, Urt. v. 18.12.2001 - IX R 74/98

Dipl.-Finanzwirt Robert Kracht - vom 07.08.12

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