Immobilienverkauf: Steuerpflicht nach Erwerb von Erbanteilen?

Wann sind Gewinne aus Immobilienverkäufen steuerpflichtig? Der BFH hat entschieden, dass der entgeltliche Erwerb von Erbanteilen nicht zur anteiligen Anschaffung eines der Erbengemeinschaft gehörenden Grundstücks führt (entgegen BMF-Schreiben v. 14.03.2006, BStBl I 2006, 253, Rz 43). Der BFH lehnte daher für den späteren Verkauf ein steuerpflichtiges privates Veräußerungsgeschäft nach § 23 EStG ab.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 26.09.2023 (IX R 13/22) entschieden, dass ein privates Veräußerungsgeschäft i.S.d. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG nicht durch die Veräußerung eines Erbanteils ausgelöst wird. 

Wird ein Erbanteil, zu dem ein Grundstück gehört, von den Miterben erworben, stellt dies keinen für ein privates Veräußerungsgeschäft i.S.d. § 23 EStG maßgeblichen Anschaffungsvorgang dar.

Sachlage im Streitfall

Der Kläger ist Erbe mit einem Erbanteil von 52 %. Nach der Ausübung seines gesetzlichen Vorkaufsrechts übernahm er die Erbanteile von den anderen Erben. Dies führte zur Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft. 

Den im Nachlass enthaltenen Grundbesitz veräußerte der Kläger. Das Finanzamt (FA) setzte für die zu den Erbanteilen der Miterben gehörenden Grundstücksteile einen steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn fest, da insoweit eine anteilige entgeltliche Anschaffung des Grundbesitzes vorliege. 

Da zwischen dem Erwerb der Erbanteile und dem Verkauf des Grundbesitzes nicht mehr als zehn Jahre gelegen hätten, lägen sonstige Einkünfte aufgrund eines privaten Veräußerungsgeschäfts vor. 

Insoweit änderte das FA den Einkommensteuerbescheid. Die gegen den Änderungsbescheid erhobene Klage blieb ohne Erfolg. Die Revision sah der BFH jedoch als begründet an und hob das Urteil des Finanzgerichts daher auf.

Steuerpflichtiges Veräußerungsgeschäft i.S.d. § 23 EStG

Zu den sonstigen Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften gehören auch Gewinne aus Veräußerungsgeschäften von Grundstücken und anderen Rechten, wie z.B. Erbbaurechte, Mineralgewinnungsrechte etc., bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als zehn Jahre beträgt. 

Unter Anschaffung bzw. Veräußerung ist die entgeltliche Übertragung eines Wirtschaftsguts auf einen Dritten zu verstehen. Zu den Anschaffungskosten gehören u.a. die Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben.

Nach dem Sinn und Zweck des § 23 EStG sollen innerhalb der Veräußerungsfrist realisierte Wertänderungen eines bestimmten Wirtschaftsguts im Privatvermögen des Steuerpflichtigen der Einkommensteuer unterworfen werden. 

Die Identität zwischen dem angeschafften und dem in der Haltefrist veräußerten Wirtschaftsgut muss dafür beibehalten werden. Wirtschaftliche Teilidentität ist grundsätzlich ausreichend und begründet ein privates Veräußerungsgeschäft ausschließlich für diesen Teil des betreffenden Wirtschaftsguts.

Anwendung der Grundsätze auf den Streitfall

Der entgeltliche Erwerb eines Anteils an einer gesamthänderischen Beteiligung führt demnach nicht zur Anschaffung von Wirtschaftsgütern des Gesamthandvermögens. Dies gilt auch dann, wenn sich in dem erworbenen Gesamthandvermögen Grundstücke befinden. 

Der Erwerb einer gesamthänderischen Beteiligung vermittelt kein Verfügungsrecht über den einzelnen Gegenstand und kann daher dem Erwerb eines Grundstücks nicht gleichgestellt werden. 

Da somit auch für die in den erworbenen Erbanteilen enthaltenen Grundstücksteile keine neue Anschaffung vorliegt, wird für diese auch nicht die Zehnjahresfrist mit dem Erwerb der Erbanteile neu ausgelöst.

Praxishinweis: Die fehlende Identität zwischen einem Erbanteil und einem in diesem Erbanteil enthaltenen Grundstück kann zur steuerlichen Gestaltung genutzt werden. So kann es sein, dass die Veräußerung eines Erbanteils kein steuerpflichtiges Veräußerungsgeschäft darstellt, die ausschließliche Veräußerung des Grundstücks aber schon. 

Es kann sich daher anbieten, statt einem Alleinerben noch einen weiteren Erben zu einem geringen Anteil zu beteiligen, um eine Erbengemeinschaft zu begründen. Unklar ist jedoch, inwiefern die vorgenannte Gestaltung auch auf Anteile an Kapitalgesellschaften i.S.d. § 17 EStG Anwendung finden kann.

BFH, Urt. v. 26.09.2023 - IX R 13/22

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